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Allen, Louise - Ballsaison in London (H218)

Allen, Louise - Ballsaison in London (H218)

Titel: Allen, Louise - Ballsaison in London (H218)
Autoren: Louise Allen
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Seitenflügeln.
      Nick hatte ihr wenig Gelegenheit gegeben, das Haus genauer zu betrachten, das mit Blick auf ein sanft gewelltes Tal inmitten der Wälder von Hertfordshire lag. Er hatte sie an einer Reihe knicksender und sich verbeugender Dienstboten vorbeigelenkt, sie den Händen der strahlenden Hausdame übergeben und verkündet, Dinner solle in einer Stunde serviert werden.
      Sobald sie zu ihm in den Speisesaal kam, musste sie den vollständig versammelten Lakaien und einem beeindruckenden Butler entgegentreten. Voller Sorge blickte Talitha über den polierten Mahagonitisch hinweg zu Nick und suchte seinen Blick. Gelassen, zuversichtlich und wohlwollend schaute er sie an. Augenblicklich beruhigt, hob sie das Kinn an und lächelte. Ihre Lakaien, ihr Butler – und sie würde sich von keinem von ihnen einschüchtern lassen.
      Nick war an ihrer Seite, um ihr den Stuhl heranzuschieben, und sie strahlte ihn an. „Danke, Mylord.“
      „Danke dir, Mylady“, flüsterte er zurück. „Morgen nehmen wir drei Zwischenplatten aus dem Tisch und speisen in aller Gemütlichkeit zu Abend.“
      Heute Abend jedoch wollte er, dass sie die Bediensteten beeindruckte, das wusste sie. Auf dem Weg von London hierher hatte er ihr sämtliche Namen aufgezählt. Nach der traumhaften Hochzeit und dem verschwenderisch üppigen Hochzeitsfrühstück, das Lady Parry für sie hatte ausrichten lassen, machte die wunderbare Reise diesen Tag perfekt. Erinnerungsfetzen schossen ihr durch den Kopf: Millie, wunderschön und strahlend, bei ihrem ersten Auftritt im privaten Kreis; Mrs Blackstock, wie sie sich Mr Dover gegenüber in einem ernsten Gespräch über die Schwierigkeiten ausließ, verlässliche Dienstboten für drei Logierhäuser zu finden; Zenna, wie sie schamlos sämtliche Damen der Gesellschaft in die Enge trieb und ihnen Vorträge hielt über die Vorzüge von Bildung für Mädchen, besonders an ihrem exklusiven, neuen Institut.
      Nick hatte sich ihrer offensichtlichen Nervosität ob ihrer Unerfahrenheit angenommen, was die Führung eines solch großen Haushaltes und dessen Dienstboten anging. Er hatte nicht viel dahergeredet, sondern ihr lediglich alles aufgezählt, was sie wissen musste.
      „Danke, Partridge“, sagte sie, an den Butler gewandt, „es kann serviert werden.“
      Mit den Dienstboten zurechtzukommen war die eine Sache, dafür musste sie lediglich ein bisschen schauspielern und Selbstvertrauen vortäuschen, bis sie wirklich sicher war. Etwas anderes war ihr frischgebackener Gemahl: Von all dem Neuen, das sie nun ihr Eigen nennen durfte, würde ihr dabei die Vorspiegelung falscher Tatsachen nicht weiterhelfen.
      Talitha schluckte, zog unwillkürlich die Laken unters Kinn, merkte, was sie tat und schob sie wieder hinab. Er hat dich schon unzählige Male geküsst, tadelte sie sich. Du hast mit ihm in einem Bett gelegen, um Himmels willen. Er hat dich nackt gesehen – und du ihn, wenn man es genau nimmt. Warum jetzt so schüchtern?
      Hätte Nick sich in den vergangenen vier Wochen vor der Hochzeit nicht so zurückhaltend und anständig verhalten, wäre sie jetzt nicht so nervös. Er hatte sie mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt, bis sie zwischenzeitlich so verwirrt war, dass sie dachte, er würde die ganze Sache bedauern und sie doch nicht lieben. Dann wieder fing sie seinen Blick auf, sah die Leidenschaft in diesen Augen brennen, hörte die Zärtlichkeit in seiner Stimme und zweifelte nicht länger.
      Außerhalb ihres Ankleidezimmers knarrte eine Bodendiele. Dieser Raum öffnete sich in eine winzige Eingangshalle und führte dann in seine Gemächer. Talitha schluckte wieder, faltete ihre Hände über dem verknitterten Bettlaken und bemühte sich um Gelassenheit. Etwas kratzte auf den Paneelen, und die Tür öffnete sich. Vor ihr stand ihr Ehemann, gewandet in einen großartigen Morgenmantel aus schwerer, blutroter Seide, die Füße irritierend bloß.
      „Du siehst ganz schön klein aus in dem großen Bett“, meinte er und lehnte sich mit der Schulter an den Türrahmen. „Ist es bequem?“
      Talitha brachte nur noch ein Kieksen zustande. Sie hustete und versuchte es erneut. „Ja, sehr, vielen Dank.“ Warum kam er nicht herein?
      „Ich frage mich, ob du vielleicht zu müde bist und es lieber hättest, wenn ich heute Nacht in meinem Zimmer bleibe.“
      Einen kurzen Moment durchlief sie spürbare Erleichterung. Sie musste sich nicht der schrecklichen Möglichkeit stellen, dass sie ihn
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