Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Allen, Louise - Ballsaison in London (H218)

Allen, Louise - Ballsaison in London (H218)

Titel: Allen, Louise - Ballsaison in London (H218)
Autoren: Louise Allen
Vom Netzwerk:
allerlei fremdartigen Substanzen mischte er dort auf magische Weise seine leuchtenden Farben.
      „Mr Harland empfängt mittwochs keine Kunden, meine Herren. Dienstag und Donnerstag sind seine Tage. Bitte, Sir, Sie können jetzt nicht dort hinauf!“
      „Verdammt, ich habe eine Nachricht geschickt und mein Kommen angekündigt. Ich will die Arrangements für das Porträt meiner Tante vereinbaren, und ich habe beileibe nicht die Absicht, mich noch einmal hierher zu begeben, nur, weil es Mr Harland heute gerade nicht passt.“ Arrogant überging die schleppende Stimme Peters erneuten Protest. „Wollen Sie etwa behaupten, er sei nicht hier?“
      „Ja, Sir, ich meine, nein, Sir, er ist hier, aber er …“
      „Ist vielleicht jemand mit ihm oben?“, ertönte eine neue Stimme. Der kühle, süffisante und leicht gelangweilte Tonfall ließ die erste Stimme, die nun wieder ertönte, blasiert und überheblich klingen.
      „Der Mann hier sagt, dass Harland mittwochs keine Kunden empfängt, Nick.“ Dies galt offensichtlich dem gelangweilten Herrn. „Also kann niemand mit ihm oben sein.“
      Und wieder an Peter gewandt, befahl die arrogante Stimme: „Aus dem Weg, Mann, ich habe nicht die Absicht, hier zu stehen und mich den ganzen Nachmittag mit Ihnen herumzustreiten.“
      „Aber der Meister arbeitet mit einem Modell, Sir! Sie können dort nicht hinauf!“ Peters erhobener Stimme nach zu urteilen, hatte sich der Sprecher bereits an ihm vorbeigeschoben und befand sich auf den Stufen.
      „Was? Etwa ein weibliches Modell? Na, das hört sich ja schon besser an! Kommt, Leute, das lassen wir uns nicht entgehen.“ Die Stimme hatte ihre schleppende Arroganz verloren, eine Spur Eifer war jetzt herauszuhören, bei der sich Talithas Nackenhaare sträubten. Sie kamen herauf, und anscheinend waren es mehrere Männer.
      Talitha hatte sich ein Stockwerk tiefer umgezogen; die Erfahrung hatte sie gelehrt, welche Auswirkungen der staubige Dachkammerboden auf ihre schlecht bestückte Garderobe hatte. Das Leintuch war mithin ihr einziger Schutz. Pochenden Herzens warf sie einen verzweifelten Blick in die Runde. Die Dachkammer, im Grunde ein einziger großer Raum, war aufgrund der Regale für die Leinwände und die Stapel verstaubter Requisiten recht verwinkelt. In einer der entstandenen Ecken, verborgen hinter dem größten Regal, befand sich ein mannshoher Schrank mit Tür.
      „Ich verstecke mich im Schrank“, flüsterte sie dem Künstler eindringlich zu, der wegen der Unterbrechung noch immer unwirsch vor sich hin murmelte. „Mr Harland, was immer Sie tun, lassen Sie sie nicht wissen, dass ich hier bin, das wäre mein Untergang!“
      Abwesend nickte er. „Ja, ja, in den Schrank mit Ihnen. Ich frage mich nur, ob einer der Herren wohl ein historisches Werk erstehen möchte?“
      Ohne weiter mit ihm zu diskutieren, lief Talitha auf bloßen Füßen über die rauen Dielen. Gerade war sie hinter dem großen Regal verschwunden, als sich die Stimmen draußen der Dachkammer näherten. Talitha riss die Schranktür auf. Der Schlüssel, der an der Außenseite gesteckt hatte, fiel klappernd zu Boden.
      In ihrer Panik tastete sie blindlings danach, konnte ihn jedoch nicht finden. Mit einem Ausruf der Verzweiflung ließ sie schließlich von der Sucherei ab, schlüpfte in den Schrank und zog die Tür hinter sich zu. Das Innere des Schrankes wurde von einem winzigen, vor Schmutz starrenden und mit Spinnweben behängten Fenster erhellt. In dem Schummerlicht konnte sie lediglich ausmachen, dass der enge Raum absolut kahl war. Es gab nichts, womit sie sich hätte bedecken, nichts, womit sie die Tür hätte verklemmen können. Nicht, dass ihr damit geholfen gewesen wäre, stellte sie darüber hinaus resigniert fest: Die Schranktür ließ sich nach außen öffnen.
      Die Männer hatten die Dachkammer erreicht. Durch die verzogenen Leisten des Türrahmens hindurch unterschied sie nicht weniger als vier Stimmen. Die blasierte Stimme und die kühle erkannte sie wieder. Die Stimmen der beiden anderen Männer ließen ebenfalls auf die gehobene Gesellschaft schließen. Die Aussicht auf das, was sie wohl im Atelier erwartete, hatte allerdings eine gewisse fiebrige Erregung zur Folge, wie sie aus den veränderten Stimmen schloss.
      Bei dieser Erkenntnis wurde Talitha speiübel. Sie griff ins Dunkle, um ihren Überwurf um sich zu wickeln und sich so zumindest notdürftig zu bedecken, ihre Finger stießen jedoch ins Leere, trafen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher