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Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Alix ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Alix ... : Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Helene Luise Köppel
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zu kränken? Willst du den Stock spüren?“ Sie packte ihre Älteste beim Arm und schüttelte sie heftig, wobei ihr die weiße Spitzenmantille, die sie seit dem Tod Wilhelms trug, ins Gesicht rutschte. Mit einer ungeduldigen Bewegung schlug sie den Schleier zurück. „Es ist beschlossen. Estrella wird dich begleiten, sie packt bereits deine Truhen. Füge dich.“
    „Niemals“, stieß Alix hervor und brach damit die dritte und wichtigste Regel, der Mutter nicht zu widersprechen. „Niemals gehe ich nach Cahors, eher ... eher will ich sterben!“

    Und nun befand sie sich entgegen ihrer Androhung dennoch auf dem Weg in diese schreckliche Stadt. Aber was hätte sie tun sollen? Sie war zu jung, um wegzulaufen, mit ihren knapp vierzehn Jahren. Und nachdem selbst Pater Nicolas ihr noch einmal gut zugesprochen hatte ...
    Alix nahm den Kranz vom Kopf, den ihr die dicke Blanche zum Abschied in die Sänfte geworfen hatte. Einen solchen versprach sie ihr zur Hochzeit. Zur Hochzeit!
    Sie strich über die samtenen Rosenblüten, roch an den trockenen Rispen des Lavendels, die einen vertrauten heimatlichen Duft verströmten und wohl gerade deshalb von Blanche in den Kranz eingeflochten worden waren. Tief in ihrem Inneren zog sich etwas zusammen. Pater Nicolas konnte sagen, was er wollte: Sie fühlte sich um ihr Recht betrogen!
    Bis zum gestrigen Tag hatte sie darauf gebaut, dass der Frühling ihres Lebens und mit ihm das Glück in Carcassonne begann. Nun war dieser Traum vorüber, noch bevor er angefangen hatte. Carcassonne war für sie auf immer verloren, die Hochzeit geplatzt. Und mit dem „Cahors“ zu ziehen, versprach nichts Gutes, dessen war sich auch Inés sicher gewesen.
    Mit geschürzten Gewändern waren die Schwestern quer über den Ehrenhof gerannt, an den Stallungen und der Olivenpresse vorbei, bis zu dem kleinen, fast gänzlich mit wildem Knöterich zugewachsenen Tor, das in das Wurzgärtlein der Mönche führte. Dort, wo sich heimelige Laubengänge entlang der Beete zogen und man durch Mauerschlitze auf die Hänge der Stadt mit ihren Obst- und Gemüsegärten, sowie auf den Fluss Lez hinabschauen konnte, der bei Sturm und nach starkem Regen oft ungestüm über seine Ufer trat, ließen sie sich keuchend auf einer Bank nieder.
    Der Soldat, den der alte Torwächter hinter den Mädchen herschickte, um sie zu bewachen, blieb außerhalb der Klostermauern; er hockte sich in den Schatten einer hohen Pinie und setzte sein Schläfchen fort. Er wusste, es würde eine geraume Weile dauern, denn der Klostergarten galt den Mädchen als ihre geheime Zuflucht. Hier besprachen sie all die Dinge, die sie sich im Turm, vor allem in der Nähe ihrer Mutter, nicht zu sagen trauten.
    „Ich wünschte, Doña Agnès wäre tot und Vater lebte!“, stieß Alix hervor, als sie unter sich waren.
    „Versündige dich nicht“, mahnte die Jüngere und bekreuzigte sich. Dann jedoch fasste sie die Schwester beim Arm: „Was sollen wir nur machen?“
    Alix bedachte Inés mit einem Blick, in dem Zuneigung, aber auch Neid lag. „Du brauchst gar nichts zu tun, Inés“, platzte es aus ihr heraus, „du gehst im Frühling an den Hof von Carcassonne, heiratest an meiner Stelle den Mann, den … den ich liebe. So sieh mich nicht so verwundert an! Ja, ich liebe den Trencavel, seit mir Vater sein Bildnis geschenkt hat. Doch ich weiß auch“ - das versuchte sie nun sich selbst einzureden - „dass die echte Minne stets unerhört bleibt. Die Liebe, die keine Erfüllung findet, ist die wertvollste überhaupt, so steht es geschrieben.“ Verstohlen wischte sie sich eine Träne aus den Augenwinkeln. „Glaub mir, Inés, hinter all dem steckt der Cahors! Er hat der Mutter eingeredet, dass ich in Carcassonne der Häresie anheim fallen könnte. Aber er tut mir Unrecht! Ich verehre wie wir alle hier in Montpellier unsere Schwarze Madonna und bete fleißig den Rosenkranz. Ach, warum habe ich an Ostern nur nicht meinen Mund gehalten!“
    Der verzweifelte Ausbruch des Mädchens ging auf ein Ereignis zurück, das sich kurz nach den Begräbnisfeierlichkeiten für den Vater zugetragen hatte. Die dicke Blanche, die immer dann in der Küche half, wenn sich Gäste auf der Burg befanden, war in Verdacht geraten, eine Ketzerin zu sein. Im Beisein des Bischofs war es zu einer scharfen Befragung gekommen, in deren Verlauf es Alix gewagt hatte, aufzulachen. Sie hatte sich nicht beherrschen können, als Blanche in ihrer unnachahmlich trockenen Art behauptete, dass sie schon
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