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Alle Vögel fliegen hoch

Alle Vögel fliegen hoch

Titel: Alle Vögel fliegen hoch
Autoren: Michaela Seul
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behalten«, erwiderte Felix ernst. »Ein Leben ohne Hund ist einfach kein Leben.«

    »Ja. So ist es.«
    »Ich habe allerdings eine Hilfe«, fuhr er fort.
    »Was für eine Hilfe?«, fragte ich. Mir schwante Schlimmstes. Seine Frau?
    »In meiner Nähe wohnt ein Hundeführer. Mein Kollege hat einen großen Garten, und er hat Flipper sehr gern bei sich aufgenommen. Da geht es ihm besser als bei mir im Büro. Das ist dir doch recht?«
    »Ja. Danke.«
     
    Felix schob mich zu seinem Auto, wo er Flipper befreite, der mich erneut begrüßte, als hätten wir uns Jahre nicht gesehen. Ich umarmte meinen großen schwarzen Freund und flüsterte ihm ins Ohr, dass ich ihn liebte und wir bald wieder zu Hause wären, und bedankte mich, weil er die Veränderungen so unkompliziert meisterte. Hunde hassen Veränderungen. Eine kleine Abweichung von der Gewohnheit konnte da sofort auf die Verdauung schlagen. Oder aufs Gemüt. Manche Hunde werden depressiv vor Heimweh.
    Felix befestigte Gurte an meinem Rollstuhl und Flippers Geschirr und lief dann voraus. Der Kommissar war komplett von ihm abgefallen. Er sah aus wie ein frecher übermütiger Junge. »Flipper, zieh an!«
    Flipper drehte sich zu mir, als wollte er eine Erlaubnis einholen und lief dann los. Der Rotkreuzhund mit der Rollstuhlfahrerin.
    Felix steigerte sein Tempo. Flipper galoppierte an. An die Bordsteinkante dachte niemand. Der Rollstuhl lud mich ab wie eine Ladung Krankenhausmüll.

    »Scheiße!«, fluchte Felix, hob den Rollstuhl auf und dann mich.
    »Du bist aber stark«, staunte ich.
    »Ich trainiere täglich«, grinste er. »Für die Yogastunde, die du mir angedroht hast. Schließlich will ich nicht aussehen wie Walter Hartl. Hast du dir wehgetan, Franza?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Das war dumm von mir. Ich bring dich jetzt zurück. Entschuldige. Ich habe mich einfach so gefreut, dass du … wieder da bist. Ich hatte mir wahnsinnige Sorgen gemacht. Und Vorwürfe.«
    »Vorwürfe?«
    »Schließlich bin ich dir noch ein Essen schuldig. Im Undosa«, grinste er.
    Ich hätte das gern erwidert, doch mein ganzes Gesicht tat mir weh.
    »Vielleicht können wir oben in deinem Zimmer noch ein offizielles Gespräch führen? Das ist der …«, er räusperte sich, »… Grund meines Besuches. Ich hätte noch einige Fragen. Bist du dazu bereit?«
     
    Felix setzte Flipper in sein Auto. Der kurze Ausflug hatte mich müde gemacht, was ich mir nicht anmerken lassen wollte. Im Fahrstuhl fragte ich ihn. »Hast du Flipper untersuchen lassen? Er kam mir komisch vor.«
    »Ich habe ihn zu einem Veterinär gebracht. Es ist alles bestens. Ein kerngesunder Hund mit einem Sportlerherz. Es ist allerdings wahrscheinlich, dass er nach dem Äther ziemlich gekotzt hat.«
    »Woher weißt du, dass es Äther war?«

    »Der Täter hat alles, was mit dir zusammenhängt, gestanden. Sehr bereitwillig sogar. Du hast ihn übrigens ganz schön zugerichtet. Also, wenn das stimmt, was er uns erzählt hat … Darüber müssen wir noch einmal gesondert sprechen. Aber die Nase von Flippers Entführer – der Zivi hat mir gesagt, die ist praktisch geschrottet. Eine Flasche mit Äther haben wir auch in dem Raum gefunden, in dem er dich gefangen gehalten hat. Vielleicht wollte er dich damit betäuben.«
    »Oder noch mal Flipper! Ich habe mich gewundert, dass er ihn überhaupt zu mir lässt, aber das hat er wahrscheinlich gemacht, um noch mehr Druck aufzubauen. Flipper war total benommen. Er wankte wie ein Betrunkener. Der konnte ihm nicht gefährlich werden. Er wollte ihm die Ohren abschneiden! Und die Pfoten.« Auf einmal war das Grauen wieder bei mir. Ich atmete schwer.
    »Sollen wir ein andermal sprechen, Franza? Ich möchte dich nicht zu sehr anstrengen, aber ich muss genau wissen, was geschehen ist. Wenn du dich heute noch nicht dazu in der Lage fühlst …«
    »Bringen wir es hinter uns.«
     
    Felix wollte, dass ich mich ins Bett legte, ich bestand darauf, mit ihm am Tisch zu sitzen. Jetzt war er ganz Kommissar. In der Mitte des Tisches stand sein Aufnahmegerät. Das kleine silberne Teil gab mir Sicherheit. Ich musste mir keine Gedanken über mein Aussehen machen. Ich war einfach eine Zeugin und erzählte von dem Moment an, als ich das letzte Mal mit ihm telefoniert hatte.
    »Das deckt sich in den allermeisten Punkten mit unseren Ergebnissen«, stellte Felix fest, als mir nichts mehr einfiel.

    »Wo war ich eigentlich?«, fragte ich. »Ich hatte immer das Gefühl, ich wäre bei diesem Tauben-Rudi auf dem Hof,
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