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Alantua

Alantua

Titel: Alantua
Autoren: J. T. Bernett
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ihre Schultern, fast so
ähnlich, wie der junge Krieger es zuvor getan hatte.
    Anyún
nagte an ihrer Unterlippe. Sie hatte bisher niemandem von ihrem Traum
erzählt. Sie hatte gedacht, er würde irgendwann verblassen.
Eine Woche war vergangen, doch die Bilder verließen sie nicht.
So nahm sie ihren Mut zusammen und berichtete ihrem Vater von dem
Traum, der voller Feuer, Lava, Finsternis und Tod gewesen war. Und
sie erzählte ihm von dem Mann mit der Narbe, den sie gesehen
hatte.
    Semeros
nahm sie schließlich erleichtert in die Arme. „Es war nur
ein Traum, mein Schatz, nur ein Traum.“
    „Aber
er wirkte so echt“, murmelte sie an seiner Schulter.
    „Versuch,
ihn zu vergessen. Er bedeutet nichts.“
    „Könnte
es nicht auch eine Vision gewesen sein? Du hast mir doch einmal von
Botschaften der Götter erzählt...“
    „Es
war nur ein Traum“, wiederholte er bestimmend.
    Sie
seufzte tief. Wenn ihr Unterbewusstsein das doch nur annehmen würde.
    „Und
heute in der Stadt...?“ hakte Semeros vorsichtig nach und ließ
sie los, um sie ernst anzusehen.
    „Ich
wollte nur hören, was der Novize zu sagen hatte. Ich war
neugierig und es war dumm von mir, mich in diesen Streit verwickeln
zu lassen. Es tut mir leid.“
    Er
umarmte sie nochmals fest.
    „Ich
bin froh, dass wir das klären konnten. Wann immer du ein Problem
hast, zögere nicht, mit mir darüber zu sprechen.“ Er
seufzte ebenso tief, wie sie selbst eben. „Es gibt noch etwas,
worüber wir reden müssen...“
    Wusste
er von der Verletzung? Anyún verschränkte unbewusst die
Hände hinter dem Rücken.
    „Ja,
Vater?“
    Er
zögerte und Anyún konnte nun tiefe Traurigkeit in seinen
Augen erkennen.
    „Ein
Falke traf heute ein mit einer Botschaft. Der Falke kam aus Dejia.“
    „Von
meiner Mutter?“
    Er
nickte. „Sie war nicht explizit, doch ich glaube, es geht ihr
nicht gut. In den nächsten Tagen wird jemand kommen, dich
abzuholen und heimzubringen.“
    Sie
hätte fast widersprochen. Hier war nun ihre Heimat, zumindest
hatte sie das gedacht. Doch die Sorge um ihre Mutter erfasste sie
sofort.
    „Kann
ich den Brief lesen?“
    Er
reichte ihr ein kleines Pergament, das aufgerollt auf seinem
Schreibtisch lag. „Du kannst ihn mitnehmen und auf deinem
Zimmer lesen. Ich glaube, du brauchst jetzt Ruhe.“
    Impulsiv
umarmte sie ihn. „Ich habe dich lieb, Vater.“
    „Ich
dich auch, Anyún. Jetzt geh schnell. Meine Gäste treffen
bestimmt gleich ein.“

    Lange
noch lag sie wach. Die Botschaft war kurz und in nüchternem Ton
geschrieben. Die Handschrift war nicht die ihrer Mutter.

    An
Semeros Tarzos: Die Königin wünscht ihre Tochter zu sehen.
In wenigen Tagen erhält die Prinzessin Geleit nach Alantua.
Hochachtungsvoll, M.T.

    Die
Nachricht konnte nur aus der Hand General Marta Tyrons stammen. Sie
war die engste Vertraute ihrer Mutter.
    Prinzessin
... So lange hatte sie diesen Begriff nicht mehr vernommen. Und
passte er überhaupt noch zu ihr?
    Ihr
verletzter Arm schmerzte noch immer. Sie hatte niemandem die Wunde
gezeigt, weil der Ärger sonst noch größer geworden
wäre. Darum würde sie sich morgen kümmern. Dann wollte
sie sich ganz ihren Studien und ihren Aufgaben im Haus widmen. In den
wenigen Tagen, die ihr hier noch blieben, sollte ihr Vater stolz auf
sie sein und sie wollte ihm keinen Kummer mehr bereiten.
    Als
ihr endlich die Augen zufielen, träumte sie wieder. Doch diesmal
war es wirklich nur ein Traum. Sie träumte davon, eine Bärin
zu sein. Sie badete in dem kühlen Nass eines Flusses und fing
einen saftigen Fisch. Danach legte sie sich in die Sonne und ließ
die herrlich warmen Strahlen ihren Pelz trocknen. Anyún fühlte
Frieden und Ruhe.

Königswille

    „Bromm,
der König wünscht dich zu sprechen.“ Lord Murro
wirkte ernst, als er den Gemeinschaftsraum der Leibwache betrat. Wenn
ich es richtig bedenke, wirkte unser Befehlshaber eigentlich selten
anders als ernst. Ernst war die strenge, zurückgekämmte
Frisur aus Silber und Schwarz, ernst war das reife Gesicht mit den
vielen Grübelfalten, ernst war der stets zusammengekniffene Mund
unter dem gepflegten Bart.
    Lord
Murro oblag die Sicherheit des Königs von Tallgard und zwar seit
dessen Geburt. Ernster konnte seine Aufgabe gar nicht sein. Trotzdem,
der ein oder andere Scherz hätte ihm sicher gut gestanden.
    Ich
saß auf einem hölzernen Sessel, der mit Fellen und Kissen
bequem ausgestattet war, ein guter Ort zum Lesen. Der Band eines
Lyrikers von der Insel der Magier war allerdings
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