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Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)

Titel: Alexander in Asien: Alexander 2 (German Edition)
Autoren: Gisbert Haefs
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Aristandros verhieß unendliche Triumphe aufgrund der Lebern von Opfertieren und der Flugrichtung eines Vogelschwarms. Alexander und Hephaistion salbten und ölten sich, um tanzend den Gräbern von Achilles und Patroklos die gebührenden Ehren zu erweisen. Tekhnef wollte dem Schauspiel unbedingt beiwohnen; Dymas hatte weniger hochfliegende Wünsche und verabredete sich mit ihr für den Abend in Parmenions Zelt, etwa zwei Reitstunden nordöstlich im Winterlager. Als er aufbrach, sprach Alexander eben von den Vorzügen des großen Homeros, der – wiewohl Hellene – auch die edlen Gegner zu preisen vermocht hatte und den Sieg der Hellenen ja noch erhöhte, indem er darauf verzichtete, die besiegten Trojaner als asiatische Barbaren zu bezeichnen. Alexander schwor den versammelten Sechstausend, da zu beginnen, wo Achilles geendet hatte, und sie von Sieg zu Sieg zu führen; nur eines, sagte er, neide er dem Vieledlen Zornmütigen: daß er einen Sänger wie Homeros gehabt habe, denn was seien unsterbliche Taten, wenn sie nicht in würdiger Weise unsterblich bedichtet würden. Worauf Kallisthenes, wie üblich das Herz auf der Zunge, ein wenig spitz sagte, er wolle Prosa dreschen aus des Königs Großtaten – Verse seien für Halbgötter.
    Dies trug sich kurz nach Sonnenaufgang zu. Als Dymas das Hügelgelände erreichte, in dem, unweit von Parmenions Winterlager, die neuen Kämpfer ihre Zelte aufgeschlagen hatten, waren dort viele erst beim Morgenmahl. Vor einem größeren Zelt mit purpurgesäumten Eingangsflügeln saß Alexanders Halbbruder Arridaios, von dem es hieß, er sei in seiner Jugend von Olympias vergiftet worden, damit er nicht als Erstgeborener, Sohn Philipps und der Tänzerin Philinna, Thronrechte beanspruchen könne. Arridaios galt als schwachsinnig oder bestenfalls halben Sinnes; Dymas hatte ihn sich immer als sabberndes Wrack vorgestellt. Er beobachtete ihn, vom Pferd aus, einen Moment lang sehr aufmerksam. Das Gesicht wirkte verschlossen, die Bewegungen beherrscht, und der Musiker fragte sich, ob nicht Arridaios ein weiterer Schauspieler war, einer von vielen, der die Maske des Blöden trug, um zu überleben, anders als viele edle Makedonen, Nebensprosse der königlichen Sippe.

    Langsam ritt Dymas durch das geordnete Chaos des See-Lagers. Am mittleren Vormittag ging es eher ruhig zu. Die Morgenmahlzeit beendet, das Mittagessen noch nicht bereitet, zahlreiche Abteilungen zu Fuß, zu Pferd und mit Karren unterwegs, um im ausgebluteten Land noch etwas aufzutreiben, andere Einheiten zu besonderen Übungen irgendwo im Gelände; Fußkämpfer mit Schanzgeräten zerlegten Verhaue, lockerten und säuberten Pfosten, um sie auf Karren zu stapeln, und füllten an mehreren Stellen die zu Beginn des Winters ausgehobenen tiefen Gräben auf. In der Ebene außerhalb der Wälle suchten Tausende Reit- und Zugtiere nach übersehenen Halmen oder knabberten an Sträuchern und jungen Bäumen, deren Laub und Rinde sie längst abgeknabbert hatten. Um ins Lager zu gelangen, mußte Dymas den kleinen Bach durchqueren, der Parmenions Leute den Winter über mit Trinkwasser versorgt hatte und in die kleine Bucht mündete; jenseits des Lagers mündete dort auch der andere Bach, der, vom ersten abgeleitet, durch die Latrinen floß. Die Zelte des Berg-Lagers waren weißgraue und braune Tupfer in der Ferne.
    Zwischen beiden Lagern verkehrten Meldereiter; und Leute vom jeweiligen Troß kamen und gingen, mit Fragen, Aufträgen, Listen, Gegenständen. Einige Feldbäckereien waren noch in Betrieb; zwei wurden, da sie genug ausgekühlt waren, für den morgigen Aufbruch zerlegt, Steine, Eisenplatten und Roste auf Karren geschleppt. Der Musiker schätzte, daß nicht einmal ein Drittel von Parmenions Leuten im Lager weilte; dennoch war es ein brodelndes, wimmelndes Chaos.
    Ein Zug Troßsklaven, die Getreide, Früchte und Fisch zu einem der großen Kochplätze trugen, versperrte ihm den Weg. Dymas tätschelte den Hals seines Pferdes und spähte mit zusammengekniffenen Augen über die Träger hinweg. In der Mitte des Lagers, vor einem mit Holz verstärkten und verkleideten Zelt, sah er Parmenion an einem Tisch sitzen.
    Als er endlich den kleinen Platz vor der Behausung des Strategen erreichte, glitt er von der Reitdecke, nahm den Sack, der all sein Gepäck enthielt, und die gefütterte Tasche mit der Kithara vom Rücken des Tiers und überließ es einem der halbwüchsigen Burschen. Nun erkannte er auch einige der anderen, die – mit dem Rücken zum
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