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Allmen und die Dahlien (German Edition)

Allmen und die Dahlien (German Edition)

Titel: Allmen und die Dahlien (German Edition)
Autoren: Martin Suter
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Immateriell das Doppelte.«
    »Dann denke ich, wir können schon bis drei Millionen gehen, Don John.«
    Als er zurück in die Bar kam, brachte der Kellner gerade den dritten Campari für Tenz. »Und?«, fragte er und versuchte, es beiläufig klingen zu lassen.
    »Good news«, antwortete Allmen und ließ ihn noch einen Moment zappeln.
    Tenz beging den Fehler, einen Schluck aus dem Glas zu trinken. Seine Hand zitterte ein wenig und ließ Allmen eine spontane Entscheidung treffen. »Zweieinhalb«, sagte er. Sein Gegenüber war schließlich auch kein ehrlicher Mann.
    7
    Die Rotonde war ein runder Saal in Weiß und Gold, dessen Licht aus Kristallleuchtern sich mit der blauen Dämmerung vermischte. Sie saßen am Fenstertisch von Tenz, obwohl Allmen lieber an seinem Stammtisch gesessen hätte. Dafür schloss sich dieser Allmens nostalgischer Bestellung an:
    Médaillon de foie gras à l’ancienne, haricots verts als Vorspeise und als Hauptgang Sole cuite à la poêle, beurre meunière, pommes vapeur. Auch beim Wein überließ er Allmen die Wahl: eine Flasche Taittinger, Comtes de Champagne, Rosé 2002 für den Anfang, danach eine Flasche Château d’Yquem. Jahrgang 1996, um Madame Gutbauers Spesenrechnung nicht allzu sehr zu belasten. Und damit es, je nachdem, auch eine zweite werden durfte.
    Draußen schäumte der Atlantik, und der Regen überzog die Fenster mit glitzernden Perlen. Speisen und Getränke, der für beide befriedigende Abschluss des Geschäfts und eine gewisse Seelenverwandtschaft, die nach und nach zutage trat, beflügelten das Gespräch und machten aus dem konspirativen Treffen einen unerwartet behaglichen Abend.
    Auch Tenz war weitgereist, polyglott und ein Kenner und Liebhaber der angenehmeren Seiten des Lebens.
    »Nicht wahr, es war Cheryl, die mich verraten hat.«
    »Wir geben unsere Quellen nie preis«, erwiderte Allmen.
    »Wie haben Sie sie dazu gebracht?«
    Allmen gab keine Antwort.
    »Eine seltsame Frau. Sie hasst Dalia Gutbauer. Und trotzdem bleibt sie bei ihr. Wie Onkel Hardy. Er hasste sie und blieb.«
    »Und wie Teresa Cutress«, fuhr Allmen fort. »Hasst und bleibt.«
    »Was das Geld doch aus uns macht«, sagte Tenz nachdenklich.
    »Nicht das Geld. Die Leute, die es besitzen«, korrigierte ihn Allmen.
    Tenz trank den letzten Schluck aus seinem Glas und dachte darüber nach. Er kam zu einem anderen Schluss: »Weder noch. Es ist nicht, was Geld aus uns macht. Es ist, was kein Geld aus uns macht.«
    Die beiden heimlichen Experten im Kein-Geld-Haben waren die letzten Gäste der Rotonde. Allmen winkte dem Kellner. »Sie trinken doch auch noch ein Glas mit?«, fragte er.
    Tenz nickte. Allmen bestellte bei dem enttäuschten Kellner, der gehofft hatte, er wünsche die Rechnung, noch eine Flasche Château d’Yquem und den Käsewagen.
    »Mein Onkel Hardy war früher auch oft hier. Das erste Mal mit Dalia Gutbauer, Ende der fünfziger Jahre.«
    »Ihr Onkel hat ein bewegtes Leben geführt.«
    »O ja. Ein bewegtes Leben mit einem traurigen Ende.«
    »Ich war im selben Raum, als er starb. Auf mich hat er keinen traurigen Eindruck gemacht.«
    »Das täuscht. Dass ein so unsteter Mann wie er die letzten acht Jahre seines Lebens dermaßen domestiziert verbringen musste, war seiner nicht würdig.«
    »Immerhin hat er sich ganz zuletzt noch einmal gewehrt.«
    Tenz nickte betrübt. »Leider zu spät.«
    »Für Teresa Cutress kommt es wenigstens noch rechtzeitig«, erwiderte Allmen nachdenklich.
    »Hoffentlich.«
    Der Kellner kam und dekantierte den Wein. Er wollte ihn Allmen zum Kosten geben, aber Tenz winkte ihn zu sich. »Sie sind mein Gast«, sagte er.
    »Nein, Sie meiner«, widersprach Allmen.
    Tenz schüttelte energisch den Kopf. »Wenn Sie bezahlen, bin ich Madame Gutbauers Gast. Das will ich nicht.« Er kostete den Wein und gab ihn frei.
    8
    Sie flogen gemeinsam in der zu kleinen Maschine zurück, auch diesmal von heimtückischen Turbulenzen durchgeschüttelt. Das Flugzeug war halbleer, und die Flight Attendant saß den größten Teil der Reise auf ihrem Klappsitz angeschnallt und machte ein besorgtes Gesicht.
    Während sie am Rollband auf ihr Gepäck warteten, fragte Tenz: »Sind Sie sicher, dass zweieinhalb das letzte Wort ist?«
    »Ich fürchte, ja.«
    »Und wenn er nicht anbeißt? Dann vergessen wir es?«
    Allmen wusste, dass er die falsche Antwort gab, als er sagte: »Dann sehen wir weiter.«
    Als ihre Koffer kamen, sagte Tenz zum Abschied: »Es ist ein Vergnügen, mit Ihnen Geschäfte zu
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