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Albach und Mueller 01 - Russische Seelen

Albach und Mueller 01 - Russische Seelen

Titel: Albach und Mueller 01 - Russische Seelen
Autoren: Bronnenmeyer
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Hausaufgabe aufgetragen worden, sich die verschiedenen Stoff- und Tapetenmuster anzusehen, die sie in den letzten Wochen zusammengetragen hatte. Sie bewohnten nun schon seit sieben Jahren ein Jugendstilgeschoss in Johannis und seine bessere Hälfte hatte aus einer ihrer Frauenzeitschriften erfahren, dass es nun an der Zeit wäre, den Geschmack zu ändern. Alfred seufzte. Er spürte, wie eine schwere Lethargie von ihm Besitz ergriff, und musste sich mal wieder eingestehen, dass nicht gerade er es war, der Schwung, Leben und Abwechslung in die Welt brachte. Es waren Frauen wie Renan oder Irmgard, die ihn zwangen, nicht einzurosten, sich immer wieder auf Unerwartetes einzustellen und die alten, geerbten Möbel aus der Zeit der Jahrhundertwende zu verteidigen.
    »Wenn es nach dir ginge, säßen wir immer noch im Gelsenkirchener Barock der frühen Achtziger«, hatte Irmgard ihn vor ihrer Abreise getadelt, »hier muss jetzt mehr Licht hinein, frische Farben und klare Formen. Und du könntest dir endlich abgewöhnen, dauernd alles mit deinem Tabak voll zu krümeln!«
    Was den holländischen Tabak, seinen treuen Begleiter seit dreißig Jahren, anbelangte, war Alfred kompromisslos. Bezüglich der Möbel setzte er sich massiv für den Abschiebestopp von Großmutter Marthas Wohnzimmer ein, konnte aber nur zwei Anrichten und zwei Sessel retten. Den »Kolumbus von Sofa« und den dazugehörigen – ergonomisch vollständig missratenen – Tisch würde er auf den Dachboden stellen oder seinem Bruder aufnötigen müssen. Immerhin hatte er bei der Farbauswahl ein kleines Mitspracherecht erhalten. Wenn er sich jetzt nicht bis spätestens morgen auf das kleinste Übel festlegte, hätte er diese letzte Chance zur Mitgestaltung verspielt und Irmgard würde nächste Woche Nägel mit Köpfen machen. Insgeheim war er ja sogar dankbar für ihre Energie und Tatkraft, wenn das nur nicht immer mit Unruhe, Bautätigkeiten, ständig neuer Sach- und Fachliteratur und oft genug auch unberechenbaren Launen einhergehen würde.
    »Warum muss das bei dir immer so gehen?«, hatte er gefragt und mit seiner Zigarette eine stark ausschlagende Sinuskurve angedeutet.
    »Weil es bei dir immer nur so geht«, hatte sie entgegnet und dabei mit dem Zeigefinger eine Flatline in die Luft gezeichnet.
    »So ist das mit uns. Du bist mein Valium und ich dein Herzschrittmacher!«
    Alfred beschloss ein Mal mehr, dass er ohne seine Frau nicht mehr leben könnte, und lenkte seine Gedanken wieder auf den aktuellen Fall.
    Der Name und die Adresse, die sie von Dr. Braun bekommen hatten, waren natürlich falsch gewesen. Der Tote hieß nicht Eugen Kress und wohnte auch nicht in der Werderau. Bei der Adresse handelte es sich um ein Mietshaus, in dem eine albanische, zwei türkische, eine italienische und drei deutsche Parteien wohnten. Niemand kannte den Mann auf Alfreds Foto oder hatte ihn auch nur gesehen. Es war wahrscheinlich, dass er einem kriminellen oder zumindest zwielichtigen Milieu zuzuordnen war. Allerdings hatten die Routineanfragen in anderen Kommissariaten und Dezernaten – Drogen, Milieukriminalität, Raub und Erpressung usw. – keine Hinweise gebracht. Auch die Kollegen konnten Alfred und Renan nicht weiterhelfen.
    Die Duplizität der Ereignisse verwirrte Alfred mehr und mehr. Hätten wir damals nicht so schnell die Flinte ins Korn geworfen, wäre dieser Fall wahrscheinlich einfacher, dachte er bei sich. Er fühlte sich, als ob er noch eine alte Schuld zu begleichen hätte, und musste sich eingestehen, dass ihm ein paar wichtige Kleinigkeiten entgangen waren – wie zum Beispiel der Umstand, dass Schmidt und Heinrich, zwei Kollegen von den Sexualdelikten bzw. der Drogenkriminalität, gerade noch im Urlaub waren und Montag ihren Dienst wieder aufnehmen würden. Dieses Mal wird nicht so schnell aufgegeben. »Ich schwöre«, sagte er laut zu sich selbst und zur Verwirrung der beiden Damen am Nebentisch.
     
    Renan schuftete seit sieben Uhr früh. Erwin, ihr Adoptivvater, und sein Kompagnon Thomas unterhielten einen gut laufenden Schreinerei- und Raumausstatterbetrieb. Zurzeit arbeiteten die beiden Chefs alleine mit je einem Azubi, weil der ehemalige Schreinergeselle zur Bundeswehr eingezogen worden war und sich der Raumausstattergeselle nach wiederholtem Diebstahl von Werkzeug und Arbeitsmaterial erneut auf Stellensuche befand. Vor einem Jahr hatten sie einen ziemlich großen Auftrag an Land gezogen. Bei der Renovierung der städtischen Bühnen war im
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