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Alma Mater

Alma Mater

Titel: Alma Mater
Autoren: Rita Mae Brown
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weit.«
     
»Wenn wir Glück haben.« R. J. setzte sich, nahm ein Ruder in jede Hand. »Machen wir ’ne Spritztour?«
     
»Klar.« Bunny ließ sich anmutig ins Boot fallen, drehte sich um und machte es los.
     
Am Wasser aufgewachsen, waren die zwei Frauen in ihrem Element. Sie handhabten jedes Boot mit einer Leichtigkeit, um die die Leute, die erst später im Leben dazu kamen, sie beneideten. Beide konnten den Fluß lesen, die Strömungen, die Temperatur, das rasche Bilden einer Sandbank, die in einem heftigen Sturm weggewaschen werden konnte. Sie kannten sich einfach aus.
     
R. J. groß und stark wie ihre älteste Tochter, ruderte mit vier kräftigen Schlägen hinaus ins tiefere Wasser. Dann wendete sie das Boot flußabwärts, so daß sie sich eine Weile treiben lassen konnten. Bunny blickte durch ihr Glas auf die Uferlinie. »Blaureiher. Stockente. Eine Menge Stockenten dieses Jahr, und das da ist ein Erpel mit gelb-grünem Schnabel.« Ohne den Feldstecher sinken zu lassen, fragte sie: »Und was wollt ihr jetzt machen?«
     
»Dasselbe wie immer. Ohne auskommen.«
     
»Meinst du, ihr müßt Land verkaufen?«
     
»Das lasse ich nicht zu. Dieses Anwesen existiert seit 1642, es hat die Kriege der Indianer und der Weißen überdauert und einfach jeden Schlamassel, den man sich denken kann, und ich erlaube es nicht, daß Frank es verkauft.«
     
Bunny ließ den Feldstecher vorsichtig auf die Brust sinken. »Muß vor Zeiten imposant gewesen sein, viertausend Morgen.«
     
»Ist es heute noch.«
     
»Ja, stimmt. Ihr habt immer noch fast zweitausend Morgen, aber ich weiß nicht, was du tun willst, um sie zu behalten.«
     
»Ich kann Frank vom Vertrag zurücktreten lassen. Als wir geheiratet haben, lagen die Dinge anders. Ich war bewegliches Eigentum.« Sie lächelte wehmütig. »Was meins war, wurde seins. Das müssen wir ändern.«
     
Bunny blinzelte. »Würde er das tun? Zurücktreten?«
     
»Vielleicht, aber es wird ein schlimmer Schlag für ihn sein.«
     
»Und selbst wenn er es tut, kannst du den Betrieb am Laufen halten? Es hat sich viel verändert, Schätzchen. Mit Landwirtschaft oder Fischfang kannst du keinen lausigen Cent mehr verdienen.«
     
»Nein, aber ich habe mehr als anderthalb Kilometer Uferlinie, und wenn es sein muß, kann ich einen Teil davon vernünftig erschließen.«
     
Bunny hob die Stimme: »R. J.!«
     
»Zeig mir einen anderen Weg.«
     
»Wenn Vic Charly heiratet, bringt das der Familie einen dicken Batzen Geld. Und ich prophezeie, sie wird ihn gleich nach dem Examen heiraten«, sagte Bunny.
     
»Wir wissen nicht, wie viel seine Familie ihm aussetzen wird. Manche Familien schicken ihre Kinder arbeiten. Und ich halte das für keine schlechte Idee – nein, wirklich nicht.«
     
»Sie ermöglichen ihnen wenigstens einen Start. Für einen Harrison gehört es sich nicht, arm zu sein.«
     
»Bunny, es gehört sich für niemanden, arm zu sein.«
     
»Wohl wahr.« Bunny streckte die schönen langen Beine aus.
     
»Und wenn Vic und Charly nicht hier leben wollen?«, fuhr R. J. fort. »Vielleicht hält sie ja nichts in Surry County. Ich kann mir gut vorstellen, daß sie nach Richmond ziehen. Sogar nach Washington! Charly muß sich einen Job suchen.«
     
»Vic würde umkommen vor Langeweile. Sie hält sich am liebsten im Freien auf.«
     
R. J. lachte. »Vic ist am glücklichsten, wenn sie den Traktor fährt oder Zäune aufstellt.«
     
»Mode bedeutet für sie ein rotes Tuch um den Hals, Latzhosen und Hemd. Oder Latzhosen ohne Hemd.« Bunny fand Vics Aufzug höchst undamenhaft.
     
»Sie hat diesen Sommer schwer bei Don geschuftet und dann noch morgens und abends auf der Farm. Sie ist nicht arbeitsscheu. Charly auch nicht. Sie werden was aus sich machen, die zwei«, sagte R. J.
     
»Sie wird als Gattin eines wichtigen Mannes enden. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie Schindeln auf ein Dach knallt.«
     
»Er scheint in die Richtung zu streben, was? Hin zu Macht und Rang. Liegt im Blut, nehm ich an. Aber sie sind jung. Da kann sich noch was ändern. Vielleicht wird er ja mal ein reicher Steueranwalt.«
     
»So was Langweiliges.«
     
»Oh, er ist nicht langweilig, Schätzchen.«
     
»Er wird langweilig werden.« Bunnys Stimme hatte einen bissigen Unterton.
     
»Man kann nicht jeden Tag ein loderndes Feuer sein.«
     
»Ich wär mit ein Mal die Woche zufrieden.« Bunny seufzte. »Alles, woran Don denkt, ist das Geschäft. Herrgott im Himmel.« Sie ließ ihre Hand im Wasser
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