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Akte X

Titel: Akte X
Autoren: Unruhe
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„Seriös hat Bilder von Landschaften, Kathedralen und von der Königin von England produziert.“

    „Gedankenfotografien?“ Scully traute ihren Ohren nicht.
    Mulder machte noch ein Foto mit der Polaroidkamera und legte es neben die anderen.
    „Auch Skotografien genannt. Die Literatur über Gedankenfotografie reicht bis in die Zeit Louis Daguerres zurück.“
    „Und das macht sie glaubwürdig?“ erkundigte sich Scully mit leicht ironischem Unterton.
    Doch Mulder beugte sich bereits über den Tisch und starrte die Bilder an.
    „Scully, sehen Sie sich das an!“ Seine Stimme klang gepreßt.
    Scully näherte sich dem Tisch - und wich instinktiv sofort wieder zurück. Der Anblick erschreckte sie. Obwohl noch recht matt, zeigten alle vier Fotos das gleiche Bild. Innerhalb von Sekunden konnte Scully erkennen, was sie darstellten.
    „Oh, mein Gott“, flüsterte sie.
    Auf jedem der Fotos war Mary Lefante zu sehen. Wie auf dem Paßbild aus der Drogerie war ihr Gesicht von einem Schrei des Grauens entstellt, wobei sie, den Kopf in den Nacken gelegt, mit panisch geweiteten Augen aufwärts blickte. Auf diesen Fotos war der Bildausschnitt allerdings größer, und Scully konnte seltsame Dinge erkennen, undeutliche, verschwommene Dämonen mit
    spitzen Fingern und roten
    Stecknadelkopfaugen,

    die Lefante in einer Art satanischem Maibaumtanz umschwirrten.
    „Ich glaube, er war hier“, murmelte Mulder.
    Er trat auf den Balkon hinaus. Polizeifahrzeuge mit blinkenden Signalleuchten standen verlassen auf der Straße unter ihm. Durch das Fenster blickte Mulder zurück in das Zimmer. Scully wandte sich gerade lange genug von den Bildern ab, um auf Mulders Schlußfolgerung zu antworten.
    „Wer war hier?“
    „Mary Lefantes Entführer“, erwiderte er, während er auf dem Balkon auf und ab ging. „Er hat sich an sie herangepirscht. Ich denke, er ist bis hier oben gekommen, genau bis zu dieser Stelle, von der aus er das Bett sehen konnte.“ Mulder blieb mit dem Gesicht am Fenster stehen. „Nahe genug, um den Film in der Kamera zu beeinflus-sen.“
    „Psychofotografie?“ fragte Scully noch einmal kopfschüttelnd, als ihr Partner wieder ins Zimmer zurückkam. „Mulder, jemand muß diese Bilder manipuliert und hier hinterlegt haben, damit sie gefunden werden. Vielleicht handelt es sich...“ Scully unterbrach sich auf der Suche nach einer möglichen Erklärung. „... um eine Vernebelungs-taktik.“
    „Um was zu vertuschen?“ hakte Mulder nach, wohlwissend, daß Scully ihm diese Frage nicht beantworten konnte. „Hier geht es nicht nur um einen Postdiebstahl, Scully. Der ist nebensächlich.
    Ich meine ... was wäre, wenn? Was wäre, wenn jemand diese Fähigkeit besitzt? Würde uns dann so ein Bild nicht einen Einblick in die Psyche dieser Person gestatten?“
    Scully konnte und wollte Mulders Theorie nicht akzeptieren, auch wenn sie im Augenblick keine logische Erklärung zu bieten hatte. Doch sie schwieg. Einer der Gründe für ihre gute Zusammenarbeit mit Mulder war die stille Übereinkunft, daß Scully auch dann, wenn sie nicht Mulders Meinung war, seine Schlüsse vorläufig hinnahm und erst einmal abwartete, wohin sie sie führten. Ihre Aufgabe war es, die Fehler in seinen oft kühnen Theorien durch empirische Beweise oder, noch häufiger, durch vernünftige, irdischere Lösungsmöglichkeiten zu korrigieren und bisweilen auch zu widerlegen.
    Dennoch hatte sie während ihrer Partnerschaft mit Mulder zu viel gesehen, um seine Worte von vorneherein nur deshalb zu verwerfen, weil sie sich scheinbar zu weit von einer konventionellen Denkweise entfernten. Sie beschloß, auch in diesem Fall auf weitere Puzzleteile zu warten.
    „Sie behaupten also, daß diese Bilder die dunkelsten Phantasien des Entführers festgehalten haben?“
    Mulder blickte ihr direkt in die Augen.
    „Die Phantasien eines Mörders.“

    Scully betrachtete die Fotos noch einmal. Sie verspürte einen wachsenden Widerwillen. Welche Art von Monster mochte solche Phantasien hervorbringen?

4

    Später am Nachmittag griff eine fahlweiße Hand nach den üppigen Grasbüschen am Waldrand neben einer baumgesäumten Schnellstraße. Ein Körper tauchte aus dem Unterholz auf - eine blonde Frau mit grünen Augen, die in ein schmutziges Nachthemd gekleidet war. Sie kroch aus dem Wald heraus und lehnte sich für einen Augenblick gegen einen Baum. Dann schwankte sie auf die Straße.
    Ohne auch nur einen Moment zu zögern, lief die Frau zwischen die Autos.
    Ein Pick-up
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