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Alle Vögel fliegen hoch

Alle Vögel fliegen hoch

Titel: Alle Vögel fliegen hoch
Autoren: Michaela Seul
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ist eine typische Schockreaktion bei Stichverletzungen. Außerdem merken Sie an der Leber nichts. Wenn man die Leber spürt, ist es immer zu spät. Aber wie gesagt, Sie haben großes Glück gehabt, kein Gefäß wurde verletzt, und es wird nichts zurückbleiben. Ihre vielen anderen Verletzungen
sehen alle schlimmer aus als sie sind. Diverse Prellungen, Quetschungen, Schürfwunden, die Gehirnerschütterung. Am besten, Sie schauen ein paar Tage nicht in den Spiegel. Je nach Verlauf können Sie in ein bis zwei Wochen nach Hause, und dann schonen Sie sich noch ein wenig, und bald leben Sie genauso wie vorher, ohne jegliche Einschränkung. «
    »Kann ich bitte einen Spiegel haben?«
    Dreimal wurde an die Tür geklopft.
    »Das ist die Polizei«, sagte die Ärztin. »War auch gestern und vorgestern da. Heute habe ich einem Gespräch zugestimmt. Aber nur kurz.«
    »Ich dachte, mir fehlt nichts? Ich dachte, ich wäre einen Tag hier, nicht zwei!«
    »Sie haben lange geschlafen und brauchen Ruhe, Frau Fischer.«
    »Bis auf die Kopfschmerzen fühle ich mich ganz gut.«
    »Das freut mich«, lächelte die Ärztin und rief »Ja bitte« zur Tür.
    Ein riesiger schwarzer Hund schoss in das Krankenzimmer.
    »Sind Sie verrückt?«, rief die Ärztin Felix zu. Ich starrte auf das Geschirr an Flippers Rücken. Ein rotes Kreuz auf weißem Grund.
    Felix’ Gesicht sah ernst aus. »Ich muss eine Gegenüberstellung durchführen«, erklärte er der Ärztin.
    »Aber Sie können doch keinen Hund ins Krankenhaus bringen! Auch nicht, wenn Sie Polizist sind.«
    »Das ist kein Hund. Das ist ein Kollege.«
    »Raus!«, rief die Ärztin.

    Felix schloss die Tür. »Genau genommen ist das eine Chefarztvisite«, behauptete Felix und deutete auf das rote Kreuz.
    »Wo gibt’s denn so was!«, rief die Ärztin.
    »Fünf Minuten!«, forderte Felix.
    Der Ärztinnenarm wies Richtung Tür.
    »Drei!«, bat Felix.
    »Raus!«
    »Zwei?« Er klang bittend.
    »Eine! Und ich werde das kontrollieren!«
    Als die Ärztin draußen war, löste Felix die Leine. Mit einem Satz war Flipper an meinem Bett und begrüßte mich, als hätten wir uns Jahre nicht gesehen. Er hatte Recht. Vielleicht waren es sogar Jahrzehnte. Felix lehnte ein wenig befangen neben der Tür. Er war gar kein Kommissar mehr. Er war einfach der Felix. Der beste Schifferlbua vom Starnberger See. Und grinsen konnte der bis zu den Ohren.
    »Kannst du aufstehen?«, fragte er mich.
    »Klar«, sagte ich und setzte mich hoch und versuchte das Schwindelgefühl zu überspielen. Einen kleinen Moment lang kamen mir meine nackten am Bettrand baumelnden Beine falsch vor. Ich kannte Felix doch gar nicht. Aber das stimmte nicht. Wenn man so etwas erlebt hatte, dann kannte man sich von jetzt auf gleich, dann musste man sich nicht erst kennenlernen. Verbrechen waren Abkürzungen. »Soll ich dir helfen?«, fragte Felix.
    Flipper war schneller. Ich stützte mich auf meinen Rettungshund und ging ins Bad. Zum ersten Mal schaltete ich dort das Licht ein. Ich war einige Male hier gewesen, doch wegen der Kopfschmerzen hatte ich nie in den Spiegel geschaut. Irgendetwas stimmte mit diesem Spiegel nicht. Er
hatte anscheinend das Bildnis einer ehemaligen Patientin gespeichert. Ich jedenfalls konnte das nicht sein. Die Frau im Spiegel sah aus, als wäre sie zwischen die Brüder Klitschko geraten.
    »Ich kann nicht raus!«, sagte ich durch die geschlossene Tür zu Felix. »Ich sehe furchtbar aus! Außerdem habe ich keine Klamotten. Ich brauche mein Handy, dann kann ich meine Freundin anrufen, damit sie mir was vorbeibringt. Ich habe nur das Zeug, das sie mir hier gegeben haben.«
    »Ich bring Flipper ins Auto und organisiere was«, sagte Felix.
     
    Eine Viertelstunde später steckte ich in einem übergroßen Trainingsanzug mit einem Polizeisportlogo. Ich war viel schwächer, als ich angenommen hatte, schon am Fahrstuhl zitterten meine Beine.
    »Wart’ mal kurz«, bat Felix mich und kehrte mit einem Rollstuhl zurück. »Ich wollt schon immer mal einen schieben«, behauptete er.
    Dankbar setzte ich mich hinein und ließ mich ins Freie chauffieren. Es hatte den ganzen Tag geregnet und sah nicht einladend aus, dennoch atmete ich auf an der frischen Luft.
    »Da drüben ist der Krankenhauspark«, sagte Felix. »Ich hole Flipper aus dem Auto.«
    Ich deutete auf das Verbotsschild.
    »Schade«, bedauerte Felix.
    »Wie läuft es denn mit dir und Flipper?«, fragte ich das, was mich am meisten interessierte.
    »Ich werde ihn natürlich
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