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Alibi

Alibi

Titel: Alibi
Autoren: Agatha Christie
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Törichtes, und siehe da, gerade diese Bemerkung enthüllte mir die Wahrheit! Und dann hatte er auch die Gewohnheit, schriftliche Aufzeichnungen über alle interessanten Fälle zu machen.»
    «Was das anbelangt …», begann ich und hielt inne.
    Poirot setzte sich auf, seine Augen strahlten.
    «Was denn? Was wollten Sie sagen?»
    «Ich las einige Berichte von Captain Hastings, und ich dachte, warum sollte ich mich nicht auch in ähnlicher Weise versuchen. Es tat mir leid, die wahrscheinlich einzige Gelegenheit ungenützt zu lassen, denn ich dürfte wohl nie wieder in eine ähnliche Sache verwickelt werden.»
    Poirot sprang auf. Ich fürchtete einen Augenblick lang, er werde mich umarmen und küssen, wie es in Frankreich Sitte ist, doch glücklicherweise unterließ er dies.
    «Aber das ist ja herrlich. Sie schreiben fortlaufend Ihre Eindrücke über den Fall nieder?»
    Ich nickte.
    «Großartig!», rief Poirot. «Bitte lassen Sie mich Ihre Notizen sehen. Jetzt … Sofort!»
    «Ich hoffe, Sie werden es mir nicht verübeln. Ich war hier und da – vielleicht ein wenig zu persönlich.»
    «Oh! Ich verstehe vollkommen, Sie haben mich als komisch, vielleicht sogar als lächerlich beschrieben? Das macht nichts. Auch Hastings war nicht immer höflich. Ich – ich stehe über solchen Nebensächlichkeiten.»
    Noch immer etwas unsicher durchstöberte ich die Fächer meines Schreibtisches und brachte endlich einen Stoß loser Blätter zum Vorschein, die ich ihm überreichte. Mit Rücksicht auf eine eventuelle spätere Veröffentlichung hatte ich mein Werk in Kapitel eingeteilt und es am vergangenen Abend bis zu dem Bericht über Miss Russells Besuch gebracht.
    So bekam Poirot zwanzig Kapitel zu lesen.
    Ich ließ ihn damit allein.
    Da ich einen ziemlich entfernt wohnenden Kranken zu besuchen hatte, war es acht Uhr vorbei, als ich nachhause kam, wo ein warmes Abendbrot auf mich wartete. Poirot und meine Schwester hatten schon um halb acht zusammen gegessen, und jetzt saß er wieder in meinem Zimmer, um die Lektüre des Manuskriptes zu beenden.
    «Ich hoffe, James», scherzte Caroline, «dass du dir gut überlegt hast, was du über mich geschrieben hast.»
    Ich fuhr zusammen. Ich war durchaus nicht vorsichtig gewesen.
    «Nicht, dass mir das etwas ausmacht», fuhr sie fort. Sie hatte meine Gedanken richtig gedeutet. «Mr. Poirot wird schon wissen, was er davon zu halten hat. Er versteht mich viel besser als du.»
    Ich ging zu Poirot. Er saß am Fenster, und das Manuskript lag sorgfältig geordnet neben ihm. Er legte seine Hand darauf und sagte:
    «Eh bien, ich gratuliere Ihnen – zu Ihrer Bescheidenheit!»
    «Oh!», rief ich verlegen.
    «Und zu Ihrer Verschwiegenheit», fügte er hinzu.
    «Oh!»
    «So schrieb Hastings nicht», fuhr mein Freund fort. «Auf jeder Seite kam mehrmals das Wort ‹ich› vor. Was er dachte, was er tat. Aber Sie, Sie stellten Ihre Persönlichkeit in den Hintergrund. Nur ein- oder zweimal drängt sie sich vor, in Szenen aus dem Familienleben zum Beispiel.»
    Ich errötete vor seinem Augenzwinkern.
    «Was halten Sie wirklich davon?», fragte ich aufgeregt.
    «Sie wollen meine aufrichtige Meinung hören?»
    «Ja.»
    «Ein sehr ausführlicher und sorgfältiger Bericht», sagte er freundlich. «Sie geben alle Tatsachen wahrheitsgetreu und gewissenhaft wieder, obwohl Sie sich hinsichtlich Ihres Anteils an der Angelegenheit mehr als reserviert verhalten.»
    «Und war es Ihnen für Ihre Überlegungen von Nutzen?»
    «Ja. Ich möchte sagen, dass es mir außerordentlich geholfen hat. Kommen Sie jetzt mit, wir müssen den Schauplatz für meine Gesellschaft entsprechend vorbereiten.»
    Caroline war in der Halle. Ich glaube, sie hoffte aufgefordert zu werden, uns zu begleiten.
    Poirot zog sich taktvoll aus der Affäre.
    «Ich hätte Sie gern mit dabei gesehen, Mademoiselle», sagte er, «aber zu diesem Zeitpunkt wäre es nicht klug. Sehen Sie, alle, die heute Abend kommen, sind Verdächtige. Unter ihnen werde ich den Mörder herausfinden.»
    «Meinen Sie das wirklich?», fragte ich ungläubig.
    «Ich sehe, dass Sie mir nicht glauben», erwiderte Poirot trocken. «Immer noch schätzen Sie Hercule Poirot nicht richtig ein.»
    In diesem Augenblick kam Ursula die Treppe herab.
    «Sind Sie bereit, mein Kind?», fragte Poirot. «Das ist recht. Wir wollen zusammen zu mir hinübergehen. Mademoiselle Caroline, glauben Sie mir, ich tue Ihnen zuliebe alles, was ich kann. Guten Abend.»
    Im Salon des Nebenhauses standen Likör
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