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Alle Familien sind verkorkst

Alle Familien sind verkorkst

Titel: Alle Familien sind verkorkst
Autoren: Douglas Coupland
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nicht.«
    »Du würdest staunen, was ich heutzutage alles glaube. Versuch's einfach.«
    Am anderen Ende blieb es einen Moment lang still. »Ich bin in eine Schlägerei geraten, weil so ein Typ - so ein Wichser - sich über Gott lustig gemacht hat.«
    »Gott.« Das kann nicht sein Ernst sein.
    »Ja, genau.«
    »Inwiefern?«
    »Er war total unverschämt. Er meinte: ›Gott ist ein Arschloch ‹ und ›Gott ist alles scheißegal, und er hörte gar nicht wieder auf, da musste ich ihn einfach zum Schweigen bringen. Ich glaube, er war an dem Tag gefeuert worden.«
    »Du hast Gottes Ehre verteidigt?«
    »Ja.«
    Jetzt bloß in kein Fettnäpfchen treten, Janet. »Wade, ich weiß, dass Beth sehr religiös ist. Wirst du's jetzt auch?«
    »Ich? Vielleicht. Nee. Ja. Nein. Hängt davon ab, wie man Religiosität definiert. Beth wird dadurch gelassener, und vielleicht ...«Er stockte. »Vielleicht gibt es auch mir Ruhe.«
    »Du hast also die Nacht im Gefängnis verbracht?«
    »Sicher und geborgen in den Armen eines zweihundert Kilo schweren Kaufhausdiebs namens Bubba.«
    »Wade, ich kann dich nicht abholen. Ich glaube, heute wird mal wieder so ein schlapper Tag. Außerdem riecht der Wagen, den ich gemietet habe, wie der Teppichboden in einem Studentenwohnheim - und die weißen Straßen hier unten machen mich ganz müde.«
    »Mom, komm schon ...«
    »Stell dich nicht an wie ein Baby. Du bist zweiundvierzig. Benimm dich auch so. Du hast es gestern nicht mal rechtzeitig ins Hotel geschafft.«
    »Ich habe einen kleinen Umweg gemacht, um einen Freund in Tampa zu besuchen. Unterwegs hab ich angehalten, um etwas zu trinken. He - behandel mich nicht, als war ich Bryan. Schließlich hab ich die Schlägerei nicht angefangen oder ...«
    »Sei still! Ich will nichts mehr hören. Ruf dir ein Taxi.« »Ich hab nicht genug Geld bei mir.«
    »Du kannst dir nicht mal ein Taxi leisten? Wie willst du dann das Hotel bezahlen?« Wade blieb stumm. »Wade?«
    »Sarah legt es aus, bis wir es ihr zurückzahlen können.« Ein betretenes Schweigen folgte.
    »Mom, wenn du wirklich wolltest, könntest du mich abholen. Das weiß ich genau.«
    »Ja, ich schätze, das könnte ich. Aber ich finde, du solltest deinen Vater anrufen, da unten in ... wie heißt das Kaff noch mal?«
    »Kissimmee - und das habe ich bereits.« »Und?«
    »Er ist mit Nickie Marline angeln gefahren.«
    »Marline angeln? Macht man das noch?«
    »Weiß ich nicht. Ich schätze schon. Ich dachte, die Viecher wären ausgestorben. Vermutlich haben sie einen Mann in einem Neoprenanzug dabei, der einen großen Plastik-Marlin an ihrer Angelschnur befestigt.«
    »Marline sind so hässlich. Sie erinnern mich an die Fitness-Räume, die manche Leute 1958 in ihren Keller eingebaut und nie wieder benutzt haben.«
    »Ich weiß. Es ist schwer vorstellbar, dass sie überhaupt je existiert haben.«
    »Er ist also mit Nickie Marline angeln?«
    »Ja. Mit Nickie.«
    »Diese miese Schlampe.«
    »Mom?«
    »Wade, ich bin keine Heilige. Ich habe jahrzehntelang alles runtergeschluckt - darauf wurden Mädchen meines Alters trainiert, und deshalb haben wir alle einen entzündeten Dickdarm. Außerdem ist ein Quäntchen deftiger Sprache dann und wann ganz erfrischend. Gerade gestern hab ich im Internet nach Informationen über Vitamin-D-Derivate gesucht, und plötzlich, plonk! lande ich auf der Anal-Love-Website. Ich gucke mir grade einen Cheerleader im Ledergeschirr an -«
    »Mom, wie kannst du dir bloß solche Websites anschauen?«
    »Wade, darf ich dich daran erinnern, dass du gerade irgendwo in Orlando auf einer Deponie für menschlichen Müll stehst? Und da schockiert es dich, eine fünfundsechzigjährige Frau an einem öffentlichen Fernsprecher übers Internet reden zu hören? Du würdest nicht glauben, auf was für Sites ich schon gewesen bin. Und in was für Chatrooms. Ich bin nicht immer Janet Drummond, musst du wissen.«
    »Mom, warum erzählst du mir das?«
    »Ach, vergiss es. Aber deine Stiefmutter ist trotzdem eine miese Schlampe. Ruf Howie an - vielleicht kann er dich abholen.«
    »Howie ist so langweilig, dass ich in seiner Gegenwart jedes Mal fast einschlafe. Kaum zu fassen, dass Sarah so eine Null geheiratet hat.«
    »Ich habe sie zur Welt gebracht, und ich muss heute mit ihm nach Cape Canaveral fahren.«
    »Uuh - das ist hart. Wieder so eine NASA-Veranstaltung?«
    »Ja. Und du bist herzlich eingeladen mitzukommen.«
    »Moment mal, Mom - warum bist du nicht bei all den anderen im Peabody? Weshalb wohnst
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