Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Allwissend

Allwissend

Titel: Allwissend
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
brauchen, das nötige Selbstvertrauen, den Mut. Denn das ist es, worauf es letztlich ankommt. Es geht nicht darum, ihre Kämpfe für sie auszufechten, sondern sie darauf vorzubereiten, sich selbst behaupten zu können. Man lehrt sie, eigenständig zu denken und sich auf diese Weise Urteile zu bilden.«
    Dance liefen Tränen über die Wangen.
    »Und als ich sah, dass du angesichts der Vorfälle infrage gestellt hast, was ich getan haben könnte, wusste ich, dass es uns bei dir hundertprozentig gelungen ist. Ich habe dich dazu erzogen, mit offenen Augen durchs Leben zu gehen. Weißt du, Vorurteile und Hass sind wie Scheuklappen. Aber Loyalität und Liebe ebenfalls. Du hast dich nicht beirren lassen und nach der Wahrheit gesucht.« Ihre Mutter lachte. »Natürlich hast du falsch gelegen. Aber daran ist nichts auszusetzen.«
    Die Frauen umarmten sich. »So, du bist immer noch im Dienst«, sagte Edie Dance dann. »Fahr zurück ins Büro. Ich bin nach wie vor sauer auf dich. Aber in ein oder zwei Tagen habe ich es verwunden. Wir machen einen Einkaufsbummel und essen dann im Casanova zu Abend. Ach, und Katie: Du übernimmst die Rechnung.«
     

Kapitel 46
    Kathryn Dance kehrte in ihr Büro beim CBI zurück und schrieb den vorläufigen Abschlussbericht zu dem Fall.
    Sie nippte an dem Kaffee, den Maryellen Kresbach ihr gebracht hatte, und überflog die rosafarbenen Zettel mit den Telefonnotizen. Daneben stand ein Teller mit einem überaus dicken Keks darauf.
    Dance dachte ausgiebig über die Nachrichten nach und beantwortete schließlich keinen der Anrufe, ließ von dem Keks aber nicht einen Krümel übrig.
    Ihr Telefon piepte. Eine SMS von Michael O'Neil.
    Richter in L. A. gibt Entscheidung in den nächsten Stunden bekannt. Drück weiter die Daumen. Viel los heute, aber wir sprechen bald.
    Bitte, bitte, bitte...
    Ein letzter Schluck Kaffee, dann druckte Dance den Bericht für Overby aus und brachte ihm die Seiten ins Büro. »Hier ist der vorläufige Abschlussbericht, Charles.«
    »Ah. Gut.« Er hielt kurz inne. »Ganz schön überraschend, welche Richtung der Fall genommen hat«, fügte er dann hinzu und blätterte den Bericht durch. Dance sah hinter seinem Schreibüsch eine Sporttasche mit Tennisschläger sowie einen kleinen Koffer stehen. Es war später Nachmittag an einem Freitag im Sommer, und er würde vermutlich direkt vom Büro aus ins Wochenende fahren.
    Seine Haltung strahlte eine gewisse Kälte aus, zweifellos weil Dance sich offen gegen Hamilton Royce gestellt hatte.
    Daher freute sie sich schon auf das, was nun folgen würde. »Eine Sache noch, Charles«, sagte sie und nahm gegenüber von ihrem Chef Platz. »Es geht um Royce.«
    »Was ist?« Er blickte auf und fing an, über ihr Memo zu streichen, als wolle er Staub wegwischen.
    Sie schilderte, was TJ über Royces Auftrag herausgefunden hatte - dass er dem Blog nicht etwa einen Riegel vorschieben wollte, um Opfer zu retten, sondern um Chiltons Enthüllungen über den Abgeordneten und dessen fürstliche Bewirtung durch den Bauunternehmer zu verhindern. »Er hat uns benutzt, Charles.«
    »Ah.« Overby fingerte weiter an irgendwelchen Unterlagen herum.
    »Er stellt seine Zeit dem Planungsausschuss für Nuklearanlagen in Rechnung - dessen Leiter der Abgeordnete ist, über den Chilton in seinem Blog geschrieben hat, im Thread >Volksverstromung<.«
    »Ich verstehe. Royce, aha.«
    »Ich möchte den Generalstaatsanwalt davon in Kenntnis setzen. Was Royce getan hat, ist vermutlich keine Straftat, aber es ist natürlich unethisch - dass er mich beziehungsweise uns benutzt hat. Es wird ihn seinen Job kosten.«
    Eifriges Papiergeraschel. Overby dachte nach.
    »Sind Sie mit meinem Vorgehen einverstanden?« Sie fragte das, weil er eindeutig nicht einverstanden war.
    »Ich bin mir nicht sicher.«
    Sie lachte. »Wieso? Er hat meinen Schreibtisch durchwühlt. Maryellen hat ihn gesehen. Und er hat die Staatspolizei für eigene Zwecke missbraucht.«
    Overbys Blick huschte über die Papiere auf seinem Tisch. Sie waren perfekt geordnet. »Nun ja, es wird uns Zeit und Aufwand kosten. Und es könnte... unangenehm für uns werden.«
    »Unangenehm?«
    »Wir würden uns damit diesen ganzen zwischenbehördlichen Scheiß ans Bein binden. Ich hasse das.«
    Das war kein Argument. Der Alltag in einer staatlichen Dienststelle bestand fast nur aus zwischenbehördlichem Scheiß.
    Am Ende eines lang gezogenen Schweigens schien Overby endlich etwas einzufallen. Seine Augenbraue hob sich ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher