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Alchemie der Unsterblichkeit

Alchemie der Unsterblichkeit

Titel: Alchemie der Unsterblichkeit
Autoren: K Pflieger
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hatten sie ihn abgelehnt. Seine Familie war bekannt und galt als reich. Man erwartete von Icherios, sein Studium selbst finanzieren zu können.
    Der Beutel in seiner Brusttasche wog schwer. Der Gedanke, Karlsruhe im Auftrag dieser seltsamen Kanzlei zu verlassen, verursachte in ihm ein ungutes Bauchkribbeln, aber eventuell konnte er mit seiner neuen Arbeit genug Gold ansparen, um seinen Traum eines Tages wahr werden zu lassen. Icherios zog einen stabilen Koffer unter dem Bett hervor. Die Unterseite leuchtete grünlich. Ein dicker schimmeliger Belag verbreitete einen üblen Geruch. Angewidert rümpfte sein Vater die Nase. »Es wird Zeit, dass du nach Hause kommst. Ernest möchte den Handel ausbauen, und du solltest dich nicht länger vor der Verantwortung drücken.«
    Icherios fuhr fort, Bücher, alchemistische Geräte, Fläschchen und Pulver einzupacken und gab ihm so zu verstehen, dass er ihn ignoriert.
    Das Gesicht seines Vaters lief rot an, die Adern an seiner Schläfe wurden immer dicker. »Schau mich gefälligst an, wenn ich mit dir rede!«
    In diesem Augenblick stolperte Meister Irgrim herein. Sein Atem ging schwer. Es kostete ihn unendliche Mühe, die Treppen hinunterzusteigen. Der einzige Grund, warum er Icherios noch nicht hinausgeworfen hatte. »Ich verlange meine Miete, auf der Stelle!«
    Donak Ceihn kniff die Augen zusammen. »So weit ist es mit dir also schon gekommen?« Mit flinken Fingern griff er in seine Tasche und zog einen Beutel hervor. Zielsicher warf er ihn dem Schreiner ins Gesicht. »Hier ist Ihr Gold, und nun verschwindet!«
    Die Augen des Vermieters leuchteten auf, als er das Klimpern der Münzen vernahm. »Selbstverständlich, mein Herr.« Mit einer angedeuteten Verbeugung verließ er den Raum. Man hörte das gemeinsame Ächzen von Treppe und Meister, während dieser sich nach oben schleppte.
    »So steht es also um dich? Du bist eine Schande für die Familie.«
    Icherios hielt keine Minute inne. Er hatte das Gespräch schon zu oft durchgespielt. »Wenn du das sagst, Vater.«
    »Was machst du da eigentlich? Kommst du etwa endlich nach Hause?«
    »Ein Auftrag führt mich für einige Tage in den Schwarzwald.«
    Sein Vater lachte auf. Manche verglichen sein Lachen mit dem Quietschen eines Schweines auf der Schlachtbank. »Du und ein Auftrag? Ist es so schlecht um die Regierung bestellt?«
    »Vermutlich.« Icherios ging zu einem kleinen Käfig, aus dem ihm ein leises Piepsen entgegenkam. Maleficium war sein einziger Freund. Eine dicke, schwarze Ratte, die ihn überallhin begleitete.
    Beim Anblick des Tieres verlor Donak Ceihn endgültig die Beherrschung. »Hast du das dreckige Vieh etwa immer noch? Ich befehle dir, sofort nach Hause zu kommen und einer ehrwürdigen Arbeit nachzugehen!«
    »Ehrwürdig?« Icherios fuhr herum. »Was ist daran ehrwürdig, armen Menschen das Geld aus der Tasche zu ziehen?«
    »Ich schaffe das Korn heran! Ohne mich würden sie verhungern!«
    »Und gleichzeitig beutest du sie aus!«
    »Von irgendetwas muss ich ja leben.«
    Icherios Blick glitt verächtlich über den wohlgenährten Körper seines Vaters. »Das sieht man.«
    Mit einem entschiedenen Handgriff stopfte er Maleficium in seine Jackentasche, dann warf er seine wenigen Kleidungsstücke in seinen Koffer und schloss ihn mit einem vehementen Ruck. Seinen größten Schatz, verschiedene Destillierkolben und alchemistische Geräte, packte er in die dazugehörige gepolsterte Kiste. Die beiden Gepäckstücke zusammen waren unhandlich und der Weg zur Postkutsche weit, aber er konnte einfach nicht noch mehr zurücklassen. Bereits beim Gedanken an all die Bücher, die er nicht mitnehmen konnte, fühlte er sich unwohl. Mit unbeholfenen Gesten öffnete er die Tür. »Schließ die Tür hinter dir, Vater. Und leb wohl!«
    »Icherios, bitte.« Es war seiner Stimme anzuhören, wie schwer es ihm fiel, diese Worte auszusprechen. Es lag das erste Mal Gefühl in ihnen. »Bitte, komm zurück! Deine Mutter ist krank vor Sorge. Sie braucht dich.«
    Icherios zögerte kurz, dann verließ er wortlos den Raum.

3
    Nebelgestalten
    G
    A ngetrieben vom Klang der Kirchenglocken, die ihn daran erinnerten, wie schnell die Zeit verrinnt, hetzte Icherios durch die Straßen. Maleficium quiekte ab und an empört, wenn eine Erschütterung ihn in der Tasche umherschleuderte. Der Regen legte zum Glück gerade eine Pause ein. Der graue Himmel, dessen dicke Wolken nichts Gutes verhießen, trieb die Menschen dazu, ihre Geschäfte im Freien eilig zu
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