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Allawa

Allawa

Titel: Allawa
Autoren: Unknown
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Satzteil »im Ernst äußerst scharf« gefiel mir nicht, ich überlas ihn einfach.
    Aber die Eltern unerbittlich. Da die Größe stimmte, war nun wieder ich zu klein, noch zu wenig »älter«. Warten, bis man vor Kummer gestorben ist, dann wird es allen leid tun.
    Inzwischen sammelte ich emsig Bilder aller Rassen und klebte sie alphabetisch geordnet in ein großes Ringbuch. Besonders ergiebig war die dicke Weihnachtsnummer der englischen Zeitschrift > Our Dog<, die ich geschenkt bekam; fast von sämtlichen Rassen fanden sich viele preisgekrönte Vertreter darin. Ich gab mir große Mühe, schnitt mit angehaltenem Atem aus, klebte sauber, schrieb in Zierschrift mit Tusche schwierige Namen ab: »Champion Mosilauke Yuan- Dah «, » Tighna Carngowan Chiel « oder »Mark of Crombie , nach Mick of Crombie , aus Sophie of Crombie «.

    Leidend, wartend gab ich sogar Hundekunde. Aus irgendeinem Grund hatte ein Teil meiner Schulklasse wöchentlich eine Ausfallstunde, das benützte ich, um Unterricht zu erteilen.
    Ich hatte eine zwölffach gefaltete Karte mit sechsunddreißig Abbildungen von Hunderassen bekommen, die heftete ich an die Wandtafel, zeigte mit dem Stock und fragte ab. Es war ein Genuß, einmal in der Art zu sprechen, unter der man die ganze Woche durch litt; auf dieser Seite des Zimmers, neben dem Katheder, wurde das Plagen und Fallenstellen etwas ganz Natürliches. Wieviele Zähne oder Zehen, welche Gruppen, Herkunftsländer, Rassen mit A, mit B — ungefähr in diesem Ton, hart, äußerlich, sinnlos, auf Versagen erpicht. Ein Mädchen, das in einer Probe » Erdel « schrieb, mußte zehnmal »Airedale« schreiben. Sie nahmen meine Rolle ganz ernst.
    Als Schülerin aber ließ ich bedenklich nach. Nicht nur bei den Aufsätzen krankte ich an unübersteigbarer Blockierung, auch jedes andere Heft kam von den Lehrern rot verunziert zurück. Meine Eltern wurden besorgt.
    »Wenn ich einen Hund hätte...«, murmelte ich.
    Mein Vater hielt es für gut, mir diesen Wunsch zu erfüllen, mir damit einen Auftrieb zu geben. Meine Mutter fand, die Reihenfolge sollte andersherum sein: erst Sich-Zusammennehmen, dann Belohnung. Ja, aber wie nimmt man gebrochene Herzstücke zusammen. Ich konnte nur stumm auf meinen Tod warten.
    Dann sollte ich vor Weihnachten wie immer einen sauber geschriebenen Wunschzettel abliefern. Ich war eigentlich viel zu traurig für Wünsche, aber während ich nachdachte, wurde mir etwas besser:
    »1 kleines Halsband
    1 kleiner Schlafkorb
    1 dünne Leine
    1 Kauknochen
    1 Ball
    1 kleine Wasserschüssel
    1 kleine Fressschüssel
    i Matratze zum Korb
    Etwas Hundekuchen«

    Hatte die »Fressschüssel« wirklich drei s * , oder war auch das wieder falsch? Neun Wünsche, das ging an sich, meine Mutter wollte ja nur auswählen.
    Ich legte den Zettel gefaltet hin und verkroch mich ins Bett. Im Dunkeln sah er mich mit seinen biederen Augen an, energisch, stand im Buch, aber auch zärtlich, das wußte ich allein. Energisch zärtlich. Irgendeinmal würde es Wirklichkeit sein.
    Man träumt nur — und ahnt nicht, daß man sich damit rote Fäden von Lebenslänge einfädelt.

Primus

    In drei Tagen käme er, sagten die Eltern kurz nach meinem zwölften Geburtstag. Durch einen Schulkameraden hatte mein Bruder zufällig von jungen Boxern auf dem Land gehört, war abgesandt worden, hatte einen für mich ausgesucht. Merkwürdig, wie unglaublich und dabei selbstverständlich etwas sein kann, ich schluckte, nickte.
    Seine Siegerabstammung interessierte mich nicht. Er war goldrot, und mein Bruder hatte ihn gewählt, weil er sich nachdenklich kratzte, abseits von seinen Geschwistern. Mehr brauchte man nicht zu wissen. Vielleicht zählte er jetzt schon die Stunden wie ich.
    Aber wie sollte er heißen? Das mußte mein Vater finden, der von jeher unsere Papierfiguren getauft hatte.
    »Wie wäre Primus ?«
    »Primus?«
    »Primus inter pares. Und vor allem: dein erster Hund.«
    Unter »erster Hund« konnte ich mir wenig vorstellen. Es war doch einfach mein Hund auf immer. Andere Leute hatten plötzlich neue Hunde, und Harro war gestorben, weil er eben Harro war, das ist etwas andres als meiner. Aber der Name gefiel mir, ja, Primus.

    Zwei Männer lieferten die Kiste ab. Unter dem Lattendeckel bewegte sich etwas Haselnußfarbenes . Sie trugen die Kiste in das Kellerzimmer, wo er wohnen sollte; mein Vater zahlte, dankte.
    Cid, der Zwergschnauzer, kläffte gesträubt. Primus wurde herausgehoben, auf den Boden gesetzt, und im nächsten
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