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Alles fuer die Katz

Alles fuer die Katz

Titel: Alles fuer die Katz
Autoren: James Herriot
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fertig. Er ist wie ausgewechselt. Manchmal frage ich mich, ob er je wieder der Alte sein wird.«
    Ich ging hinüber und spähte am Vorhang vorbei in den Laden. Geoff stand da und tat seine Arbeit wie ein Automat. Abgemagert, ohne ein Lächeln, schweigend händigte er die Süßigkeiten aus. Wenn er sprach, dann monoton und matt, und schockartig wurde mir klar, dass seine Stimme völlig ihr altes Timbre verloren hatte. Mrs. Hatfield hatte Recht. Er war wie ausgewechselt. Und, dachte ich, wenn er so blieb, was würde dann aus seinen Kunden werden? Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sie ihm noch die Treue gehalten, doch ich ahnte, dass sie bald beginnen würden wegzubleiben.
    Es verging noch eine Woche, bis das Bild sich allmählich zum Besseren veränderte. Ich betrat das Wohnzimmer, aber Alfred war nicht da.
    Mrs. Hatfield sprang von ihrem Stuhl auf. »Es geht ihm schon viel besser, Mr. Herriot«, sagte sie eifrig. »Er frisst gut und wollte in den Laden. Er ist mit Geoff drüben.«
    Wieder warf ich einen verstohlenen Blick am Vorhang vorbei. Alfred war wieder auf seinem Posten, noch mager zwar, aber er saß aufrecht da. Sein Herr jedoch sah kein bisschen besser aus.
    Ich drehte mich wieder ins Zimmer zurück. »Von nun ab brauche ich nicht mehr zu kommen, Mrs. Hatfield. Ihr Kater ist auf dem besten Wege, gesund zu werden. Bald ist er wieder der Alte.«
    Was den Kater anbetraf, war ich ziemlich zuversichtlich, nur bei Geoff hatte ich gewisse Zweifel.
    Bald danach war ich wie in jedem Frühjahr vollauf beschäftigt mit dem Lammen und der Flut von Problemen, die es mit sich brachte, und ich hatte wenig Zeit, an meine anderen Fälle zu denken. So waren wohl drei Wochen vergangen, bis ich wieder in das Süßwarengeschäft kam, um für Helen ein paar Schokoladenbonbons zu kaufen. Der Laden war brechend voll, und als ich mich hineindrängte, fielen mir all meine Befürchtungen ein, und bang schaute ich Mann und Katze an.
    Alfred, wieder gewichtig und würdevoll, thronte wie ein König am anderen Ende der Ladentafel. Geoff stützte sich mit beiden Händen auf dem Tisch auf und schaute einer Dame von nahem ins Gesicht. »Wenn ich Sie recht verstehe, Mrs. Hird, suchen Sie ein Konfekt von etwas weicherer Konsistenz.« Die volle Stimme schallte durch den kleinen Laden. »Meinen Sie vielleicht eine türkische Spezialität?«
    »Nein, Mr. Hatfield, es war nicht so...« Der Kopf sank ihm auf die Brust, und er betrachtete mit scharfer Konzentration die polierte Ladentafel. Dann blickte er auf und schob das Gesicht noch näher an das der Dame heran. »Eine Pastille vielleicht...?«
    »Nein... nein.«
    »Ein Trüffel? Ein Weichkaramell? Eine Pfefferminz-Creme?«
    »Nein, nichts von alledem.«
    Er richtete sich auf. Dies war ein schwerer Fall. Er verschränkte die Arme vor der Brust, und während er ins Leere schaute und den tiefen Atemzug tat, den ich so gut kannte, sah ich, dass er wieder ein großer Mann geworden war: Seine Schultern dehnten sich breit, sein Gesicht hatte eine gesunde Farbe und war wieder voll.
    Da seine Innenschau ihn nicht weitergebracht hatte, presste er die Kiefer aufeinander und drehte das Gesicht nach oben, erhoffte sich mehr Inspiration von der Decke. Alfred blickte, wie ich bemerkte, ebenfalls nach oben.
    Es herrschte gespanntes Schweigen, während Geoff in dieser Pose verharrte, dann breitete sich auf seinen edlen Zügen langsam ein Lächeln aus. Er erhob den Zeigefinger. »Madam«, sagte er, »ich glaube, ich hab’s. Weißlich, sagten Sie... zuweilen rosa... fast schon breiig... Darf ich Ihnen... Marshmallows vorschlagen?«
    Mrs. Hird schlug mit der Hand auf den Tisch. »Ja, das ist es, Mr. Hatfield. Der Name wollte mir einfach nicht einfallen. „
    »Ha-ha, hab ich’s mir doch gedacht«, dröhnte der Besitzer, dessen Orgeltöne bis zum Dach hinaufrollten. Er lachte, die Damen lachten und, da war ich ganz sicher, Alfred ebenfalls.
    Alles war wieder gut. Jedermann im Laden war glücklich – Geoff, Alfred, die Kundinnen und, nicht zuletzt, James Herriot.

2 - Oscar, der Salonlöwe
     
    »Jim! Jim!« Ich ging hinaus und blickte über das Treppengeländer. »Was ist denn los, Tris?«
    »Ich möchte dich nicht stören, Jim, aber könntest du schnell mal herunterkommen?«
    Als ich unten ankam, führte Tristan mich in das Sprechzimmer.
    Ein kleines Mädchen stand am Tisch, auf dem eine schmutzige, zusammengerollte Decke lag.
    »Es ist ein Kater«, sagte Tristan. Er schlug die Decke zurück, und ich sah einen dicken
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