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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
Autoren: Gerhard Henschel
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Du Lust dazu hast.
    Mein Tagesablauf sieht jeden Tag gleich aus: Gegen halb neun Uhr morgens renne ich durch unsern Wald, um nicht noch fetter zu werden. Ansonsten übe ich viel Trompete und pauke Harmonielehre, denn Ende Februar werde ich ein paar Aufnahmeprüfungen an verschiedenen Hochschulen wagen. Da kannst Du mir jetzt schon mal die Daumen drücken, denn das wird echt stressig.
    So, Alter, ruf mich an und sag mir, wann Du kommst!
    Von Bielefeld nach Erkelenz? Als Hitchhiker? Im Januar? Samstag hin, Sonntag zurück? Ging es nicht noch bekloppter?
    Das Bemerkenswerteste an der Hinfahrt waren die mit schwarzem Filzer auf das blaue Autobahnschild an der westwärts führenden Auffahrt in Sennestadt geschriebenen Worte:
    Bielefeld – mein 1. Fick auf dieser Reise!
    Sollte man das so verstehen, daß dieser unbekannte Tramper sich auf seiner Tour noch weitere Gefälligkeiten erhoffte? Und daß er jetzt vielleicht in Schönhausen einfiel, um Ute Fröhlich flachzulegen? Während wir tapsigen Bielefelder noch darüber nachsannen, welche Bielefelderin er uns da vor der Nase weggeschnappt hatte?
    Georg wohnte mit seiner geschiedenen Mutter in einem dreigeschossigen Reihenhaus. In der Küche gurgelte die Spülmaschine, und in Georgs Zimmer hingen Konzertplakate. »Georg-Krause-Quintett« – da war er der Bandleader.
    »Und? Gut durchgekommen?«
    Ihn würden die Leute auch immer ausfragen, wenn er per Anhalter fahre. Und wenn er von seinem anstehenden Trompetenstudium spreche, würden sie sagen: »Wie, Trompete? Kann man das studieren?«
    Ich schenkte ihm Brinkmanns Gedichtband und las auch was daraus vor.
    Ja, ich bin auf der Straße aufgewachsen, abgehauen aus dem ewigen
    Gerede über Rheumatismus, Überstunden, Schulgeld, Versetzungen,
    und ob sie’s noch schaffen,
    zwischen den Zäunen, zwischen den aufgeteilten
    Gärten, in Mietzimmern mit wurmstichigen Möbeln,
    wo morgens auf dem Fußboden
    die Holzwurmmehlhäufchen lagen …
    »Geil«, sagte Georg. »Und jetzt gehen wir einen heben.«
    Er war noch immer Single. »Was nicht heißt, daß ich in Keuschheit lebe. Bin ja kein Unmensch. Wenn was läuft, dann läuft’s. Und seit ich nicht mehr beim Bund bin und wieder mehr Einladungen zu Gigs annehmen kann, läuft’s sogar ausgesprochen rund! Aber Beziehungskisten – nee. Ich seh das ja bei Freunden, was dann abgeht, und hab’s selber oft genug erlebt. Zuerst der Honeymoon und trallala und alles klar auf der Andrea Doria, und nach ’ner Weile biste wegen jeder Kleinigkeit am Streiten. Oder Zuckerbrot und Peitsche: Deine Freundin läßt dich ran und will dafür an dir herumerziehen. Anderer Haarschnitt, andere Klamotten, andere Läden, andere Freunde … weniger trinken, weniger essen, weniger rauchen, weniger kiffen … früher aufstehen womöglich … und vor allem keine anderen Frauen angraben! Oder sich zumindest nicht dabei erwischen lassen. Kennste ja bestimmt auch selbst. Und da hört’s für mich auf. Da ist der Rubikon. Unterhalb meiner Gürtellinie bin ich Alleinherrscher! Da gibt’s keine paritätische Mitbestimmung! Noch ’n Bier? Komm, darauf trinken wir noch einen!«
    »Wir praktizieren hier die vaterlose Gesellschaft«, sagte Georgs Mutter beim Frühstück. »Kommen denn wenigstens Sie aus ’ner heilen Familie?«
    Eine patente Frau von Ende vierzig. Früh ergraut, aber lustig und vif. Auf einen Ehemann wie Papa plus Garten und Werkstatt wäre die nicht wild gewesen. Bei den meisten Ehemännern rätselte man ohnehin darüber, wie sie unter die Haube gekommen waren. Und weshalb sie nicht wie Häuptling Majestix von Gutemine angeschrien wurden: »Ich hab’s satt, mich für einen dicken Barbaren aufzuopfern, der keinen Grips im Kopf hat … und der nicht die geringste Achtung vor mir hat, wo ich ihm die besten Jahre meines Lebens geopfert habe …«
    Am Sonntagabend saß ich wieder in Bielefeld und dachte nach. Hätte ich Musiker werden sollen?
    Jedenfalls nicht Pianist. Viel zu zeitaufwendig.
    Und Gitarre lernen? Blues und Rock und Folk? Als spätberufener Quereinsteiger durch die Lande ziehen: Burg Waldeck, Star Club, London Palladium und Carnegie Hall? Martin Schlosser live at the Hollywood Bowl?
    On a tour of one night stands
    My suitcase and guitar in hand …
    Während ich mich noch fragte, ob ich dafür nicht zu alt sei, setzte oben das Geklampfe wieder ein, und ich ließ alle diesbezüglichen Planspiele sausen.
    Toll, wenn morgens das Fahrradlicht nicht anging und man auf dem Bürgersteig, auf
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