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Al Wheeler und der Tanz in den Tod

Al Wheeler und der Tanz in den Tod

Titel: Al Wheeler und der Tanz in den Tod
Autoren: Carter Brown
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froh
war.
    Etwa fünfzehn Sekunden später
öffnete sich die Tür mit einem knarrenden Laut, und ich konnte vage ein
schlankes, faunartiges Wesen erkennen, das in dem
dunklen Flur stand und mich mit einem feierlichen Ausdruck in den dunklen
feuchten Augen anblickte. Dann trat es einen Schritt vor, was es aus der
Düsternis in den glänzenden Sonnenschein brachte, der unter das Vordach fiel,
und ich mußte plötzlich anerkennend tief Luft holen.
    Ihr schimmerndes schwarzes Haar
war in der Mitte gescheitelt und hinten zu einem Knoten geschlungen. Sie war
groß, bewegte sich mit biegsamer Grazie und trug ein hautenges Trikot, das die
Konturen ihrer kleinen, spitzen Brüste, einer unwahrscheinlich schmalen Taille
und fester, gerundeter Hüften bis zu den letzten intimen Kurven und Höhlungen
betonte. Ihre langen Tänzerinnenbeine verjüngten sich nach unten elegant bis zu
hübschen Knöcheln; ihre Oberschenkel und Waden waren straff und elastisch, ohne
muskulös zu sein, an ihren langen, schmalen Füßen trug sie schwarze
Ballettschuhe aus Leder.
    »Hallo!« Sie lächelte und
zeigte dabei schöne weiße Zähne. »Ich bin Natasha Tamayer .
Sie sind doch sicher der Bulle ?«
    »Bulle ?« brummte Polnik , während er sie mit herausquellenden
Augen anstarrte.
    Ich lauschte innerlich noch
immer dem Klang der tiefen, weichen Stimme mit jenem Akzent der
Selbstsicherheit nach, der im allgemeinen auf Vassar oder ein gleichwertiges
College hinweist.
    »Als ich in Mailand tanzte,
lernte ich einen faszinierenden Mann kennen, den man deportiert hatte, weil er
ein Gangster war«, erklärte sie im Plauderton. »Er sagte immer >Bullen<,
wenn er von der Polizei sprach, und so dachte ich, das sei eine Art
innerdienstlicher Ausdruck? Ich gehöre schrecklich gern überall zu der mit den
inneren Verhältnissen vertrauten Gruppe, weil einem das immer das herrliche
Gefühl des Erwünschtseins gibt, finden Sie nicht?
>Bulle< ist doch hoffentlich keine Beleidigung ?«
    Ich blickte auf den Sergeanten
und sah, daß er noch immer um Fassung rang, genau wie ich, und daß von seiner
Seite nicht die geringste Hilfe zu erwarten war.
    »Klar, wir sind Bullen«, sagte
ich mit erstickter Stimme. »Ich bin Lieutenant Wheeler vom Büro des Sheriffs,
und dies ist Sergeant Polnik .«
    »Hallo!« Sie strahlte uns beide
erneut an. »Ich bin so froh, daß Sie gekommen sind. Der Anblick dieses Knilchs,
der da an der Zeder baumelt, hatte in den letzten beiden Stunden direkt etwas
zunehmend Deprimierendes. Würden Sie ihn vielleicht freundlicherweise
herunternehmen ?«
    »Ein Ambulanzwagen ist
unterwegs, um dies zu erledigen«, murmelte ich. »Wo ist — äh — dieser Anton
eigentlich ?«
    »Im Garten hinter dem Haus«,
sagte sie obenhin. »Ausgerechnet die alte Zeder unmittelbar vor den
Wohnzimmerfenstern hat er sich aussuchen müssen — er war seit jeher ein
rücksichtsloser Knilch — , so daß wir ihn entweder die ganze Zeit über ansehen
oder die Vorhänge zuziehen und in einem gräßlichen düsteren Zwielicht proben mußten, was natürlich lächerlich ist. Ich bringe Sie
zu ihm, wenn es Ihnen recht ist .«
    Sie vollzog eine graziöse
Pirouette und ging ins Haus zurück. Ich folgte der federnden Bewegung ihres
hochsitzenden, gerundeten kleinen Hinterteils in einer Art gefühlloser
Benommenheit und hatte dabei das Empfinden, mich inmitten eines verdrehten Alptraums
zu befinden und jederzeit gewärtig sein zu müssen, aus dem Bett zu fallen und
auf dem Boden aufzuwachen. Polniks Elefantenschritte
waren unmittelbar hinter mir vernehmbar, als wir durch den langen dunklen Flur
gingen und dann plötzlich in ein hell erleuchtetes Wohnzimmer kamen, das sich
über die gesamte Länge des Hauses erstreckte und ausreichend wirkte, um eine
gesamte Ballett-Truppe und ihre Verwandten gleichzeitig zu beherbergen.
    Ich wurde mir dumpf einer
kleinen Gruppe von Leuten bewußt, die um ein Klavier am anderen Ende des Raumes
geschart stand, aber unsere Führerin ließ mir keine Zeit, mich mit so
unwesentlichen Dingen wie einer näheren Betrachtung zu befassen. Mit einer
wunderbar fließenden Bewegung ihres rechten Arms wies sie auf die große Fensterwand,
durch die man einen Blick auf den hübschen, mit Bäumen bestandenen Rasen und
einen kunstvollen Springbrunnen hatte.
    »Da ist er, Lieutenant«, sagte
sie sachlich. »Das ist Anton — oder sollte ich sagen, das war Anton ?«
    Vom mittleren Fenster umrahmt,
so als sei sie absichtlich dorthin gepflanzt worden, um der Komposition
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