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Internat Lindenberg - Freundschaft in Gefahr

Internat Lindenberg - Freundschaft in Gefahr

Titel: Internat Lindenberg - Freundschaft in Gefahr
Autoren: Mathias Metzger
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Zwischen Zirkus und Orchester
    Sophie übte bereits stundenlang auf ihrer Querflöte. Wie lange genau, das wusste sie selbst nicht mehr. Jedenfalls aber lange genug, dass ihre Finger schmerzten und sie immer wieder Krämpfe bekam. Wegen der unnatürlichen Haltung beim Spielen musste sie zwischendurch immer mal wieder ein paar Dehnübungen machen. Mit der Karaoke-CD, die ihr Bruder in mühevoller Kleinarbeit von Mozarts Konzert für Flöte und Harfe angefertigt hatte, ging sie immer wieder von Neuem ihre Passagen durch. Und es war stets die gleiche Stelle, an der sie hängen blieb. Sophie schüttelte kurz die Arme aus und begann von vorn.
    Wie jedes Jahr war auch für diesen Sommer ein großes Abschlusskonzert in der Aula der Schule geplant, das immer zusammen mit dem Orchester der Musikakademie der benachbarten Universitätsstadt veranstaltet wurde. Sophie sollte im zweiten Satz des Konzerts die Flöte spielen. Erst diese Woche hatte sie es erfahren! Es war ihr erster Soloauftritt und eine ganz schön große Ehre. Die anderen Sätze spielte immerhin Helene, und die war fünf Jahre älter als sie und fast schon Profi, die Solistin an der Harfe war sogar eine leibhaftige Musikstudentin! Für Sophie bedeutete das, dass es diesmal bei Weitem nicht reichte, nur gut zu spielen. Bei diesem Auftritt musste alles perfekt sein.
    Nina, die mit ihr das Zimmer im Internat teilte, lag mit geschlossenen Augen auf dem Bett, den MP3-Player im Ohr, und bekam von all dem nichts mit. Das war Routine. Wenn Sophie auf dem Zimmer übte und Nina keine Lust hatte, woanders hinzugehen, hörte sie immer Musik. So ging ihr das Üben nicht auf die Nerven und sie konnte sich gleichzeitig in ihre Ballettmusik vertiefen. Und Sophie selbst musste nicht das unangenehme Gefühl haben, dass ihr ständig jemand beim Üben zuhörte und kontrollierte, wie sie spielte.
    Wenn sie nicht gerade Musik machte, war Sophie der ruhigste Mensch, den man sich vorstellen kann. Nina fand, sie war nicht nur die beste Freundin, sondern auch die perfekte Mitbewohnerin. Es war wirklich ein Glücksfall, dass Sophies Leben die Musik war. Nina war begeisterte Balletttänzerin, das passte gut zusammen. Sophie interessierte sich für ihr Klavier und vor allem für ihre Querflöte, und sie hatte sich fest vorgenommen, einmal professionelle Musikerin zu werden. Wenn sie irgendwann mal ihr Lampenfieber in den Griff bekommen könnte, standen die Chancen dafür auch gar nicht so schlecht. Im Internat Lindenberg, das die beiden schon im zweiten Jahr besuchten, wurde großen Wert auf Musik und Kunst gelegt. Sowohl Nina als auch Sophie hatten in Lindenberg nicht nur beste Bedingungen für ihre Hobbys, sie kannten auch nur zu gut die Probleme, die Musik und Tanz mit sich bringen. Die Mühen, das ständige Üben, das Lampenfieber, all das, was man anderen immer erst so umständlich erklären musste.
    Rein äußerlich war Sophie ohnehin schon Berufsmusikerin. Zumindest kleidete sie sich gern etwas korrekter und gepflegter als der Rest ihrer Klasse und sie trug die langen dunklen Haare stets streng nach hinten gekämmt und zu einem strammen Zopf gebunden. Nina hatte ihrer Freundin schon tausendmal vorgeschlagen, es mit einer anderen Frisur zu versuchen. Aber Sophie war fest davon überzeugt, dass ihr Zopf für eine klassische Musikerin so üblich sei. Immerhin hatte sie mit ihrem Künstlergehabe erreicht, dass die meisten Mitschülerinnen glaubten, ihre Eltern wären berühmte Orchestermusiker aus Osteuropa. In Wirklichkeit waren sie Zirkusartisten. Genauer gesagt, ehemalige Zirkusartisten, die jetzt als Artistiktrainer arbeiteten und ständig in halb Europa unterwegs waren. Wenn sie doch nur Musiker wäre n … Sophie selbst hatte mit dem Zirkus nicht viel am Hut.
    Sophie ließ ihre Flöte sinken und streckte die Arme aus. Ein bisschen Fingergymnastik, ein paar Lockerungsübungen und gleich konnte es wieder weitergehen. Sie wurde immer besser, immer sicherer. Trotz der einen oder anderen wackligen Stelle war das unbestreitbar. Zur absoluten Perfektion fehlte nur noch ein kleines bisschen. Aber gerade als sie wieder die Flöte an die Lippen nehmen wollte, passierte etwas, was noch nie vorgekommen war. Jemand riss, ohne anzuklopfen, die Tür auf, und am energischen Schwung, mit dem sie aufgerissen wurde, konnte man schon merken, dass dieser Jemand ziemlich unter Strom stand.
    „Ist jetzt bald mal Schluss mit diesem blöden Gepfeife und Geblase?“, schrie Leonie ins Zimmer. „Ich kann
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