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Almas Baby

Almas Baby

Titel: Almas Baby
Autoren: Christina Fuessmann
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WLAN-Tags erprobt wurde, weil Mini-Sender, wie sie in vielen Krankenhäusern inzwischen schon gebräuchlich sind, zu oft überwunden werden.
    Wenn Entführungen gut ausgehen, werden sie im Computer gespeichert und ad acta gelegt. Fälle, die niemanden mehr berühren. Abgesehen von jenen direkt betroffenen Personen, als die Akten noch keine Makulatur waren. Wer mal so intensiv um sein Kind bangen musste - und sei es auch nur für Stunden - wird das wohl nie mehr vergessen. Zeit ist eine Abfolge von Augenblicken, und jeder einzelne davon scheint in einer solchen Situation niemals zu vergehen.
    Nun das hier. Eine neue Situation. Der Fall auf Karl Hammers Schreibtisch. Selbst für den alten Routinier viel mehr als bloße Statistik. Eine Aufgabe, die es zu lösen gilt. Von deren Erfolg das Glück einer Familie abhängt. Vielleicht sogar ihr Bestand. Seine lange Berufserfahrung hat Hammer-Charly gelehrt: Manche Beziehungen zerbrechen an Belastungen wie diesen. Ja sogar manche Menschen. Die Struktur des Eltern-Kind-Verhältnisses ist zwar erstaunlich strapazierfähig, aber nur so lange ein innerer Zusammenhalt besteht. Sobald ein Eingriff von außen erfolgt, wird sie zerbrechlicher als Glas. Hammer-Charly hat das in seiner Laufbahn häufig erfahren - beispielsweise nach Fällen von Kindesmissbrauch. Ja sogar, wenn ein Kind seinen Eltern durch einen tödlichen Unfall entrissen wird.
    In solchen Momenten glaubt der Hauptkommissar, dass kinderlose Paare eigentlich glücklicher sein müssten - auch wenn viele das ganz anders sehen. Aber so etwas muss jeder mit sich allein abmachen. Charlys Kopfschmerzen sind heftiger geworden. Er presst die vier Fingerkuppen seiner beiden Hände gegen die Stirn und massiert mit den Daumen seine Schläfen. Dabei starrt er auf Volker Lauers Aufstellung, als könne sie ihm tatsächlich weiter helfen. Immerhin schien auffällig, dass praktisch alle Entführerinnen zuvor Fehlgeburten erlitten oder ihre eigenen Kinder auf andere Weise verloren hatten. Alle Entführungen wurden von Frauen begangen und fast alle hatten ihren Partnern eine Schwangerschaft vorgespiegelt. In keinem Fall gab es eine Lösegeldforderung. Es ging immer nur um die Kinder.
    Und so konnte es schließlich auch hier sein. Es gab jedenfalls vorerst keinen Grund, etwas anderes anzunehmen. Sie suchten eine Frau, die ihr eigenes Baby verloren oder selbst nie eins gehabt hatte und diesen Mangel jetzt schlicht durch die kleine Friederike Storm auszugleichen versuchte. Und wie findet man eine solche Frau? Darüber war nichts in Volker Lauers Aufstellung zu lesen. Sicher war nur: wohl kaum über eine Zeitungsanzeige. Natürlich konnte er sämtliche Akten anfordern und würde es im Endeffekt wohl auch tun müssen. Aber es dürfte Tage dauern - wenn nicht gar Wochen - bis sie das alles gesichtet hätten. Und ob dabei im Endeffekt etwas heraus käme, schien ihm höchst zweifelhaft. Das, nachdem er suchte, war gerade mal 36 Stunden auf der Welt, als eine angebliche Lernschwester Marion es seiner Mutter wegnahm und damit einer Familie unsägliches Leid zufügte.
    Hammer-Charly musste irgendetwas tun. Passiv herum zu sitzen und zu grübeln ist nicht sein Ding. Er wuchtete seine massige Statur aus dem Schreibtischsessel, griff nach seinem Jackett und polterte: „Los, Lauer. Auf geht’s. Irgendwo müssen wir ja anfangen. Warum also nicht bei dem Beamtenarsch. Kann ja sein, dass seine Frau ihm die kleine Friederike unterschieben wollte.“
    „Selber Beamtenarsch“, brummelte Volker Lauer, während er hinter seinem Chef aus dem Büro stürmte.
    „Weiß ich doch,“ lacht Charly gegen seine Ängste an. „Nur darum darf ich das ja auch sagen.“

    Kapitel 3
    Einen Tag vor der Landtagswahl in NRW. An diesem 21. Mai schien im ansonsten eher durchwachsenen Sommer 2005 sogar die Sonne, als der damalige FDP-Chef Guido Westerwelle um 14 Uhr in Dortmund nach sechsjähriger Pause wieder ein Saarlandstraßenfest eröffnete. Einige seiner Parteifreunde hatten es organisiert, um für das von ihnen propagierte „neue Dortmund“ mit neuen Jobs zu werben.
    Neue Jobs hat es bis heute ebenso wenig gebracht wie damals einen nennenswerten Stimmenanteil für die sogenannte Spaßpartei, deren einstiger Chef heute - etliche Jahre später - als Bundesaußenminister einer schwarz-gelben Koalition durch die Welt tourt. Eine Tatsache, für die die Dortmunder Volksbelustigung von 2005 allerdings ohne jede Bedeutung war.
    Anders für Alma: Das ist es, dachte sie. Genau
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