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Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Alcatraz und die dunkle Bibliothek

Titel: Alcatraz und die dunkle Bibliothek
Autoren: Brandon Sanderson
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einmischen!«
    »Was? Gibt es für diese Fälle etwa irgendeinen schwachsinnigen Ehrenkodex?«
    »Nein! Aber wenn wir den beiden zu nahe kommen, wird die freigesetzte Kraft uns zerfetzen!«
    Oh, dachte ich. Blackburn, dessen Arm inzwischen ebenfalls vor Anstrengung zitterte, schob sich eine sechste Linse vors Auge. In der anderen Hand hielt er immer noch die Brille mit den Linsen, die er aus dem Sand von Rashid hatte schmieden lassen. Warum benutzt er sie nicht?, fragte ich mich. Hebt er sich das Beste bis zum Schluss auf?
    Inzwischen war es Sing gelungen, zu Bastille und mir herüberzukriechen. »Lord Leavenworth kann diesen Kampf nicht gewinnen, Bastille! Er benutzt nur einzelne Linsen. Blackburn hat sich das antrainiert – immerhin hat er sich selbst ein Auge genommen, um seine Macht mit den Einzellinsen zu verstärken. Aber Leavenworth ist es gewöhnt, beide Augen zu benutzen. Er kann nicht …«
    In diesem Moment stieß Grandpa Smedry einen trotzigen Schrei aus. Er hob die Hand, in seinen verkrampften Fingern hielt er seine sechste Linse. Für eine Sekunde stand er schwankend da.
    Dann fiel die Linse aus seiner Hand.
    Ein grelles Licht flackerte auf, und eine mächtige Energiewelle erschütterte den Raum. Mir entfuhr ein entsetzter Schrei, als ich zurückgeschleudert wurde.
    Dann verstummte der Wind.
    Als ich die Augen wieder aufschlug, hörte ich ein lautes Lachen. Ich rappelte mich auf und sah mich verzweifelt nach Grandpa Smedry um. Der alte Mann lag auf dem Boden. Er rührte sich nicht. Blackburn war ebenfalls von dem Stoß erfasst worden, aber er kam ohne größere Probleme wieder auf die Füße.
    »Ist das alles?«, fragte er, während er sich den Staub vom Anzug klopfte. Lächelnd sah er mit seinem einen Auge auf Grandpa Smedry hinunter, einem Auge, vor dem jetzt keine Linsen mehr saßen. Sie waren alle heruntergefallen und lagen nun zu seinen Füßen. »Das kann man ja kaum als Kampf bezeichnen, alter Mann.«
    Sing griff wieder nach einer Waffe, aber sofort kamen zwei stämmige Bibliothekare, packten ihn von hinten und schleuderten ihn zu Boden. Bastille reagierte blitzschnell und stürzte sich auf einen von ihnen. Daraufhin wurde sie von sechs weiteren Soldaten angegriffen.
    Blackburn kicherte immer noch. Langsam wanderte er durch den Raum; unter seinen Füßen knirschten Glasscherben. Er schüttelte den Kopf. »Ist euch eigentlich bewusst, wie viel Arbeit es sein wird, all diese zerbrochenen Linsen aufzusammeln, die Scherben zu sortieren und sie dann neu zu schmieden? Meine Bibliothekare werden Monate brauchen, bis sie meine Sammlung wiederhergestellt haben!«
    Ich muss etwas unternehmen, dachte ich kopflos. Bastille wehrte sich heftig, aber sie wurde von immer mehr Schlägerbibliothekaren bedrängt. Quentin und Sing hatten sie schon ausgeschaltet. Nur mich schien niemand zu beachten. Vielleicht hielten sie mich für ungefährlich, weil ich zusammengeklappt war.
    Hastig sah ich mich im Raum um. Und da, nur ein kleines Stück von mir entfernt, entdeckte ich sie – die Linsen von Rashid, die mitten auf einem Haufen verbrauchter Monokel lagen und verlockend glitzerten. Sie waren wohl während des großen Ausbruchs zusammen mit den anderen Linsen, die Blackburn im Kampf eingesetzt hatte, zu Boden gefallen.
    Entschlossen biss ich die Zähne zusammen.
    Ich muss die Linsen von Rashid einsetzen, dachte ich und kroch langsam auf sie zu. Ich muss …
    Stopp. Ich möchte euch jetzt um etwas bitten. Versucht einmal, euch an den allerersten Teil meiner Geschichte zu erinnern. Den Abschnitt im ersten Kapitel, noch bevor ich euch die Sache mit meinem Namen erklärt habe. Da habe ich mich über lebensbedrohliche Situationen ausgelassen, und wie sie die Leute dazu bringen, über einige sehr seltsame Dinge nachzudenken. Die Aussicht auf den eigenen Tod – oder in diesem Fall auf den Tod eines Menschen, der einem lieb ist – wirkt sich höchst merkwürdig auf den Geist aus. Lässt ihn seltsame Sprünge machen.
    Lässt ihn plötzlich an Sachen denken, die er unter anderen Umständen eher nebensächlich fände.
    Grandpa Smedry würde sterben. Bastille würde sterben. Sing würde sterben. Und seltsamerweise fiel mir in diesem Moment die Laterne auf, die an einer hohen Stange mitten im Raum hing. Die Halterung dieser Laterne … sie ähnelte einer Steckrübe.
    Steckrübe, dachte ich. Dieses Wort habe ich doch neulich erst gehört. Steckrübe … Feuer über dem Erbe!
    Hastig schob ich mich weiter voran. Blackburn drehte
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