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Al Wheeler und die geborene Verliererin

Al Wheeler und die geborene Verliererin

Titel: Al Wheeler und die geborene Verliererin
Autoren: Carter Brown
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es vor, hierzubleiben und mich an Ihrem scheußlichen
Scotch um Sinn und Verstand zu trinken, wenn Sie nichts dagegen haben.«
    »Mir ist es völlig egal, was
Sie tun«, sagte ich aufrichtig. »Von mir aus können Sie auch aus dem Fenster
springen.«
    »Eines muß man Ihnen lassen,
Wheeler«, sagte sie. »Sie sind ein Herzchen.«
     
     
     

12
     
    Mrs. Siddell öffnete mir die
Haustür. Mir fiel ein, wie es gewesen war, als ich sie das erstemal gesehen
hatte, daß ich den Eindruck gehabt hatte, ihr Gesicht sähe aus, als ob sie
durch Zeit und bittere Erfahrungen bis zum Punkt endgültiger Kapitulation
zermürbt sei. Aber jetzt wußte ich es besser. Sie war die geborene Verliererin,
aber sie würde niemals kapitulieren, weil sie einfach nicht wußte, wie man
aufgab.
    »Haben Sie Besuch?« fragte ich.
    »Stuarts kleiner Liebling
Jamison und Danes Schwester sind da«, antwortete sie.
    »Kann ich hereinkommen?«
    Sie schüttelte leicht den Kopf.
»Ich glaube, Sie sind im falschen Augenblick eingetroffen, Lieutenant. Dane übt
ganz schön Druck auf Jamison aus, und ich halte es für möglich, daß er
Resultate erzielt. Wollen Sie nicht später zurückkommen?«
    »Ich muß Ihnen einiges mitteilen«,
sagte ich. »Können wir nicht einen Spaziergang in Ihrem Garten machen? Wenn wir
um das Haus herumgehen, werden wir Connelly nicht stören.«
    Ihre tiefliegenden blauen Augen
sahen mich durchdringend an. »Ich würde es vorziehen, wenn Sie jetzt gingen,
Lieutenant. Ich möchte hören, was sich innen abspielt und mir ein eigenes
Urteil bilden.«
    »Mrs. Siddell«, sagte ich
vorsichtig, »Sie leben in einer nicht existierenden Phantasiewelt, und was da
drin vorgeht, ist ein Bestandteil davon. Die Wirklichkeit ist hier bei mir.«
    »Das klingt sehr überzeugend,
Lieutenant.« Ein flüchtiges Lächeln zuckte um ihre Lippen und erstarb
unvermittelt. »Es gibt keine hübschen Geschichten mehr, die mir noch jemand
erzählen könnte. Aber das, was Sie sagen, klingt, als ob es sich um etwas ganz
besonders Häßliches handelte.«
    »Wollen wir den Spaziergang
machen?« fragte ich.
    Sie zog die Tür hinter sich zu,
und wir gingen um das Haus herum in den großen Garten. Sie hielt inne, als wir
am Swimming-pool angekommen waren, wandte sich mir zu und schlug die Arme unter
der Brust übereinander.
    »Nun gut«, sagte sie
ausdruckslos. »Heraus damit.«
    »Das Mädchen, dessen Leiche Sie
neulich früh hier gefunden haben, war nicht Ihre Tochter«, sagte ich.
    »Was soll das heißen?«
flüsterte sie. »Soll das ein schlechter Witz sein?«
    »Ihre Tochter starb, als sie
siebzehn war«, sagte ich. »Sie kam zusammen mit ihrem Freund bei einem
Autounfall um.«
    »Sie sind verrückt!« sagte sie
heiser. »Glauben Sie vielleicht, ich würde meine eigene Tochter nicht kennen?«
    »Wie alt war sie, als Sie ins
Gefängnis gingen?«
    »Fünf.«
    »Haben Sie sie jemals gesehen,
während Sie im Gefängnis saßen?«
    »Nein, das habe ich Ihnen doch
schon gesagt. Meine Schwester sorgte für sie, und ich wollte nicht, daß sie je
erführe, wer ihre Mutter war, also erzählte man ihr, ich sei tot.«
    »Ihre Schwester hat Ihnen
geschrieben?«
    »Ja.«
    »Und Ihnen vielleicht Fotos von
Ihrer Tochter geschickt?«
    »Nein.« Sie schüttelte den
Kopf. »Sie sollte mir berichten, wie sie sich entwickelte, aber Bilder wollte
ich keine haben. Ich hätte das nicht ertragen. Ich hätte es nicht
durchgestanden, wenn ich auf Fotos hätte verfolgen können, wie sie heranwuchs,
ohne daß ich Gelegenheit hatte, sie wiederzusehen, bevor sie erwachsen war.«
    »Wie alt war sie, als Sie sie
dann wiedersahen?«
    »Achtzehn, vielleicht auch
neunzehn.« Sie schluckte krampfhaft. »Sie Dreckskerl! Na gut, möglich ist es!«
    »Sie redeten nicht, also
wanderten Sie ins Gefängnis«, sagte ich. »Aber Sie standen nach wie vor unter
Druck, nicht wahr?«
    »Man bot mir sofortige Begnadigung
an, wenn ich meine Absicht änderte«, pflichtete sie bei.
    »Das Syndikat verließ sich auf
Sie«, sagte ich. »Aber man wußte dort auch, daß Sie durch Ihre Tochter
verletzbar waren.«
    »Ja, vermutlich«, sagte sie
langsam.
    »Ich nehme an, die
Syndikatsbosse überließen nichts dem Zufall. Sie rückten Ihrer Schwester auf
den Leib, erzählten ihr, es sei Geld des Syndikats — nicht Ihres—, was sie ihr
und Carol zur Verfügung stellten. Dann kam Carol bei diesem Autounfall um, und
man hatte Sie durch das Mädchen nicht mehr in der Hand. Während Sie im
Gefängnis saßen, war alles
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