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Alles was ich sage ist wahr

Alles was ich sage ist wahr

Titel: Alles was ich sage ist wahr
Autoren: Lisa Bjaerbo
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versuche, selbstbewusst zu klingen. »Ich hab auch dein Lieblingsgebäck mitgebracht. Und meinen Intellekt.«
    Es kommt mir lebenswichtig vor, Oma in dieser Angelegenheit auf meine Seite zu ziehen, darum wedele ich ein bisschen extra mit der Tüte unter ihrer Nase herum. Gestern Abend, nachdem ich Gute Nacht gesagt hatte, habe ich Mama telefonieren hören, aller Wahrscheinlichkeit mit Oma, jedenfalls hat sie mit ihrer speziellen Oma-Stimme gesprochen.
    »Sie wird sich unter Garantie an dich wenden«, sagte Mama. »Und dann musst du sie umstimmen. Hörst du? Red ihr ins Gewissen, damit sie einsieht, wie kurzsichtig das ist. Auf dich hört sie, das weißt du doch.«
    Ich fand es etwas beunruhigend, sie so reden zu hören. Natürlich kann man sich auf Oma verlassen, aber zwischendurch kann sie ganz schön unberechenbar sein, die Gute. Und völlig abwegig wäre es ja nicht, sich vorzustellen, dass sie sich in diesem Fall auf die Seite der gegnerischen Argumente stellt. Mama ist trotz allem Omas Tochter und bla, bla, blubb, Blut ist dicker als Wasser and all that jazz. Ich muss mit allem rechnen.
    »Aha«, sagt Oma schließlich. Ich hab ein bisschen das Gefühl, dass sie sich noch nicht ganz entschieden hat, also lege ich mein nettestes Lächeln auf und säusele etwas von Belgischen Waffeln, und das gibt den Ausschlag, glaube ich, weil sie in die Küche geht und Saft mixt. Ich warte noch einige Sekunden auf einen Wortschwall über Verantwortung oder Weitsicht oder die Wichtigkeit von flexiblem Umdenken, aber nein, es kommt nichts, sie mixt ihren Saft und stellt Gläser auf den Wohnzimmertisch.
    »Gut, fangen wir an?«, fragt sie. »Im Regal liegen Papier und Stifte.«
    Meine Oma ist, verdammt noch mal, ein Vorbild für die Menschheit. Wirklich.
    * * *
    Zwei Stunden später, die Belgischen Waffeln sind schon lange verputzt, ist das Blatt vor uns auf dem Tisch noch immer schmerzhaft leer. Oma ist vielleicht ein Vorbild für die Menschheit, aber selbst sie weiß offensichtlich zwischendurch nicht weiter. Das ist in vielerlei Hinsicht wirklich bedauerlich.
    »Aber was willst du? «, fragt Oma bestimmt zum siebzehnten Mal. »Und jetzt sag nicht wieder: Großtaten vollbringen, dann erwürg ich dich eigenhändig.«
    Ich seufze.
    Von so einem uralten Menschen angedroht zu bekommen, dass er dich erdrosselt, ist erschreckender, als man denkt. Und fast noch erschreckender ist, dass ich auf die Frage keine Antwort weiß. Habe ich sonst nicht immer eine Antwort auf alles?
    »Geh nach Hause und schlaf noch mal drüber«, schlägt Oma schließlich vor. »Das wirst du ja wohl wissen, wie das geht, oder?«
    * * *
    Ich weiß nicht, ob Oma das buchstäblich meinte, denke aber, dass es einen Versuch wert ist. Schließlich habe ich in den nächsten Tagen nichts Wichtiges auf dem Plan stehen. Und Schlafen ist tatsächlich etwas, das ich bis zur Vollendung beherrsche. Mein Schlafrekord: siebzehn Stunden. Den habe ich vor ein paar Wochen an einem Samstag aufgestellt, als ich total gelangweilt war und nichts los war. Aus lauter Protest gegen die Welt im Allgemeinen bin ich um halb neun ins Bett gegangen und nicht vor zwei Uhr am nächsten Tag wieder aufgestanden. Ohne im Laufe der Nacht ein einziges Mal aufzuwachen, ich habe einfach durchgeratzt.
    Ziemlich beeindruckend, finde ich.
    Sehr irritierend, fanden meine Eltern.
    Wenn es auf zwölf Uhr zugeht und ich mich immer noch nicht gerührt habe, setzen sie ihre wirksamsten Waffen ein: Staubsauger und Rasenmäher. Ich wette, es gibt keinen Bereich im ganzen Haus, der so staubfrei ist wie der Bereich vor meiner Zimmertür, und keinen so gründlich getrimmten Rasenfleck wie den unter meinem Fenster, echt wahr, das reinste freaking Golfgreen.
    »Oh«, sagen sie, wenn ich verschlafen und mit Mörderblick aus meinem Zimmer komme. »Wir wollten dich aber nicht wecken!«
    Hallo?
    Ich habe irgendwann mal nach Schlafgewohnheiten von Jugendlichen gegoogelt und jede Menge Argumente gefunden, die ich zu meinen Gunsten vorbringen konnte. Zum Beispiel: Jugendliche brauchen mehr Schlaf als Erwachsene, weil sie sich in dieser Phase ihres Lebens besonders stark entwickeln, und Entwicklung ist anstrengend. Jugendliche brauchen viel Schlaf, um das, was sie im Laufe des Tages gelernt haben, zu sortieren und zu verarbeiten, sonst vergessen sie alles frisch Gelernte gleich wieder. Die biologische Uhr Jugendlicher hält sie abends länger wach und macht sie morgens müder. Jugendliche können von Schlafmangel depressiv
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