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Alma Mater

Alma Mater

Titel: Alma Mater
Autoren: Rita Mae Brown
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Segelbootes.
     
»Er würde schnurstracks in die Stadt gehen und sich einen Cheeseburger holen. Ah, geschafft.« R. J. entfernte die alte Rudergabel.
     
»Nordie ist über einen Ersatzreifen raus. Das ist bereits ein Traktorreifen. Kannst du dir Sex mit einem Mann mit Schmerbauch vorstellen? Das wäre ein Triumph der Physik.«
     
»Nein, Schätzchen.«
     
»Was nein? Ein Triumph oder keiner, oder du kannst es dir erst gar nicht vorstellen?« Bunny ließ den Feldstecher sinken.
     
»Kann mir Sex mit Nordie nicht vorstellen.«
     
»Findest du, daß Sex überbewertet wird?«
     
»Bunny, das haben wir schon x-mal durchgekaut. Ich glaube, es hat 1955 angefangen. An dem Tag, als du vierzehn wurdest.«
     
»Es ist gräßlich. Du bist in einem geraden Jahr geboren und ich in einem ungeraden. Es ist einfach gräßlich. 1938. Das hört sich doch hübsch an. Aber nein, ich bin Jahrgang 1941. Und das Einzige, was allen Leuten zu 1941 einfällt, ist der Überfall auf Pearl Harbor. Das ist nicht fair.«
     
»Du bist noch keine vierzig, also laß das Meckern und Jammern sein.« R. J. schmirgelte die Stelle ab, wo die alte Rudergabel gewesen war, dann steckte sie die neue Gabel auf. Paßte perfekt.
     
»Es gibt Tage, da fühle ich mich wie hundert«, seufzte Bunny und schwenkte die Beine übers Wasser.
     
»Momma hat gesagt, daß solche Tage kommen werden.«
     
Nun tuteten beide Schwestern in dasselbe Horn.
     
»Weißt du was, Orgy? Ich weiß nicht, ob ich alt werden will. Momma Catlett hat zu lange gelebt. Und die Wallaces – die sind alle nicht ganz dicht. Ich will einfach abtreten, in voller Fahrt.« Bunny sah auf die Rudergabel hinunter, die R. J. festschraubte. »Du hast alles so gut im Griff. Protestanten müssen ja alles im Griff haben.«
     
»Bunny, meistens kann ich deinen Gedankensprüngen und deiner verqueren Logik ja folgen, aber heute bist du unheimlich zerstreut.«
     
»Wie nett von dir, daß du es merkst.« Bunny riß den Feldstecher an die Augen. »Weißer Ibis. Ein großer.«
     
R. J. legte das Ruder in die Gabel ein und ruckelte es hin und her. »Nicht schlecht, wenn ich das so sagen darf.«
     
»Dafür sind Männer da.«
     
»Wenn ich warten wollte, bis mein Mann das macht, würde es nie gemacht. Ich glaube, Frank hat ein einziges Mal den Rasen gemäht, seit wir verheiratet sind.« R. J. sagte es ohne Groll, mehr im Sinn einer Tatsache, mit der sie sich abgefunden hatte.
     
Bunny fragte sich, ob Männer in diesen Dingen nicht womöglich klüger seien. Gras würde es immer geben, aber eine gute Golfpartie – für die lohnte es sich, seine Zeit aufzuwenden.
     
»Auf Donald ist bei diesen Aufgaben Verlaß. Er heuert immer wen an, der das erledigt.« Bunny lachte.
     
Don verdiente gut mit seiner kombinierten Dodge/ToyotaVertragshandlung. Auf Drängen seiner Frau hatte er sich flugs den Japanhandel geschnappt, als der Ende der sechziger Jahre zu haben war, was sich als guter Schachzug erwiesen hatte. Mit Dodge lief es so lala, aber Toyotas gingen weg wie warme Semmeln.
     
R. J. sah zu dem weiten blauen Himmel auf. »Was ist nur dran an den Spätnachmittagen? Ich liebe sie so sehr. Der Tag hat Gestalt angenommen. Wenn ich morgens aufstehe, kenne ich meine Aufgaben, aber der Tag selbst hat noch keine Kontur. Jetzt hat er sie, und das Licht ist pures Gold, golden und satt wie Kadmiumfarbe. Die Stunden wirken irgendwie Glück verheißend.«
     
»So hab ich das nie gesehen.«
     
»Ich frage mich, ob jede Stunde ihren eigenen Geist hat.«
     
R. J.s poetische Gedankengänge entzückten Bunny, auch wenn sie es sich nicht verkneifen konnte, ihre Schwester damit aufzuziehen. Bunnys Verstand funktionierte redlich und geradeaus, ganz ähnlich wie eine Lokomotive. Sie mochte Ideen haben, Waggons, die sie an die Lok ihrer Sehnsucht anhängte, aber alles verlief im Gleis. R. J.s Verstand nahm alles auf, aber sie ordnete es nicht gleich. Es war, als sähe sie die Welt mit den Facettenaugen einer Libelle, eine Reihe von separaten, dennoch zusammenhängenden Bildern. Anders als ihre jüngere Schwester konnte R. J. ihre Gedanken schweifen lassen. Sie hatte kein großes Bedürfnis, allem auf den Grund zu gehen.
     
»Wer ist das?« Bunny sichtete ein großes Motorboot, ein Chris Craft. Sie hob das Glas an die Augen, um die Yacht-ClubFlagge zu erkennen, die hinten flatterte. »Bahia Mar. Das ist in Fort Lauderdale.«
     
»Vermutlich auf dem Weg zurück, zum Überwintern.«
     
»Der Winter ist noch
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