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Alma Mater

Alma Mater

Titel: Alma Mater
Autoren: Rita Mae Brown
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katholischen Kirche St. Bede, blieben stehen, um die große Marienstatue inmitten der tadellos gepflegten Anlage zu bewundern. Der Pastor wohnte gegenüber in einem schmucken weißen Haus, von wo er St. Bede und Maria im Blick hatte.
     
»Sie guckt immer so friedlich«, bemerkte Jinx. »Männliche Heilige gucken nie so friedlich wie die Muttergottes.«
     
»Weil sie gegen ihr Testosteron ankämpfen.«
     
»Wenn Raphael heute lebte, würde er dich als Madonna malen.« Charly küßte Vic auf die Wange.
     
Jinx zog eine Grimasse. »Ich muß gleich kotzen.«
     
»Zynikerin«, sagte Charly.
     
»Ich werde Patin von Vics Kindern. Sie brauchen eine Zynikerin in ihrem Leben. Wahrscheinlich guckt die heilige Muttergottes deswegen so friedlich. Weil die Kinder aus dem Haus sind.«
     
»Laß das bloß nicht deine Mutter hören…«
     
»Sie kriegt’s nicht zu hören, wenn du’s ihr nicht erzählst.« Jinx kniff Vic in den Arm. »Übrigens, was machst du am Wochenende?«
     
Vic atmete tief aus. Sie hatte Charly noch nicht gesagt, daß sie nach Hause mußte. Er paßte ihm gar nicht, wenn sie ein Footballspiel versäumte. Er seinerseits besuchte ihre sämtlichen Lacrosse-Spiele. Vic und Jinx hielten jedes Frühjahr das Lacrosse-Team zusammen.
     
»Ich bin zu Hause.«
     
Charly machte ein langes Gesicht.
     
»Dad hat unser ganzes Geld verspekuliert. Wieder mal.« Sie sah zuerst nacheinander die beiden und dann die heitere Madonna an. »Mutter ist gestern vorbeigekommen. Sie hat kein großes Trara gemacht, aber ihr wißt ja, wie das ist. Als es ihm das letzte Mal passiert ist, war ich in der siebten Klasse. Es war die Hölle.«
     
»Kannst du die Studiengebühren bezahlen?« Charly legte seine große Hand auf ihre Schulter und drückte sie leicht.
     
»Hab ich schon. Das hat das meiste von dem Geld verschlungen, das ich diesen Sommer bei Onkel Don verdient habe.« Sie atmete wieder aus, diesmal lauter. »Ich hab genug für meine Bücher, aber ich glaube, ich muß mir einen Job suchen. Lacrosse kann ich vergessen.«
     
»Sag das nicht«, bat Jinx mit einem dringlichen Ton in der Stimme. »Es ist noch viel Zeit bis zum Trainingsbeginn. Wir lassen uns was einfallen.«
     
»Hey, das ist keine Beerdigung. Wenn ich nicht Lacrosse spielen kann, dann eben nicht. Ich kann Mom und Mignon nicht im Stich lassen.«
     
»Es muß eine andere Möglichkeit geben«, sagte Jinx.
     
»Mit Dope dealen?«, schlug Vic vor und zog die Augenbrauen hoch.
     
»Mmm, keine gute Idee.«
     
»Charly, du bist zu anständig.« Jinx betrachtete das unbeteiligte, selige Gesicht der Madonna. »Ich glaube, in einer gestreiften Kluft würde sie scharf aussehen.«
     
»Gefangene tragen heute Orange«, klärte Vic sie auf.
     
»Orange, hell und fröhlich.« Jinx überlegte einen Moment. »Vielleicht braucht jemand eine Mitarbeiterin, ein Professor, der seine wissenschaftliche Hilfskraft verloren hat.«
     
»Ja, aber ich bin kein höheres Semester.«
     
»Man könnte ’ne Ausnahme machen«, meinte Jinx hoffnungsvoll.
     
»Uns wird schon was einfallen«, beruhigte Charly sie.
     
Sie kehrten um. Charly gab Vic noch einen Kuß und machte sich dann auf den Weg zu seiner Vorlesung.
     
Vic und Jinx gingen in Vics Apartment, das gleich um die Ecke von Jinx’ Unterkunft lag. Die zwei Freundinnen konnten nie weit voneinander entfernt sein, aber sie konnten nicht zusammen wohnen. Sie hatten schon früh herausgefunden, daß sie dann nie etwas getan kriegten.
     
»Herrje, hier ist ja nichts drin.« Jinx sah sich im Apartment ihrer Freundin um.
     
»Ein Bett, ein Küchentisch, vier Stühle und unzählige Bücher. Mehr brauch ich nicht.«
     
»Vic, das ist deprimierend.«
     
»Das Wohnzimmer ist sehr geräumig. Ich finde es nicht deprimierend. Ich finde es spartanisch-elegant.«
     
»Kein Geld.«
     
»Hm, ja. Ich bin jetzt richtig froh, daß ich nichts gekauft habe. Ich meine, nach Mutters Besuch. Ich hab ein kleines bißchen in Reserve.«
     
»Aber auf Kirchenbasaren und in Gebrauchtmöbelläden finden wir bestimmt was. Nicht hier. Über den James rüber nach Surrey County. Alles was das Heim begehrt. Da drüben treiben wir ganz sicher was auf. Und dann hätten wir ja noch meine Mutter, die Fürstin der Boulevardpresse. Ich kann ihr ein paar Sachen abluchsen.«
     
»Hab ich dir schon mal gesagt, daß du meine beste Freundin bist?«
     
»Nicht oft genug.« Jinx setzte sich auf die Fensterbank im Wohnzimmer und sah aus dem weit geöffneten Fenster.
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