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Alasea 01 - Das Buch des Feuers

Alasea 01 - Das Buch des Feuers

Titel: Alasea 01 - Das Buch des Feuers
Autoren: Das Buch des Feuers
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den Obsthainen, die sie seit ihrer Kindheit verrichteten, hatte bei ihnen ähnliche körperliche Merkmale geschaffen.
    Bis jetzt bestand die Landarbeit, die man ihnen auftrug, lediglich in kindgerechten Verrichtungen. Doch bald würde sich Joach den Männern bei den schwereren Arbeiten zugesellen, und seine Brust und die Arme würden sich zu denen eines echten Mannes entwickeln, was für seine Körpergröße bereits jetzt schon fast zutraf. Irgendwann würde niemand mehr sie für Brüder halten - zumindest hoffte sie das. Ohne sich dessen bewusst zu sein, betrachtete sie nun doch ihre Brust und dachte missmutig: je früher, desto besser.
    »Wenn du damit fertig bist, deine winzigen Äpfelchen zu bewundern«, neckte er sie, »dann können wir gehen.«
    Sie pflückte eine Frucht vom Baum und bewarf ihn damit. »Verschwinde!« Sie wollte ihrer Stimme eigentlich einen schneidenden Klang geben, aber ihr Lachen am Schluss machte diese Wirkung zunichte. »Wenigstens spanne ich nicht die Muskeln vor dem Spiegel, wenn niemand zusieht.«
    Nun war er an der Reihe zu erröten. »Das stimmt nicht… ich meine, ich habe nicht…«
    »Geh heim, Joach.«
    »Und was ist mit dir?«
    »Mein Korb ist noch lange nicht voll. Ich glaube, ich sollte noch ein bisschen länger arbeiten.«
    »Ich könnte einen Teil meiner Äpfel in deinen Korb schütten. Meiner ist sowieso übervoll. Dann sieht es so aus, als hätten wir die gleiche Menge an Arbeit geleistet.«
    Obwohl sie wusste, dass ihr Bruder ihr zu helfen versuchte, spürte sie einen Schwall von Wut in sich. »Ich kann meine Äpfel selbst pflücken.« Ihre Worte kamen in einem giftigeren Ton heraus, als sie es beabsichtigt hatte.
    »Schon recht, ich habe es nur gut gemeint.«
    »Sag Mutter, ich bin vor Sonnenuntergang daheim.«
    »Das solltest du auch. Du weißt, dass sie es nicht mag, wenn wir nach Einbruch der Dunkelheit noch draußen sind. Die Familie Kuliga hat letzte Woche drei Schafe eingebüßt.«
    »Ich weiß. Ich habe davon gehört. So, jetzt lauf, bevor ihnen die Hammel ausgehen. Ich komme zurecht.«
    Sie merkte, dass ihr Bruder einen Herzschlag lang zögerte, aber sein Hunger gewann die Oberhand. Mit einem kurzen Winken ging er davon, lief zwischen den Baumreihen hindurch auf das Haus zu. Bald war er von den Bäumen verschluckt, und seine patschenden Schritte waren nicht mehr zu hören.
    Elena kletterte bis fast zur obersten Sprosse der Leiter hinauf und reckte sich den schwer mit Früchten beladenen Ästen entgegen. In der Ferne sah sie die Schwaden, die weiter unten im Tal aus den zahlreichen Kaminen von Winterberg emporstiegen. Ihre Augen verfolgten die schmutzigen schwarzen Rauchsäulen, bis sie hoch über dem Tal zu einem schwachen Dunst verblassten, wo der Wind den Rauch zum fernen Ozean trug. Wenn sie doch nur mitreisen könnte…
    Während sie in diese Betrachtung versunken war, fielen ihr die Worte ihres Vaters wieder ein, die er mit barscher Stimme ausgesprochen hatte: Du bist mit dem Kopf immer in den Wolken, Elena.
    Seufzend riss sie den Blick vom Himmel los und lehnte sich mit dem Bauch gegen die Leiter, um das Gleichgewicht zu halten. Dies war ihr Leben. Sie benutzte beide Hände, um Äpfel zu pflücken und sie über die Schulter in den Korb zu werfen. Erfahrene Finger konnten beurteilen, ob ein Apfel reif genug zum Pflücken war; sie hielten hier inne, pflückten da, bis alle reifen Äpfel der erreichbaren Äste in ihrem Korb waren.
    Während des Arbeitens fingen die Schmerzen in ihrer Schulter wieder an und strahlten bis in den Rücken aus. Aber sie hielt nicht inne. Sie verscheuchte mit dreschenden Armen die Fliegen, die sie umsurrten, und kletterte noch eine Sprosse höher, um frische Zweige zu erreichen, fest entschlossen, ihren Korb vor Sonnenuntergang zu füllen.
    Bald wucherte der Schmerz in der Schulter wie Unkraut bis in ihren Bauch. Sie veränderte die Stellung auf der Leiter, in der Annahme, die Sprossen drückten beim Anlehnen gegen ihre Rippen. Plötzlich krampften sich ihre Eingeweide schmerzhaft zusammen. Beinahe hatte sie das Gleichgewicht verloren, aber ein schneller Griff zur Leiter verhinderte einen Absturz.
    Mit zusammengekniffenen Augen hielt sie sich an der Leiter fest und wartete auf das Nachlassen des Schmerzes. Während der vergangenen Tage hatte sie immer wieder unter solchen Krämpfen gelitten, die dann aber wieder vergangen waren. Sie hatte nicht darüber gesprochen, da sie die Beschwerden auf die große Menge von Bullerbeeren
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