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Aller Heiligen Fluch

Aller Heiligen Fluch

Titel: Aller Heiligen Fluch
Autoren: Elly Griffiths
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einen Gedanken daran verschwendet.
    «Wissen Sie noch, der Bischof? Der sich dann als Transe entpuppt hat? Ruth hatte Material zur Analyse ins Labor gegeben, diesen Seidenstoff, in den das Skelett gewickelt war. Heute sind die Ergebnisse gekommen, und wissen Sie, was die gefunden haben?»
    «Ich halt’s kaum aus vor Spannung.»
    «Spuren von Aspergillus.»
    Er lehnt sich zurück, scheint auf eine Reaktion zu warten. Nelson mustert ihn kühl. «Das sagt mir gar nichts, Chris.»
    «Schimmelpilzsporen, wahnsinnig giftig. Diese Sporen können Hunderte, sogar Tausende von Jahren überdauern. Sobald sie mit Luft in Berührung kommen, dringen sie in Nase, Mund und Schleimhäute ein. Sie können Kopfschmerzen, Erbrechen und Fieber auslösen. Bei Menschen mit einem schwachen Immunsystem können sie auch zu Organversagen und zum Tod führen.»
    Nelson sieht ihn an. «Danforth Smith.»
    «Genau. Sie haben doch gesagt, er war Diabetiker. Das hat sein Immunsystem geschwächt. Er ist an Herzversagen gestorben. Eventuell ist er ja mit den Sporen in Kontakt gekommen. Wenn wir eine Autopsie vorgenommen hätten, wüssten wir das.» In seiner Stimme liegt Bedauern.
    «Und der Museumsdirektor», sagt Nelson. «Neil Topham. Wenn er den Sarg geöffnet hat …» Er denkt an das Werkzeug in Tophams Büro, an das offene Fenster, den im Wind wehenden Vorhang. Falls die Sporen in die Luft gelangt und in Tophams Mund und Nase eingedrungen sind …
    «Er war ein Junkie», sagt Stephenson, taktvoll wie immer. «Da ist das Immunsystem komplett im Eimer. Eine Prise Aspergillus, schon liegt er flach. Der Tod ist durch Lungenversagen eingetreten. Wahrscheinlich sind die Sporen direkt in die Lunge eingedrungen.»
    «Hat dieses Asperdingsbums, dieser Pilz, auch mich krank gemacht?»
    «Würde ich mal vermuten. Sie standen neben Lord Smith, als der Sarg geöffnet wurde. Wahrscheinlich haben Sie eine volle Ladung abgekriegt, aber weil Sie ein gesunder Mann sind, konnte Ihr Immunsystem sich dagegen wehren.»
    Aber nur gerade so, denkt Nelson. Dann fällt ihm noch etwas ein. «Was ist mit Ruth? Sie war doch auch da.»
    Stephenson lacht. «Darüber habe ich auch nachgedacht. Aber als sie gerade in den Sarg schauen wollte, hat ihr Handy geklingelt. Sie ist ein paar Schritte weggegangen, und Sie und Lord Smith haben als Erste hineingesehen. Wer immer Ruth da angerufen hat, hat ihr vermutlich das Leben gerettet.»
    Nelson würde einiges darauf verwetten, dass er weiß, wer Ruth angerufen hat. Es kommt nur einer in Frage. Cathbad, der große Retter.
    «Und diese Sporen … können die auch Albträume und Wahnvorstellungen auslösen?»
    Stephenson mustert ihn neugierig. «Möglich. Zu den Symptomen gehört hohes Fieber. Warum fragen Sie?»
    «Lord Smiths Frau hat erzählt, er hätte vor seinem Tod hohes Fieber gehabt, Dinge gesehen und im Schlaf geschrien.»
    «Das wird dann wohl der Aspergillus gewesen sein. Ganz sicher werden wir das aber nie sagen können.»
    Haben die giftigen Sporen bei Danforth Smith Albträume von Schlangen und geisterhaften Reitern verursacht? Haben sie Nelson in eine Schattenwelt aus Meer und Himmel versetzt, wo ein Mann in einem steinernen Boot seinen Namen rief? Stephenson hat recht: Ganz sicher wird er das wohl nie sagen können. Doch es sieht so aus, als wären die Aborigines unschuldig – als wäre letztendlich doch der Bischof schuld gewesen.
    «Ich werde den Ärzten sagen, sie sollen mal Ihre Lunge röntgen», meint Stephenson fröhlich. «Vielleicht findet sich da ja was.»
    «Na, vielen Dank auch.»
    «Was ist denn so schlimm daran? Ist doch der reinste Erholungsurlaub hier.»
    Erholung? Nelson hat das Gefühl, schon lange nicht so wenig Ruhe gehabt zu haben wie heute. Und als Stephenson wieder nach draußen schlendert, sieht er von weitem schon Michelle und Maureen kommen, mit Schüsseln voll nahrhaftem Essen in der Hand.

[zur Inhaltsübersicht]
    32
    Der Necromancer galoppiert um die Kurve der Allwetterbahn und wirbelt schwarze Erde hinter sich auf. Oben auf dem Hügel, zwischen den Bäumen, steht eine Frau. Das Pferd erschrickt heftig über die unerwartete Gestalt, es steigt auf die Hinterbeine, die Nüstern vor Angst geweitet. Der Reiter jedoch lacht nur und setzt sich ein wenig fester im Sattel zurecht.
    «Tut mir leid», sagt Romilly Smith. «Habe ich ihn erschreckt?»
    Randolph lacht. «Er zieht nur eine Show ab.» Er tätschelt dem Tier den bebenden Hals. «Ruhig, Pferdchen.»
    «Ich hatte ganz vergessen, wie gut du
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