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Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen

Titel: Alexander Gerlach 09 - Das vergessene Maedchen
Autoren: Wolfgang Burger
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passiert ist …« Er hob die muskulösen Schultern. »Keine Ahnung. Ich weiß es nicht.«
    »Passiert Ihnen so was öfter?«
    »Geht Sie das was an?«
    »Könnte es sein, dass Sie in Straßburg waren?«
    »Straßburg? Was sollte ich da?«
    »Lea war dort.«
    »Das ist mir klar.«
    »Wie können Sie sicher sein, dass Sie nicht in Straßburg waren, wo Sie sich doch angeblich an nichts erinnern?«
    »Weshalb sollte ich dort hinfahren? Wegen …« Betroffen sah er mir ins Gesicht. »Sie denken doch nicht etwa …?«
    »Vorerst stelle ich nur Fragen.«
    Leas Vater schüttelte den schweren Kopf mit den borstigen roten Locken. Seufzte fassungslos. Irgendwo im Haus schlug eine Uhr zwölf Mal. Draußen schien heute die Sonne von einem blitzblauen Himmel. Lassalle schien nicht vorzuhaben, meine Frage zu beantworten.
    Ich wechselte das Thema. »Hatten Sie in letzter Zeit Streit mit Lea?«
    Er musterte mich ausdruckslos. »Ich denke, es reicht jetzt. War nett, mit Ihnen zu plaudern.«
    Ich blieb sitzen. »Hatten Sie Streit, ja oder nein?«
    Er sah mir unverwandt ins Gesicht und schwieg.
    »Wenn etwas ist, wie kann ich Sie in den nächsten Tagen erreichen?«
    »Hier. Ich bin die meiste Zeit zu Hause.«
    »Eine Handynummer vielleicht?«
    »Brauche ich nicht.«
    »Hatten Sie nun Streit, ja oder nein?«
    Seine Miene veränderte sich, als wäre er plötzlich wieder in der Gegenwart angekommen.
    »Morgen ist Montag, nicht wahr?«, fragte er mit einem Blick, als wollte er mich damit an die Wand nageln. »Ich wette mit Ihnen um tausend Euro, dass Lea morgen früh im Unterricht sitzt, als wäre nichts gewesen.«

5
    Ich hätte einen hübschen kleinen Nebenverdienst einstreichen können, denn Lea Lassalle erschien am Montagmorgen nicht zum Unterricht. Oberstudienrätin Marchow, die mich um kurz nach acht im Büro anrief, war fast hysterisch vor Sorge. Es gelang mir nur mit Mühe, sie halbwegs zu beruhigen. Ich suchte mir die Nummer der Straßburger Police Judiciaire im Intranet heraus und wurde dort nach einigem Hin und Her mit einem Capitaine de Police Marcel de Brune verbunden. Wie viele ältere Elsässer sprach er leidlich Deutsch. Leider war er jedoch montäglich schlecht gelaunt, konnte nichts zu einem Vorgang Lea Lassalle finden und stritt am Ende rundweg ab, man habe ihn oder seine Kollegen schon am Samstagnachmittag informell vom Verschwinden eines Mädchens in Kenntnis gesetzt.
    Während des kurzen und unfreundlichen Gesprächs wurde mir siedend heiß bewusst, dass ich am Samstag völlig vergessen hatte, ein Foto und eine Beschreibung des Mädchens nach Straßburg schicken zu lassen.
    Lustlos wählte ich Justus Lassalles Nummer, aber er nahm nicht ab. So rief ich in der Schule an und konnte schon wenig später eine E-Mail mit einem Foto öffnen, auf dem Lea einigermaßen gut und in voller Lebensgröße zu sehen war. Es stammte aus dem Handy eines gleichaltrigen Jungen, der sich, so klang es zwischen den Zeilen, wie manch anderer in die hübsche Mitschülerin verguckt hatte. Lea lächelte ein wenig gezwungen in die Kamera. Den schmalen Kopf hielt sie neckisch schräg. Das Gesicht war ebenmäßig, die Haut auffallend hell, das glatte, fast bis zu den Hüften fallende Haar schwarz. In der Hand hielt sie etwas, das nach einem Kuchenstück aussah. Ihre Beine steckten in den üblichen, schon in der Fabrik künstlich zerschlissenen Jeans, den Oberkörper verbarg ein sackförmiger grauer Pullover. Fast, als wollte sie sich absichtlich unattraktiv machen. An den Füßen trug sie knallrote Sneakers.
    Inzwischen hatte ich noch ein zweites Mal mit Oberstudienrätin Marchow gesprochen und in Erfahrung gebracht, was Lea am vergangenen Freitag getragen hatte: Die Jeans waren diesmal schwarz und unzerschlissen gewesen, der Pullover dunkelblau und mit dickem Rollkragen, darüber eine ebenfalls dunkelblaue gefütterte Steppjacke mit Kapuze, an den Füßen für Jahreszeit und Wetter völlig unpassende elegante Schuhe mit hohen Absätzen.
    Am Ende sagte die Lehrerin einen Satz, dem ich zunächst nicht viel Bedeutung beimaß: »Was Lea betrifft – ich habe Ihnen doch vorgestern gesagt, sie sei abends im Bus gewesen und später wieder ausgestiegen.«
    »Und jetzt sind Sie sich in diesem Punkt nicht mehr sicher?«
    »Der Kollege, der mit dabei war, hat sie nicht gesehen. Und je länger ich mir das Hirn zermartere, desto unsicherer werde ich. Nein, ich glaube nicht, dass sie vor der Rückfahrt überhaupt im Bus war.«
    Ich leitete Foto und
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