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Aller Heiligen Fluch

Aller Heiligen Fluch

Titel: Aller Heiligen Fluch
Autoren: Elly Griffiths
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übertragen. Schließlich hat sie sich bei der Operation Oktopus gar nicht so schlecht geschlagen. Aber dann verdirbt sie alles, indem sie ihm sagt, dass sie schwanger ist.
     
    Flint ist ganz aus dem Häuschen, Ruth und Kate zu sehen. Er war den ganzen Tag allein im Haus, erzählt er ihnen, indem er ihnen geschmeidig und schnurrend um die Beine streicht, und ist vollkommen vernachlässigt und verhungert. Tatsächlich hat er die ganze Zeit im Trockenschrank geschlafen. Ruth füttert ihren Kater und setzt eine Pasta auf. Es ist zwar erst fünf, aber schon ganz dunkel draußen. Kate ist sicher müde, sie hat nur kurz im Auto geschlafen. Vielleicht hat die vergangene Nacht ja eine wundersame neue Ära des Durchschlafens eingeläutet. Sie werden um sechs essen, dann liegt Kate um sieben im Bett, und Ruth kann den ganzen Abend fernsehen und Weißwein trinken. Himmlisch.
    Cathbad und die Ängste der letzten Nacht hat sie schon fast vergessen. Nelson wird wieder gesund. Michelle hat sie zu ihm gelassen, und vielleicht erlaubt sie Nelson jetzt ja sogar, Kate regelmäßig zu sehen. Immerhin hat sie zugegeben, dass er sie vermisst. Ruth weiß, wie viel es Michelle gekostet hat, ihr das einzugestehen, wie viel es sie überhaupt gekostet hat, zu Ruth zu fahren und sie zu bitten, ihren Mann zu besuchen. Sie hat gesagt, sie würde alles für ihn tun. Ruth ist sich nicht sicher, ob sie jemals einen Menschen so sehr geliebt hat. Bis auf Kate natürlich.
    Fast rechnet sie damit, dass Max anruft, doch das Telefon schweigt. Nach den letzten paar Tagen kommt es ihr richtiggehend seltsam vor, dass niemand an die Tür klopft und sie um Hilfe anfleht oder etwas von der Traumzeit erzählt. Nach dem Essen versucht Ruth, Kate ein Bilderbuch über Percy den Parkwächter vorzulesen, doch Kate zieht es vor, mit ihrem Plastikgemüse durchs Zimmer zu rennen. Ruth ist wild entschlossen, den Fernseher auszulassen, doch Kate schaltet ihn für sie ein (sie liebt die Fernbedienung), und kurz darauf dösen sie gemeinsam vor den
Teletubbies
. Ruth zwingt sich, wieder aufzustehen. Sie muss Kate noch ein kleines Weilchen wach halten. Routine, ruft sie sich streng zur Ordnung, es geht vor allem um Routine. Sie setzt Kate in ihrem Bett ab und lässt ein Bad ein, und eine halbe Stunde lang mühen sie sich beide damit ab, im Wasser herumzuplanschen. Kate fallen bereits die Augen zu, als Ruth sie ins Bett legt, und sie schläft, noch ehe Ruth die zweite Seite des Parkwächter-Buchs zu Ende gelesen hat. Ruth liest das Buch trotzdem aus. Es gefällt ihr, dass die Tiere darin nach dem großen Gewitter alle ein neues Zuhause in dem großen Baum finden. Das Sozialamt von Norfolk wird nach dem Unwetter der letzten Nacht sicher nicht so effizient vorgehen.
    Schließlich schleicht sie sich auf den Flur hinaus. Den ganzen Abend über hat sie sich davor gedrückt, ins Gästezimmer zu schauen, doch jetzt öffnet sie ganz leise die Tür. Das Bett ist ordentlich gemacht, und auf der Bettdecke liegt eine einzelne, wunderschöne lange Feder, wie von einem Fasan. Ruth bleibt lange stehen und betrachtet sie.
     
    Nelsons letzter Besucher überrascht ihn am meisten: Chris Stephenson, der zur Stationstür hereinstolziert, als wäre er auf Staatsbesuch. Zu Nelsons Leidwesen wird er gleich von zwei Schwestern erkannt, die um ihn herumscharwenzeln und ihn mit «Doktor Stephenson» anreden. Sogar einen Tee bieten sie ihm an, obwohl die alte Frau mit dem Rollwagen längst verschwunden ist.
    «Hey, Nelson», begrüßt ihn Stephenson. «Doch noch nicht tot?»
    «Noch nicht.»
    «Sie raten nie, warum ich hier bin.»
    «Wollten Sie mir etwa Blumen bringen?»
    «Die sind doch verboten. Aus Sicherheits- und Hygienegründen.» Stephenson hat gar kein Geschenk mitgebracht, nicht einmal Trauben. Daraus schließt Nelson, dass es sich eher um einen Geschäftsbesuch handeln dürfte als um bloße Sorge um sein Wohlergehen.
    Die Schwestern bringen Tee in abgestoßenen grünen Tassen. Stephenson reitet endlos darauf herum, dass er keinen Zucker braucht, weil er selbst schon süß genug ist. Zum ersten Mal an diesem Tag wird Nelson wieder leicht übel.
    «Ihre Freundin Ruth Galloway», sagt Stephenson als Einleitung und nimmt einen schlürfenden Schluck von seinem Tee.
    «Was ist mit ihr?», fragt Nelson argwöhnisch. Er ist sich nie sicher, wie viel seine Kollegen über seine Beziehung zu Ruth wissen. Judy scheint gewisse Vermutungen über Kates Herkunft zu hegen; Clough hat wahrscheinlich noch nie
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