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Allmen und die Dahlien (German Edition)

Allmen und die Dahlien (German Edition)

Titel: Allmen und die Dahlien (German Edition)
Autoren: Martin Suter
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ihn zu warten.
    Seit Carlos, der sich auch um die Buchhaltung von Allmen International kümmerte, ihn darauf aufmerksam gemacht hatte, welche Summen durch diese Wartezeiten zusammenkamen, beglich Allmen dieses Detail seiner Lebensqualität lieber selbst.
    Eine breite Marmortreppe wand sich um die Aufhängung eines Messingleuchters in die runde Eingangshalle hinunter. Rechts von der Drehtür befand sich das Pult des Concierge, ihm gegenüber das der Rezeption.
    Zwei Rezeptionistinnen standen lächelnd hinter dem Empfangstresen, beide gleich bereit, seine Frage zu beantworten. Allmen hasste diese Situation. Sie zwang ihn, sich gegen eine der beiden zu entscheiden. Weshalb konnten sich die Empfangsdamen dieser Welt nicht absprechen und jeweils deutlich signalisieren, wer in diesem Augenblick für den ankommenden Gast zuständig war?
    Er entschied sich wie immer ritterlich für die weniger attraktive, nannte seinen Namen und fragte nach Frau Talfeld. Sie ging zum Telefon und wählte eine kurze Nummer.
    Offenbar meldete sich sofort jemand, die Rezeptionistin sagte nur: »Herr von Allmen ist da«, und legte wieder auf.
    »Sie möchten doch bitte in die Lobby gehen, Frau Talfeld wird gleich bei Ihnen sein.«
    Die Lobby war ein großer behaglicher Raum mit Blick auf die Uferstraße. Die Gardinen und die Glasmalereien über den Fenstern ließen so wenig Tageslicht herein, dass bei den Sitzguppen, die nicht direkt an den Fenstern standen, die Tisch- und Ständerlampen brannten.
    Allmen setzte sich in einen Polstersessel mit Blick auf den Eingang, schlug die Beine übereinander und wartete.
    Es musste vor kurzem gelüftet worden sein, die abgestandene Luft war kühl. Am entferntesten Ende der Lobby befand sich eine Bar. Ein älterer Barmann war dort in die undurchschaubaren Verrichtungen vertieft, mit denen sich unbeschäftigte Barkeeper beschäftigen. Er bewegte Flaschen von einem Ort zum anderen, polierte saubere Gläser und wischte über die makellose Oberfläche des Tresens. Er ließ sich Zeit, bis er mit einem Silbertablett an Allmens Tisch kam und ihm ein Schälchen mit Mandeln und eines mit Chips und zwei Glasuntersätze brachte. Sein Smoking war etwas abgetragen, aber die Ärmel hatten die richtige Länge, und der Kragen stand trotz des etwas runden Rückens seines Trägers nicht vom Nacken ab.
    Allmen bestellte einen Milchkaffee und sah von weitem zu, wie der Barmann sich hinter dem Tresen an einer kleinen Espressomaschine zu schaffen machte. Es stand zu befürchten, dass er sie eben erst eingeschaltet hatte.
    Eine große Frau erschien am Eingang zur Lobby. Sie sah sich kurz um und steuerte auf seinen Tisch zu. Allmen war leicht zu erkennen, er war der einzige Gast.
    Er erhob sich. Frau Talfelds schwarzes Haar war zu einer altmodischen Frisur getürmt, mit der sie ihn ein Stück überragte. Sie war hart geschminkt – schwarze Augenbrauen, breiter Lidstrich, dunkelrote Lippen, helles Make-up – und mochte etwas über fünfzig sein. Sie gab ihm ihre knochige, kräftige Hand und bat ihn, wieder Platz zu nehmen.
    Allmen wartete, bis sie sich gesetzt hatte, nahm Platz und winkte den Barmann heran. Bis er ihren Tisch erreicht hatte, musterte sie ihn mit einem schmalen Lächeln und sagte: »Schön, dass Sie sich persönlich Zeit genommen haben.«
    Der Barmann stellte den Milchkaffee vor Allmen hin. »Guten Morgen, Frau Talfeld. Was darf ich Ihnen bringen?«
    »Nichts, danke, Bert. Wir bleiben nicht lange.«
    Bert zog sich zurück.
    Frau Talfeld schlug die Beine übereinander. »Stört es Sie, wenn ich rauche?«, fragte sie und nahm ein Zigarettenetui aus Schildpattimitat aus ihrer großen Handtasche.
    »Wenn es das Hotel nicht stört.« Allmen zog ein Feuerzeug aus der Tasche und gab ihr Feuer. Sie nahm einen Zug und bot ihm eine Zigarette an.
    »Danke, ich rauche nicht.«
    »Und wozu das Feuerzeug?«, wunderte sie sich.
    »Zum Feuergeben.«
    »Ach so.«
    Von der Bar her erklang jetzt leise Pianomusik, Bert hatte die Anlage eingeschaltet. Frau Talfeld konzentrierte sich auf den Gesprächseinstieg.
    »Gibt es in Ihrer Branche so etwas wie ein Klientengeheimnis?«
    »Selbstverständlich. Was Sie mir sagen, bleibt unter uns, und alle involvierten Mitarbeiter sind zu absoluter Geheimhaltung verpflichtet.«
    »Und das geben Sie uns schriftlich?«
    »Der Punkt ist natürlich Vertragsbestandteil.«
    »Haben Sie einen dabei?«
    Allmen nahm seine dünne Schweinsledermappe, die am Boden neben ihm am Sessel lehnte, zog den
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