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Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus

Titel: Alejandro Canches 03 - Der Fluch des Medicus
Autoren: Ann Benson
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und diejenigen, die der König mit Alice Perrer gezeugt hatte, waren noch zu klein. Joanna war schon lange tot, der ersten Pest im Jahr 1348 nach der Schlacht von Crécy zum Opfer gefallen.
    Wir wollen das Beste hoffen, fürwahr! Die verwöhnte und launische Isabella zählte dreiunddreißig Jahre und wurde nach fünf Versuchen, sie unter die Haube zu bringen, langsam zur alten Jungfer; das war einfach gegen die Natur.
    Aber bei weitem nicht so sehr gegen die Natur, dachte Chaucer, wie das Schicksal, das ihrer Halbschwester beschieden sein würde.

    Emily Cooper zog die Leintücher von dem strohbedeckten Lager ihres Mannes, knüllte sie zusammen und warf sie ins Feuer, wie der Medicus es ihr aufgetragen hatte. Eine Decke behielt sie, die würde sie für sich brauchen. Vor weniger als einer Stunde waren sie da gewesen, um den Leichnam des Böttchers
abzuholen, die Männer mit den vogelähnlichen Masken und Kapuzen.
    »Denkt bloß nicht, das würde euch schützen«, hatte sie zu ihnen gesagt, als sie ihren toten Ehemann aus dem Haus trugen. Sie war ihnen auf die Straße gefolgt, um ihnen noch weitere Warnungen hinterherzurufen. »Ich habe die Pest schon so manchen Fuhrmann dahinraffen sehen, und mochte er sich in noch so viele Tücher gehüllt haben, um sie fernzuhalten!«
    Die Männer mit den Kapuzen hatten keine Antwort gegeben, da keiner von ihnen Englisch verstand. Als der Karren wieder mit dem Tuch bedeckt war, das die Toten vor den ängstlichen Blicken der Lebenden verbarg, schlurfte einer von ihnen noch einmal zurück zu ihr und sagte in dem verabscheuungswürdigen Französisch, von dem sie kaum ein Wort verstand: »C’est votre mari qui est mort, non?«
    »Was?«, fragte sie und wünschte, er würde Englisch mit ihr sprechen.
    »Witwe«, sagte der Mann, dem endlich das passende Wort eingefallen war.
    »Ja.« Sie nickte.
    »Allez à la palace tout de suite«, sagte er. »Il sera un pension pour vous.«
    Er neigte leicht den Kopf, dann drehte er sich um und stieg auf den Kutschbock.
    Pension, das hatte sie verstanden. Und palace.
    Die Witwe verlor keine Zeit und tat wie ihr geraten, denn als sie die Münzen zählte, die sich in der Börse ihres Mannes befanden, stellte sie fest, dass es eine kümmerlich kleine Summe war. Sie legte sich ein Tuch um die Schultern und machte sich auf den Weg aus dem Ghetto zum prunkvollen Palast des Papstes, wo sie auf Barmherzigkeit zu treffen hoffte.
    Die engen Straßen von Avignon erinnerten sie an London; sie war einmal mit ihrem Mann dort gewesen, um seine Schwester zu besuchen, die mit einem der Bediensteten eines entfernten Vetters des Königs verheiratet war und sich in einem vornehmen
Haus als Köchin verdingt hatte. Bei der Erinnerung verspürte sie Neid, da die Schwägerin ihr Leben in einem Haus mit Steinfliesen auf den Böden verbrachte statt auf festgestampfter Erde wie sie selbst in Eyam. Dennoch war Eyam ihr Zuhause, und sie vermisste es schmerzlich.
    »Pension«, sagte sie zu dem Wächter, der am Tor des päpstlichen Palastes stand. Hinter ihm ragten die hohen weißen Türme des prächtigen Palastes auf und ließen den Mann in seiner roten Tunika winzig erscheinen. Er knurrte etwas und deutete nach rechts. Sie zog ihr Tuch fester um sich und ging an der Mauer entlang um den Palast herum. Erst hörte sie nur das Knirschen des weißen Kieses unter ihren Sohlen, dann wurde es von dem Getrappel von Hufen auf Kopfsteinpflaster übertönt. Sie blickte auf und sah einige Kuriere unter dem Banner König Edwards in den Hof des Palastes reiten.
    Sie verbarg sich im Schatten einer Nische und beobachtete sie eine Weile, dann wurde sie sich der Dummheit dieses Tuns bewusst und trat aus der Nische wieder in den warmen Sonnenschein. Als ob sie nach all den Jahren ihre Zeit damit vergeuden würden, nach ihr zu suchen! Sie boten einen schönen Anblick in ihren Rüstungen auf den edlen, kräftigen Pferden, und mit einem Mal verspürte sie Sehnsucht nach England, nach den Menschen, die ihr vertraut waren und deren Sprache sie ohne Schwierigkeiten verstand. Dort würde niemand denken, dass sie die Frau eines Wilddiebs war - sie wäre lediglich eine von vielen unsichtbaren alten Frauen, die auf Almosen angewiesen waren, keines Blickes wert. Heimweh überkam sie. Die Überfahrt über la Manche war teuer und gefährlich, aber es gab nichts, was sie in Avignon oder auch nur in Frankreich hielt. Sie hatte keine Verwandten, und ihr einziger möglicher Verbündeter war der jüdische Arzt, der
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