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Aller Heiligen Fluch

Aller Heiligen Fluch

Titel: Aller Heiligen Fluch
Autoren: Elly Griffiths
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Mutter die Tiere im Grunde lieber hat als sie?
    «Dann willst du also mit dem Tierschutzaktivismus weitermachen?», fragt er. «Falls die Gruppe sich je wieder zusammenfindet?»
    «Ach, ich gründe einfach eine neue Gruppe. Diesmal strikt gewaltlos. Wir werden bei Fuchsjagden demonstrieren und so weiter. Ich werde mir irgendwo ein kleines Häuschen kaufen und mich ganz der Sache widmen.»
    Na großartig, denkt Randolph. Bisher hat er seiner Mutter verschwiegen, dass er unter die Jäger gehen will. Er hatte immer schon eine Schwäche fürs Jagen – als Kind hat er sich immer heimlich davongeschlichen zur Jungfuchsbejagung –, und für die Pferde ist es ein hervorragendes Training. Er freut sich schon darauf, seine Mutter auf den Barrikaden stehen zu sehen. Und an die Gewaltlosigkeit glaubt er auch nicht recht.
    «Glaubst du, Dan hat es gewusst?», fragt Romilly unvermittelt. «Dass ich andere hatte?»
    Randolph steigt ab und lockert den Sattelgurt des Necromancers. Vom erhitzten Körper des Pferdes steigt Dampf auf.
    «Nein», schwindelt er. «Ich glaube nicht, dass Dad etwas geahnt hat.»
    «Das hoffe ich.» Romilly tritt beiseite, um einen Stallburschen vorbeizulassen, der zwei Pferde zur Führanlage bringt. «Ich wollte ihn nämlich nie verletzen. Mir war einfach nur … langweilig.»
    «Ja.» Randolph nimmt dem Pferd den Sattel ab. «Langeweile ist für einiges verantwortlich.»
    «Aber ihr werdet euch jetzt doch bestimmt nicht mehr langweilen. Du kannst dich um den Rennstall kümmern, und Caroline hat das Museum. Ich habe sie lange nicht so glücklich gesehen. Seit ihrer Rückkehr aus Australien nicht mehr.»
    Nicht, dass du je etwas unternommen hättest, weil Caroline unglücklich ist, denkt Randolph. Sie ist ja kein Beagle und auch keine Laborratte. Der Necromancer reibt den Kopf an seiner Schulter, und plötzlich verspürt auch Randolph eine große Welle der Zuneigung zu allen Tieren. Den Necromancer interessiert es nicht, ob er schwul ist oder hetero, ob er Drogen nimmt oder nicht. Solange Randolph ihn füttert und lange Ausritte mit ihm macht, ist ihm alles andere egal. Randolph krault dem Pferd liebevoll die Ohren und dreht sich dann zu seiner Mutter um.
    «Es wird eine große Party im Museum geben», sagt er. «Caroline organisiert sie, um die Rückgabe der Schädel zu feiern. Kommst du?»
    Romilly hebt eine behandschuhte Hand und streichelt ihm die Wange. «Nein, Schatz, ich glaube, das spare ich mir. Wie man es auch dreht und wendet, ich habe einfach die Nase voll von diesem Museum.»

[zur Inhaltsübersicht]
    33
    Die Rückführungszeremonie findet am 15 . Dezember statt. Am Morgen hat Ruth das fünfzehnte Türchen an Kates Adventskalender geöffnet. Die Schokolade hat sie selbst gegessen, um Kates Zähne zu schonen. Was sie doch für eine gute Mutter ist! Weihnachten scheint plötzlich unangenehm nahegerückt. Die letzte Semesterwoche ist angebrochen, und das schwarze Brett im Institut ächzt nur so unter den Ankündigungen von Weihnachtsfeiern und Weihnachtskonzerten. Phil und Shona geben an Heiligabend eine Party – «noch einmal auf den Putz hauen, bevor das Baby kommt» –, und Ruth überlegt schon jetzt, wie sie darum herumkommt. Sie fragt sich, ob sie wohl den Mut aufbringen wird, Max an Weihnachten einzuladen. Seit der Elginisten-Tagung haben sie noch ein weiteres Wochenende zusammen verbracht, und selbst für Ruths überkritischen Blick ist es eigentlich ganz gut gelaufen. Sie weiß, dass Max keine lebenden Verwandten mehr hat, und sie selbst würde alles tun, um Weihnachten nicht mit ihren Eltern und ihrem Bruder feiern zu müssen.
    Auf der Fahrt von der Universität zum Smith-Museum erlaubt sie sich, sich ein Weihnachten mit Max und Kate im Salzmoor auszumalen. Sie könnte einen Weihnachtsbaum kaufen. Ruth ist jetzt einundvierzig und hatte noch nie einen eigenen Weihnachtsbaum. Das kann doch eigentlich gar nicht sein. Schon sieht sie sich zusammen mit Kate den Weihnachtsbaum schmücken. Sie könnten Weihnachtsbaumschmuck aus Salzteig basteln – für Ruth, ähnlich wie die Kartoffelstempel, der Gipfel guten Mutterseins. Sie könnten in die Stadt fahren und den Weihnachtsmann besuchen, obwohl Ruth Einkaufszentren nicht leiden kann – und den Weihnachtsmann im Übrigen auch nicht. Sie weiß noch, wie sie vor zwei Jahren Nelson mit seiner Frau und seinen Töchtern beim Weihnachtseinkauf beobachtet hat. Damals hat sie auch Michelle zum ersten Mal gesehen, die ihr auf den ersten Blick
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