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Alle meine Wünsche (German Edition)

Alle meine Wünsche (German Edition)

Titel: Alle meine Wünsche (German Edition)
Autoren: Grégoire Delacourt
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Fauchen eines schnellen Autos weit davongetragen, in einem Flugzeug auf ferne Inseln entführt zu werden. Ich hatte von roten Cocktails, weißem Fisch, Rosenpaprika und Jasmin geträumt, nicht von einem Kaffee im Tabac des Arcades. Nicht von einer feuchten Hand auf meiner. Nicht von diesen Worten ohne Eleganz, diesen öligen Phrasen, damals schon diesen Lügen.
    Also habe ich an jenem Abend, nachdem mich Jocelyn Guerbette gierig und ungeduldig geküsst hatte, nachdem ich ihn sanft zurückgestoßen hatte und er mit dem Versprechen gegangen war, am nächsten Tag wiederzukommen, mein Herz geöffnet und meine Träume davonfliegen lassen.

    I ch bin glücklich mit Jo.
    Er vergisst keinen Hochzeitstag. Am Wochenende werkelt er gern in der Garage. Er baut kleine Möbel, die wir auf dem Trödelmarkt verkaufen. Vor drei Monaten hat er uns W-Lan installiert, weil ich mir überlegt hatte, ein Internet-Blog über meine Handarbeiten zu schreiben. Manchmal kneift er mich nach dem Essen in die Wange und sagt: Du bist eine Nette, Jo, du bist eine Gute. Ich weiß. Das mag Ihnen etwas machomäßig vorkommen, aber es kommt von Herzen. Jo ist so. Mit Finesse, Leichtigkeit, den Feinheiten der Sprache kennt er sich nicht so aus. Er hat nicht viele Bücher gelesen; er zieht die Zusammenfassungen den langen Debatten, die Bilder den Artikeln vor. Er mag die Fernsehfolgen von Columbo, weil man von Anfang an weiß, wer der Mörder ist.
    Ich mag Wörter gern. Ich mag die langen Sätze, die endlosen Seufzer. Ich mag es, wenn die Worte manchmal verbergen, was sie sagen, oder es auf neue Weise sagen.
    Als ich klein war, führte ich Tagebuch. Ich habe am Tag des Todes meiner Mutter aufgehört. Als sie fiel, hat sie auch meinen Stift fallen und viele Dinge zerbrechen lassen.
    Wenn Jo und ich uns unterhalten, spreche vor allem ich. Er hört mir zu und trinkt sein unechtes Bier, manchmal nickt er sogar zustimmend, um mir zu zeigen, dass er mich versteht, dass er sich für meine Geschichten interessiert, und auch wenn das nicht stimmt, ist es doch nett von ihm.
    Zu meinem vierzigsten Geburtstag hat er in der Fabrik eine Woche Ferien genommen, hat die Kinder zu ihrer Großmutter gebracht und ist mit mir nach Étretat gefahren. Wir haben im Hôtel de l’Aiguille Creuse gewohnt, mit Halbpension. Wir haben vier wunderbare Tage dort verbracht, und es kam mir zum ersten Mal im Leben so vor, als sei es genau das: verliebt zu sein. Wir machten lange Spaziergänge auf der Steilküste und hielten uns bei den Händen; manchmal, wenn keine anderen Spaziergänger da waren, drückte er mich an den Felsen und küsste mich auf den Mund, seine freche Hand verirrte sich in meine Unterhose. Er hatte schlichte Worte, um sein Verlangen zu beschreiben. Schinken ohne Schwarte. Ich kriege einen Ständer. Du machst mich geil. Und an einem Abend, in der violetten Stunde auf der Falaise d’Aval, habe ich Danke gesagt, habe gesagt: Nimm mich, und er hat mich dort geliebt, draußen, schnell, brutal, und es war gut. Als wir ins Hotel zurückkamen, hatten wir rote Wangen und einen trockenen Mund, wie beschwipste Jugendliche, und es war eine schöne Erinnerung.
    Sonnabends hängt Jo gern mit seinen Kollegen aus der Fabrik rum. Sie spielen im Café Georget Karten, sie erzählen sich Männergeschichten, sie sprechen von den Frauen, tauschen ihre Träume aus, manchmal pfeifen sie Mädchen im Alter ihrer Töchter hinterher, aber es sind gute Kerle; viel Dampf und wenig Braten , wie man bei uns sagt; es sind unsere Männer.
    Jeden Sommer gehen die Kinder zu Freunden, und Jo und ich fahren für drei Wochen in den Süden, nach Villeneuve-Loubet, auf den Camping du Sourire. Dort treffen wir J.-J. und Marielle Roussel, die wir auf dem Campingplatz zufällig vor fünf Jahren kennengelernt haben – sie sind aus Dainville, nur vier Kilometer von Arras entfernt! –, sowie Michèle Henrion aus Villeneuve-sur-Lot, der Hauptstadt der Backpflaumen. Sie ist älter als wir und unverheiratet geblieben; das kommt daher, dass sie die Kerne lutscht, behauptet Jo, und er meint die Kerle. Anzüglichkeiten beim Pastis, Grillabende, Sardinen, der Strand in Cagnes gegenüber der Pferderennbahn, wenn es sehr warm ist, ein oder zwei Mal Marineland, die Delphine, die Robben und dann die Wasserrutschen, unsere Schreckensschreie jedes Mal, die in Lachen und kindliche Freude münden.
    Ich bin glücklich mit Jo.
    Es ist nicht das Leben, von dem die Worte in meinem Tagebuch aus der Zeit träumten, als Maman noch
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