Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Al Wheeler und der Tanz in den Tod

Al Wheeler und der Tanz in den Tod

Titel: Al Wheeler und der Tanz in den Tod
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
und mich von Lavers fertigmachen lassen.
    Fünf Minuten später zog ich an
dem verknoteten Klingelzug und las, während die Bronzeglocke mit sonorem Ton
läutete, erneut die in das Kupferblech gravierte Inschrift.
    Ich bin
die Freistatt, wenn mit der Nacht der Jäger kommt.
    In wie vielen Nächten waren wie
viele Jäger gekommen? fragte ich mich sachlich, und wie viele Jäger würden in
dieser Nacht auftauchen?
    Die Haustür knarrte unheilvoll
und wurde dann genügend weit geöffnet, um mir den Blick auf dunkle, feuchte,
überrascht blinzelnde Augen freizugeben.
    »Na, wenn das nicht wieder
unser Bulle ist ?« sagte Natasha mit dieser tiefen,
weichen Stimme und dem vage an Vassar erinnernden Akzent, den die kleine Nancy Kopchek ganz gewiß nicht in der High School erworben hatte.
»Was ist los, Al? Immer wieder kommen Sie hierher zurück. Vielleicht ist das
die von mir ausgehende fatale Faszination ?«
    Sie öffnete die Tür ein wenig
weiter und trat mit einladendem Lächeln auf ihrem Gesicht beiseite. Ich
bemerkte, als ich eintrat, daß sie noch immer ihre Arbeitskleidung trug — das
schwarze Trikot und die Ballettschuhe — , und fragte
mich, wie sie wohl in einem Kleid aussehen mochte.
    »Der Sergeant hat uns heute nachmittag besucht«, sagte sie beiläufig, »der mit
dem trepanierten Schädel...«
    »Wie ?« sagte ich und schluckte.
    »Der, dem sie den Schädel oben abgesägt,
sein Gehirn herausgenommen und dann die beiden Schädelhälften wieder
aneinandergeheftet haben«, erklärte sie. »Er hat uns alle einen Schreibtest machen
lassen. Bringen Sie vielleicht zufällig die Resultate mit, Al ?«
    »Nein«, sagte ich wahrheitsgemäß.
»Im Augenblick bin ich nichts als Polizeibeamter und muß das bis zum letzten
auskosten. Ich gehe irgendwohin, stelle Fragen, gehe ins Büro zurück und
schreibe alle Antworten in dreifacher Ausfertigung nieder, erinnere mich dann
an eine ganze Reihe weiterer Fragen, die ich zu stellen vergessen habe, und muß
deshalb wieder zurückkommen und von vorne anfangen.«
    »Das klingt maßlos aufregend !« Sie rümpfte zart die Nase. »Kann ich irgend etwas in Sachen Gastfreundschaft tun, wie zum
Beispiel etwas zu trinken anbieten? Oder kommen erst Ihre Fragen und dann das
Vergnügen ?«
    »Ich fürchte, ich muß mir den
Drink gutschreiben lassen«, sagte ich. »Wo sind denn alle übrigen ?«
    »Laurence und ich üben noch
immer im Wohnzimmer .« Sie blinzelte mich plötzlich
durchtrieben an. »Und ich meine damit Ballett! Wir sind das fanatische Duo des
Teams. Unser ganzer Probenplan heute ist durcheinandergeworfen worden, und
alles ist Ihre Schuld !« Sie
schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. »Es war sehr ungezogen von Ihnen, unseren
ersten Solotänzer gestern nacht mit dem Fuß gegen die Kniescheibe zu stoßen! So was tut man in Ballettkreisen
nicht! Geben Sie ihm eins auf die Nase, wenn Sie wollen! Stecken Sie ihm die
Finger in die Ohren, wenn Sie Lust haben. Aber verletzen Sie niemals seine
Beine. Man kann ihm immer noch einen Sack über den Kopf werfen, wenn er tanzt,
aber wenn er nicht mehr tanzen kann, ist das ein schreckliches Problem. Wer zum
Beispiel soll die Ballerina am Ende eines Sieben-Meter- jeté auffangen? Und schlagen Sie
jetzt ja keinen professionellen Catcher vor, denn das ist mit schrecklichem
Resultat bereits ausprobiert worden.«
    Sie machte eine Pause, um tief
Luft zu holen, und blickte mich erwartungsvoll an.
    »Okay!« Ich zuckte die
Schultern. »Ich verpatze keine Pointen. Was passierte ?«
    »Der Catcher vergaß, seinen
Handschuh abzunehmen, als er sie auffing«, sagte sie vergnügt. »Es gab einen
schrecklichen klatschenden Laut, als sie geradewegs in seinem Handschuh
landete, und von da an hatte sie den plattesten Busen in der ganzen Ballettbranche .«
    »Worüber haben wir uns noch unterhalten,
als Sie zum letztenmal zusammenhängend sprachen ?« fragte ich nervös.
    »Ich habe Ihnen gesagt«,
antwortete sie in eisigem Ton, »daß Dickie Gamble oben in seinem Zimmer ist und sein Knie schont, das
Sie ihm gestern nacht verletzt haben! Charvossier ist in der Küche und läßt irgend etwas für unser Abendessen anbrennen, und Cissie ist ebenfalls in ihrem Zimmer, aber ich weiß nicht,
was sie dort schont. Vielleicht können Sie nach den Ereignissen von gestern nacht diesbezüglich irgendwelche scharfsinnigen
Schlüsse ziehen ?«
    »Wer — ich ?« sagte ich unschuldig.
    »Sie ahnen nicht, welche Opfer Ballerinas für die Kunst bringen müssen .« Sie schürzte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher