Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
Autoren: Gisbert Haefs
Vom Netzwerk:
Landkarten, auf denen die Wege und Höhenzüge und Pässe verzeichnet waren, mit genauer Kenntnis aller Brunnen, aller Dörfer, aller Städte und ihrer Befestigungen; mit eingehenden Erforschungen der Familienverhältnisse und des Besitzes aller persischen Fürsten. Mit Berechnungen darüber, wieviel Vorrat und Kriegsgerät zu welcher Zeit an welchen Ort geliefert, welche Festungen und befestigten Häfen zuerst erobert, eh, befreit werden sollten. Und mit den Zielen.«
    »Was waren diese Ziele – deiner Meinung nach?«
    Aristoteles lächelte spöttisch. »Meiner Meinung nach? Frag nach meinem Wissen, Freund, nicht nach Vermutungen. Bei einigen Beratungen war ich anwesend, da ich einige Landstriche südlich der Troas – Mysien und Lydien – gut kannte. Von anderen Beratungen weiß ich, weil mir davon berichtet wurde. Nein, keine Meinung – Wissen, Peukestas. Ziel des großen hellenischen Rachefeldzugs gegen Persien zur Tilgung der alten Schmach – Rache für die Entweihung hellenischer Heiligtümer durch Xerxes – war von Anfang an die Eroberung oder Befreiung der hellenisch besiedelten Küstenlande, bis ins nördliche Syrien, zum Oberlauf des Euphrat. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.«
    Peukestas kaute darauf, und auf kaltem Fleisch. Er schluckte schwer. »Alexander hat aber doch von Anfang an ...«
    Aristoteles unterbrach mit einer ruckartigen Handbewegung. »Er hat davon gesprochen – er und einige seiner jungen Freunde. Aber : Alle Vorbereitungen, alle Planungen endeten irgendwo in Kilikien. Niemand hat wirklich daran gedacht, nach Babylon oder gar Persepolis zu gehen. Der große hellenische Rachefeldzug, auf Betreiben Philipps und des alten, toten Isokrates vom Bundesrat in Korinth beschlossen, sollte nicht ins persische Herzland führen, sondern die Barbaren aus den hellenisch besiedelten Teilen Asiens vertreiben. Außerdem war für alles andere kein Geld da. Nicht einmal für den Beginn.«
    »Ich weiß. Alexander hat später davon gesprochen. Daß er beim Übergang nur ein paar hundert Talente hatte, aber zweimal soviel Schulden.«
    Aristoteles stieß ein trockenes Kichern aus. »Dann, junger Freund, vergiß die hübschen Erzählungen und bedenk die Vergabe neueroberten Landes in Thrakien noch einmal. Alexander wußte genau, wie die Leute denken. Wenn er diese neuen Königsländer seinen Freunden und Fürsten, oder auch reichen Händlern, verkauft hätte, um Geld für den Feldzug zu bekommen, hätten wahrscheinlich alle gesagt, das ist in Ordnung, wir verstehen das, es muß so sein; es hätte aber keinerlei Glanz darauf gelegen, und keine Tugend. Deshalb, Peukestas, hat er seinen Fürsten und Freunden, Gefährten und Offizieren die Ländereien geschenkt. Eine wahrlich königliche Handlung. Glanz, Ruhm, Preis und edelste Tugendhaftigkeit. Und nachdem er sie beschenkt hatte, konnten die Empfänger sich kaum weigern, ihm Geld zu leihen. Geld, Waffen, Vorräte. Das war Alexanders Großmut – in diesem Fall.«
    Peukestas leerte seinen Becher, füllte ihn wieder aus dem Wasserkrug, den er in der Hand behielt. Einige Augenblicke spielte er scheinbar zerstreut mit dem Gefäß; dann setzte er es ab und sagte: »Ich kann ihn nicht tadeln.«
    »Wer spricht von Tadel? Er hat klug gehandelt. Kluge Handlungen sind oft jene, die sich am wenigsten für schöne Geschichten zur Erbauung der Leute eignen. Aber auch die schönen Geschichten entspringen einer sehr klugen Handlung.«
    Peukestas lächelte flüchtig. »Du meinst Kallisthenes?«
    »Mein Neffe. Eitel, selbstgefällig, scharfzüngig und in das Drechseln feiner Sätze verliebt. Ihm hat es nichts ausgemacht, Vorgänge ein wenig zu verändern, solange sich das Ergebnis gut las. In seinen Briefen nach Athen hat er die Dinge so dargestellt, wie Alexander sie dargestellt haben wollte; dafür hat der König ihn nicht daran gehindert, hier und da bissige Bemerkungen einzuflechten; sie machten alles ja nur wahrscheinlicher. Kallisthenes, lorbeerbekränzter Historiograph, Neffe des Aristoteles – wer hätte den Hellenen besser die Taten des Makedonen verkaufen können? – Aber ich bin müde ... müde. Der Schatten schwarzer Schwingen.«
    Aristoteles wies auf das Gestell mit Rollen, die nicht verbrannt werden sollten. »Nimm die aus dem oberen Fach. Schreiben von Dymas, Drakon, Kallisthenes, Ptolemaios. Lies; und dann frag.«

    Am Nordufer des Hellespont, bei Sestos, liefen einige Tage lang alle Fäden zusammen. Die Stadt lag Parmenions Brückenkopf in Asien
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher