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Alle sieben Wellen

Titel: Alle sieben Wellen
Autoren: Daniel Glattauer
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hätte ja gesagt. Ehrlich!
     
    30 Sekunden später
    AW:
    Ehrlich? Scheiße!
     
    50 Sekunden später
    RE:
    Aber die Szene vor dem Haustor war auch nicht schlecht, Lieber. Ich habe schon viele gute Haustor-Schmuse-Szenen erlebt. (Zugegeben, die meisten im Kino.) So gut und dauerhaft war selten eine. Und sie hat absolut keine Längen gehabt. Ich hab mich gefühlt wie mit siebzehn.
     
    40 Sekunden später
    AW:
    Es war ein überwältigender Abend, Liebe!
     
    50 Sekunden später
    RE:
    Ja, überwältigend, das war es! Nur eines verstehe ich nicht, Lieber.
     
    30 Sekunden später
    AW:
    Was denn, Liebe?
     
    20 Sekunden später
    RE:
    Wie konntest du, wie konntest du, wie konntest du?
     
    30 Sekunden später
    AW:
    Sag schon!
     
    40 Sekunden später
    RE:
    Wie konntest du vier von sieben Stück dieser sensationellen Penne Asparagi e Prosciutto in Salsa Limone stehen lassen?
     
    50 Sekunden später
    AW:
    Ich hab’s für dich getan!
     
    30 Sekunden später
    RE:
    Das rechne ich dir hoch an.
     
    50 Sekunden später
    AW:
    So, liebe Emmi. Jetzt melde ich mich ab, schließe die Augen, halte die Zeit an und träume – davon und darüber hinaus. Kuss!
     
    40 Sekunden später
    RE:
    Schlaf gut, Süßer! Am Abend schreibe ich dir, was mir sonst noch aufgefallen ist. Kuss zurück! Nein, nicht zurück. Du kriegsteinen eigenen. Deinen behalte ich mir. Solche wie deine erhält man nicht alle Tage.
     
    Neun Stunden später
    Betreff: Auffälligkeit
    Lieber Leo, bist du schon munter? Also: Du hast gestern Abend kein einziges Mal den Namen »Bernhard« in den Mund genommen.
     
    40 Sekunden später
    AW:
    Du auch nicht, Emmi.
     
    50 Sekunden später
    RE:
    Ich kann mich diesbezüglich beherrschen. Aber von dir bin ich es nicht gewohnt, mein Lieber.
     
    Acht Minuten später
    AW:
    Du wirst dich möglicherweise daran gewöhnen müssen (oder dürfen), meine Liebe. Auch ich bin manchmal lernfähig: Bernhard ist deine Sache, nicht meine. Er ist dein Mann, nicht meiner. Wenn du mich küsst, ist das dein Gewissen, nicht meines. Oder es ist gar kein Gewissen, weil Bernhard ja von uns weiß ... oder zumindest wüsste ... oder damit rechnen müsste ... oder es sich denken könnte ... oder: Keine Ahnung, ich kenne mich nicht mehr aus mit deiner Version von Vernunft und Offenheit, ich habe den Überblick verloren. Nein, mehr noch, ich habe das Interesse verloren: Ich will nicht mehr über einen ewigen Schatten namens Bernhard springen müssen, wenn ich an dich denke. Ich muss auch nicht mehr vor Pamela insgeheim in den Boden versinken, wenn ich an dich denke. Ich denke an dich, wenn es mir passt, sooft und in welcher Art ich will. Nichts hindert mich daran, keiner hemmtmich mehr dabei. Weißt du, wie befreiend das ist? Unsere gestrige Begegnung war für mich wie ein Quantensprung. Es ist mir gelungen, dich so zu sehen, als wärest du einzig und allein für mich da, als hätte man dich eigens für mich erfunden, als wäre das italienische Restaurant extra für uns eröffnet worden, als hätte man den Tisch absichtlich so gebaut, dass sich unsere Beine darunter berühren können, als hätte man den gelben Ginsterstrauch vor meinem Haustor ausschließlich für uns gepflanzt, damals vor zwanzig Jahren, in weiser Voraussicht, dass er aufblüht, wenn wir uns zwanzig Jahre später davor küssen und umschlingen werden.
     
    Sieben Minuten später
    RE:
    Das hast du vollkommen richtig gesehen, mein Lieber. ICH WAR GESTERN EINZIG UND ALLEIN FÜR DICH DA! Und diesen Blick von dir, der mich und nur mich erfasst und alles rundherum verschwinden lässt, diesen Blick, der die gelb aufblühenden Ginsterbüsche für uns gepflanzt, die Welt für uns erschaffen sieht, diesen Blick, bitte, bitte, bitte, präge ihn dir ein! Trainiere ihn vor dem Einschlafen, wiederhole ihn beim Aufwachen, übe ihn vor dem Spiegel. Geh sparsam damit um, verschwende ihn nicht für andere, schütze ihn vor Zugriffen und grellem Sonnenlicht, setze ihn keinen Gefahren aus, pass auf, dass er dir beim Transport nicht zerbricht. Und wenn wir uns wiedersehen, dann pack ihn aus! Denn dieser Blick, mein Lieber, der wirft mich um, der macht mich wahnsinnig. Dafür allein hat es sich gelohnt, zweieinhalb Jahre auf E-Mails von dir zu warten. Leo, so hat mich noch nie jemand angesehen. So, so, so. Ja. Genau so. Das wollte ich dir noch sagen. Das war jetzt übrigens ein Kompliment, ein kleines, Süßer. Hast du’s bemerkt?
     
    Zehn Minuten später
    AW:
    Weißt du was, liebe Emmi? Hören wir auf für
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