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Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung

Titel: Alasea 04 - Das Buch der Prophezeiung
Autoren: James Clemens
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kämpfen mit Worten wie mit Schwertern, sie schlagen zu und wehren ab … Und mitten in diesem Getümmel sitzt eine einsame Frau.
    ERSTES BUCH
    Das Wehr
    1
    Elena fand den Thron nicht sehr bequem. Der Sessel war für einen abgehärteteren, älteren Körper gemacht. Die Dornen der verschlungenen Rosenzweige auf der hohen, geschnitzten Lehne stachen sie durch die seidenen Gewänder ins Fleisch, und kein Kissen milderte die gnadenlose Härte der Sitzfläche aus poliertem Eisenholz. Der Thron war seit vielen Generationen das Wahrzeichen der Macht A’loatals. Könige und Prätoren hatten hier zu Gericht gesessen, vom Leben auf See gestählte Männer, die für die Annehmlichkeiten des Daseins nur Verachtung übrig hatten.
    Schon seine Größe wirkte einschüchternd. Er war so breit und hoch, dass Elena sich darin vorkam wie ein Kind. Und es gab nicht einmal Armlehnen, sodass sie zunächst nicht wusste, wohin mit ihren Händen. Schließlich ließ sie sie gefaltet im Schoß liegen.
    Eine Stufe unter ihr saßen an einem langen Tisch die Vertreter all jener Parteien, die bereit waren, gegen Gul’gotha zu kämpfen, aber sie schenkten Elena so wenig Beachtung, als wäre sie eine Meile weit entfernt. Elena wusste nur zu gut, wie die meisten der hier im Großen Saal Versammelten über sie dachten. Sie sahen nur eine schlanke, blasse Frau mit feuerrotem Haar. Den Schmerz in ihren Augen, das schreckliche Wissen um die eigenen Kräfte bemerkte niemand. Sie saß da wie ein hübscher Vogel auf seinem Ast.
    Elena strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
    Tischauf und tischab suchten sich Stimmen in bekannten und fremden Sprachen Gehör zu verschaffen. Am unteren Ende standen zwei Männer kurz vor einer Prügelei.
    Einige der Anwesenden waren Elena wohlbekannt. Sie hatten ihr geholfen, die Insel A’loatal dem Bösen zu entreißen, das hier Wurzeln geschlagen hatte. Der Großkielmeister der De’rendi Flotte, der jetzt seinen Forderungen unüberhörbar Ausdruck verlieh, war in diesem Krieg verletzt worden und trug noch die Verbände. Neben ihm saß steif aufgerichtet Meriks Mutter, die Elv’en Königin. Ihre langen Silberlocken glänzten im Schein der Fackeln. Dahinter war Meister Edyll, der Ratsälteste der im Meer lebenden Mer’ai, unermüdlich bestrebt, etwas mehr Ruhe und Würde in die oft genug ins Pöbelhafte abgleitenden Debatten zu bringen.
    Doch auf jedes vertraute Gesicht kamen zwanzig andere, die Elena nur dem Namen nach kannte. Sie schaute den langen Tisch voller Fremder entlang zahllose Repräsentanten und Vertreter anderer Völker, die alle gehört werden wollten und alle fest davon überzeugt waren, sie wüssten, wie der bevorstehende Krieg gegen den Großen Gul’gotha am besten zu führen sei.
    Einige schlugen vor, die Insel in Brand zu stecken und alle Bewohner an die Küste zu bringen; andere wollten A’loatal so befestigen, dass sich die Heerscharen des Herrn der Dunklen Mächte an seinen Mauern die Köpfe einrennen sollten; und wieder andere waren dafür, den Kampf direkt nach Schwarzhall zu tragen, den eben errungenen Sieg zu nutzen und die Hochburg des Großen Gul’gotha zu zerstören, bevor der Feind seine verstreute Streitmacht wieder sammeln konnte. So ging das nun schon seit fast einem Mond, und die Auseinandersetzungen wurden immer hitziger.
    Elena warf einen Blick auf Er’ril. Ihr Paladin stand reglos wie eine Statue aus standischem Eisen mit verschränkten Armen zur Rechten des Thrones. Sein strenges Gesicht war von maskenhafter Starre, das schwarze Haar hatte er mit Öl geglättet und nach hinten gekämmt, wie es an der Küste der Brauch war. Grau wie der frühe Morgen blickten die winterkalten Augen über den Tisch. Niemand konnte seine Gedanken erraten. Er hatte zu den ewigen Debatten bisher kein einziges Wort beigesteuert.
    Doch Elena bemerkte das leise Zucken um seine Augenwinkel. Sie konnte er nicht täuschen. Das Gezänk am Tisch ging ihm allmählich ebenso sehr auf die Nerven wie ihr selbst. Seit über zwei Wochen war keine Entscheidung mehr gefallen. Seit dem Sieg von A’loatal hatte man sich nicht über den nächsten Schritt einigen können. Während hier gestritten wurde, zerrann ein Tag nach dem anderen, und Er’ril, ihr treuer Ritter, wartete immer noch. Seit sie das Buch des Blutes in Händen hielt, war das die einzige Funktion, die er noch hatte. Seine Rolle als Führer und Ratgeber war ausgespielt.
    Elena sah mit einem leisen Seufzer auf ihre behandschuhten Hände hinab. Die
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