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Alantua

Alantua

Titel: Alantua
Autoren: J. T. Bernett
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ihres Kleides auf ihre Haut. Der Schmerz folgte
sofort. Anyún schrie auf. Blut tränkte den Stoff ihres
Ärmels, rot auf grün.
    Der
Bogenschütze wurde von seinen Gefährten zurückgerissen.
    „Weißt
du denn nicht, wer sie ist?!“ drang es dumpf an ihr Ohr. Sie
bekam kaum noch etwas mit, starrte nur das Blut an, das ihren Ärmel
tränkte. Jemand trat an ihre Seite und untersuchte ihren
Unterarm.
    „Die
Wunde ist nicht sehr tief“, sagte er. „Mit Verlaub...“
Er riss ihren Ärmel auf und drückte ein anderes Stück
Stoff fest auf die Wunde. Anyún nahm Stimmen war, sie verstand
aber nicht, was sie sagten.
    „Er
hat sie verletzt!“ stellte nun auch der Novize mit dünner
Stimme fest. „Seht, seht was die Männer der Dunkelheit
anrichten! Ein unschuldiges Mädchen!“
    „Halt
den Mund, Junge!“ wurde er angefaucht. „Geh zurück
in deinen Tempel und werde weise, aber bei den Göttern, geh!“
    Kräftige
Hände packten sie hart an ihren Schultern. „Mädchen,
was hast du dir nur dabei gedacht?!“
    Endlich
konnte sie den Blick von ihrer Verletzung lösen. Es war der
junge Krieger, der vor ihr stand, sie an den Schultern festhielt und
mit gerunzelter Stirn musterte.
    Er
hatte eine kleine Narbe an der rechten Augenbraue, fiel ihr auf.
Bartstoppeln bedeckten seine Wangen.
    „Verstehst
du, was ich sage? Geh nach Hause. Lass die Wunde reinigen.“
    Sie
nickte.
    Seine
Augen waren grau ... grau wie der Himmel an einem Regentag, als er
noch etwas zu ihr sagte...
    ***
    Jemand
hatte ihren Korb umgeworfen. Mehl und Eier lagen im Schatten der
Birke verteilt und bildeten einen gelblich-braunen Matsch auf der
Erde. Sie presste das schwarze Stück Stoff fester auf ihre
Wunde. Seine leisen Worte waren ihr noch immer gewahr: „Du
hättest nicht hier sein dürfen.“

    Zuhause
gestand sie ihrer Stiefmutter, was geschehen war. Es zu verheimlichen
hatte wenig Sinn, solche Geschichten machten in Sonnhafen schnell die
Runde. Außerdem war Anyún zu verwirrt, um sich eine
Ausrede einfallen zu lassen. Ihre Verletzung und den blutigen Stoff
ihres Ärmels verbarg sie aber unauffällig hinter dem
Rücken. Melena hörte sich ihre Geschichte ruhig an und
schickte sie dann auf ihr Zimmer. Dort sollte sie sich waschen,
umziehen und warten, bis ihr Vater nach Hause kam.
    Am
Abend, bevor die Gäste eintrafen, auf die Semeros Tarzos
wartete, rief er Anyún in sein Arbeitszimmer. Er war ein Mann
von durchschnittlicher Statur. Doch die Ruhe, die er ausstrahlte und
der feste Blick waren stets respekteinflößend. Anyún
hatte sich zwischenzeitlich umgezogen, ihre Wunde gesäubert und
verbunden. Der Verband unter ihrem Kleid war unauffällig.
    Als
sie den kleinen Raum betrat, dessen Wände vollkommen von
Bücherregalen bedeckt waren, fühlte sie sich wieder wie ein
kleines Mädchen.
    „Melena
hat mir erzählt, was heute auf dem Markt passiert ist“,
begann er ohne Umschweife. Er stand am Fenster, die Arme hinter dem
Rücken verschränkt. „Aber ich habe bereits in der
Stadt davon gehört. Die Leute tuscheln darüber, wie die
Tochter des Ratsmitglieds Tarzos, Vertreter der Gemeinde der
Erdmutter Semja, in einen Streit zwischen Anhängern Alanwys und
Zaroms verwickelt wurde.“
    Eine
tiefe Falte hatte sich zwischen seinen Augenbrauen gebildet. Er
wirkte angespannt und müde. Sicher hatte er einen anstrengenden
Tag hinter sich und einen ebensolchen Abend vor sich.
    Verlegen
sah Anyún zu Boden. „Ich weiß, dass wir uns
heraushalten aus dem Zwist Licht gegen Dunkelheit. Aber der Novize
... er hat niemandem etwas getan. Die Anhänger Zaroms suchten
Streit. Keiner half dem Jungen...“
    „Wir
halten uns heraus“, betonte ihr Vater.
    „Ich
konnte nicht zusehen, wie man ihm etwas antut. Er hat nur über
seinen Glauben gesprochen“, verteidigte sie sich und den
Novizen.
    Er
seufzte tief. „Bedeutet dir der junge Mann etwas?“
    „Was?!
Nein! Ich kenne ihn kaum!“ Wie kam ihr Vater nur auf eine
solche Idee?
    „Schon
gut“, er hob beschwichtigend die Hände und kam um seinen
Schreibtisch herum auf sie zu. „Es ist nur... Du verhältst
dich in den letzten Tagen etwas seltsam. Auch Melena ist das
aufgefallen. Du bist still und in dich gekehrt, spielst kaum noch mit
deinen Geschwistern... Wir dachten, da du nun in ein gewisses Alter
kommst, könnte vielleicht eine Schwärmerei dahinter
stecken.“
    Anyún
errötete. „Nein, Vater, ich interessiere mich keineswegs
für einen Jungen.“
    „Bedrückt
dich denn irgendetwas?“ Er umfasste
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