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Alice Bhattis Himmelfahrt - Hanif, M: Alice Bhattis Himmelfahrt

Alice Bhattis Himmelfahrt - Hanif, M: Alice Bhattis Himmelfahrt

Titel: Alice Bhattis Himmelfahrt - Hanif, M: Alice Bhattis Himmelfahrt
Autoren: Mohammed Hanif
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den Puls zu fühlen. Sobald sie Zainabs Handgelenk berührt, fährt Noor mit einem Stöhnen auf und springt vom Stuhl. „Wann bist du gekommen? Wo warst du? Dein Mann hat dich gesucht.“
    „Da hätte er erst mal zu Hause nachschauen sollen. Was ist mit deinem Auge passiert?“
    „Zuerst sagst du mir, was du Teddy erzählt hast.“
    „Erst muss ich ihn ja mal sehen, bevor ich ihm etwaserzählen kann. Dein Auge sieht schlimm aus.“
    „Du hättest es mal ohne den Verband sehen sollen. Der Augapfel hing raus wie in einem Cartoon. Er glaubt, zwischen uns wäre etwas.“
    „Was soll das heißen?“
    „Er glaubt, wir wären ein Liebespaar.“
    Alice fängt an zu lachen, sie kann gar nicht mehr aufhören. Sie kann sich nicht erinnern, wann sie zum letzten Mal so gelacht hat. Noor legt den Finger auf die Lippen und deutet auf Zainab. „Aber das sind wir doch“, flüstert sie. Ihr wird klar, dass es da einen anderen Teddy gibt, den sie nicht kennt. Einen eifersüchtigen Teddy. Einen, der durch die Gegend läuft und versucht, etwas über ihr Leben herauszufinden. Dieser Teddy gefällt ihr.
    Wo ist Teddy?
    Es gibt nur einen Ort, an dem sie ihn suchen kann, und obwohl sie den Namen des Vereins kennt und vermutet, dass er für die Polizei arbeitet, hat sie nicht die geringste Ahnung, wo. Noor ist der Einzige, den sie fragen kann. Er hat ebenfalls keine Ahnung, aber er geht weg und kommt nach fünf Minuten wieder. Er hat die Adresse, die Nummer des Busses, der dort hinfährt, und bietet ihr an, sie zu begleiten. Doch dann sieht er Zainab an und setzt sich an ihr Bett. „Es ist schon die siebte Woche“, murmelt er.
    „Wenn ich wiederkomme, waschen wir beide sie mit dem Schwamm. Das wird sie beleben“, sagt Alice.
    Der Junge ist zu vernünftig, um zu fragen, was sie so früh am Morgen im Büro des G-Korps will. „Du solltest da nicht hingehen, wenn du keinen kennst, der dort arbeitet. Ich meine, richtig gut kennst. Der, der mir die Adresse gegeben hat, sagte: ‚Geh da bloß nicht hin. Die fressen kleine Kinder und rülpsen nicht mal, und alles ist ganz legal.‘“
    Alice steht vor der Zentrale des G-Korps und versucht, entschlossen auszusehen. Die Zentrale besteht aus einer Reihe miteinander verbundener Stadthäuser. Es gibt kein Schild, auf dem „G-Korps“ steht. Es gibt gar kein Schild. Sie ist sich nicht sicher, ob sie den Teddy, den sie sucht, hier finden wird. Einige Frauen haben vor der Zentrale ein Lager aufgeschlagen. Eine von ihnen hat aus einem Laken ein Zelt improvisiert und scheint ein Eine-Frau-Protest-Camp zu unterhalten. „Gebt mir meinen Sohn oder lasst mich rein“, steht auf einem Plakat, das gegen einen Koffer gelehnt ist, der ihr als Kissen dient. Am Straßenrand gegenüber döst ein Mann in Polizeihemd und gestreifter Pyjamahose. In einer Hand hat er ein Walkie-Talkie, in dem es gelegentlich kracht, als gäbe jemand einer unsichtbaren Armee bellende, unverständliche Befehle. In der anderen Hand hält er ein rostiges Gewehr, das nicht mehr in Aktion gewesen ist, seit es im letzten Jahrtausend die Waffenkammer verlassen hat. Alice sieht, wie seine Schulter sich neigt und das Gewehr ins Rutschen kommt. Der Mann zuckt zusammen, fängt es mit geschlossenen Augen auf und legt es sich in den Schoß. Das Metalltor ist schwarz wie Schuhcreme und eine Achtelmeile breit. Es scheint niemandem offen zu stehen. Die Mauern sind mit Glasscherben und Spiralen aus Nato-Draht bewehrt. An den Ecken der Zentrale sind die Suchscheinwerfer noch eingeschaltet, der Wachturm ist jedoch leer. Eine Teekanne und zwei Tassen stehen auf einem kleinen Tisch. Wahrscheinlich sollen sie sagen: Seht her, wir haben eine Menge Leute, um diesen Turm zu besetzen, zwei haben gerade dort Tee getrunken. Sie sind noch in der Nähe, also keine faulen Tricks.
    Alice zweifelt, ob sie wirklich an dieses abweisende Tor klopfen soll. Sie zweifelt, dass jemand es tatsächlich öffnen wird. Und wenn jemand öffnet, was soll sie dann fragen? Arbeitet hier ein Beamter namens Teddy Butt? Ich bin seine Frau. Haben Sie einen Gefangenen namens Teddy Butt? Ich bin seine Frau. Ich bin mit jemandem verheiratet, der eigentlich nicht hier arbeitet, sondern nur für ein paar Leute arbeitet, die hier arbeiten.
    Sie spürt einen kalten Schauer im Nacken, wie man ihn wahrnimmt, wenn man heimlich verfolgt oder von hinten angestarrt wird und es nicht merken soll. Sie fährt herum und sieht, dass der Wachmann in Polizeihemd und Pyjamahose aufgewacht ist. Er
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