Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle jagen John Mulligan

Alle jagen John Mulligan

Titel: Alle jagen John Mulligan
Autoren: Friedrich Gerstäcker
Vom Netzwerk:
würden, und draußen hätten sie ihnen leicht zu früh begegnen können. Nur ein Bote wurde hinüber nach Cooleys Station geschickt, Mr. Lindsay von dem bisherigen Resultat in Kenntnis zu setzen, denn Tolmer wußte nicht, ob er seine Hilfe vielleicht morgen in Anspruch nehmen müsse. Lindsay war aber schon wieder nach Hause geritten, und der zu ihm gesandte Polizist mochte ihm dahin nicht folgen, um keinen unnötigen Verdacht zu erregen.
    Borris, mit dem Busch vertraut, führte zur bestimmten Zeit die kleine Schar sicher in die Gegend, in der er das Lager der Verbrecher wußte. In dessen Nachbarschaft angelangt, blieb ihnen aber nichts weiter übrig, als erst den vollen Einbruch der Nacht abzuwarten; dann schlichen sie vorsichtig dem Lager der Sträflinge zu, bis sie das Feuer sehen konnten.
    Es war aber immer noch nicht dunkel genug, und Tolmer ließ seinen kleinen Trupp in einem Dickicht versteckt, um vorher selbst den Platz einmal zu erkunden.
    Auf Händen und Füßen, jeden Strauch und Baumstamm nutzend, die ihn decken konnten, kroch er näher und näher zu dem Feuer, und da er auch die Vorsicht gebraucht hatte, den Wind zu beachten, für den Fall, daß sie Hunde bei sich haben sollten, kam er bald nahe genug, die sich um die Glut her bewegenden Gestalten deutlich zu erkennen. - Es waren aber mehr als vier Männer, die sich dort gelagert hatten, denn von da aus, wo er sich befand, konnte er klar und deutlich fünf Personen unterscheiden, die bald ausgestreckt am Feuer lagen, bald aufstanden und um die Flammen herumgingen. War Mulligan doch zu ihnen gestoßen, sie zu warnen? Aber dann wären sie keinesfalls an ihrem alten Lagerplatz geblieben, und wer konnte der fünfte sein?
    »Mit gefangen, mit gehangen«, murmelte Tolmer vor sich hin; und fest entschlossen, sich die schon halb im Netz sitzende Beute nicht wieder entgehen zu lassen, kroch er zu den Seinen zurück und teilte ihnen den Plan mit, den er sich in der Schnelle entworfen hatte.
    Die Dämmerung ist in Australien außerordentlich kurz, und fast unmittelbar nach der sinkenden Sonne tritt auch die Nacht ein. Die Polizeileute brauchten deshalb nicht lange im Hinterhalt zu liegen, und Tolmer verließ jetzt seine genau instruierte Mannschaft, das beschlossene Wagnis auszuführen.
    Er umschlich das Lager in einem weiten Bogen, bis er es zwischen sich und die Seinen brachte, ging dann noch eine Strecke in den Busch hinein, von den Buschrangern fort, und ließ dort den in Australien gebräuchlichen und von den Australiern übernommenen Waldruf »Ku-ih! - Ku-ih!« erschallen.
    Am Anfang war alles ruhig, und niemand antwortete ihm; endlich aber, nachdem die Buschranger wahrscheinlich miteinander beraten hatten, daß jemand, der so laut im Wald herumschrie, ihnen schwerlich gefährlich sein könne, antwortete einer von ihnen mit dem gleichen Laut, und Tolmer brach jetzt, soviel Geräusch wie irgend möglich machend, durch die Büsche dem Lagerplatz zu.
    Diesen erreichte er bald und fand hier die kleine Schar von Verbrechern, die Musketen im Anschlag, seiner harrend am Feuer.
    »Holla«, redete ihn einer von ihnen an, »was habt Ihr denn da bei Nacht und Nebel im Wald herumzuschreien?«
    »Gott sei Dank«, sagte Tolmer, wie er nun den freien Platz erreichte, »da sind doch wenigstens Menschen mit einem vernünftigen Feuer. Ich glaubte schon, ich müßte die Nacht draußen allein unter einem Baum liegenbleiben. - Wie geht's miteinander?«
    »Hm, gut«, antwortete der eine von der Schar, »aber wo kommt Ihr her?«
    »Vom Nordufer«, sagte Tolmer, auf alle Fragen vorbereitet. »Ich wollte nach Cooleys Station, habe aber den Weg verfehlt und bin in den verdammten Känguruhdornen beinahe umgekommen. Wie weit ist's noch bis dahin, und führt ein Weg hin?«
    »Verwünscht wenig, was Ihr von einem Weg bis dahin finden werdet«, brummte ein anderer. »Wenn Ihr nicht nach den Sternen marschiert, könnt Ihr Euch ein Jahr lang im Busch herumdrehen.«
    »Wie weit habe ich wenigstens bis zum Strande?« fragte Tolmer wieder, der mit raschem Blick die Schar überflogen hatte und sich jetzt mit dem Rücken zum Feuer stellte, daß sein Gesicht nicht zu hell beleuchtet wurde. Er fühlte sich doch nicht so recht sicher, ob ihn nicht einer oder der andere von den Burschen kannte. Ebenso hatte er schon bemerkt, daß es nur vier Weiße und ein Australier waren, den sie irgendwo aufgelesen haben mochten.
    »Bis zum Ufer«, sagte der erste wieder, »mag es etwa drei Meilen sein, wenn Ihr
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher