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Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen

Titel: Akte Weiß: Das Geheimlabor, Tödliche Spritzen
Autoren: Tess Gerritsen
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für Sekunden wie versteinert, dann fiel Guy hintenüber und umklammerte sein Bein.
    „Nein!” schrie Susan auf. Ihre Stimme klang unheimlich. Langsam wandte sie sich Kate zu und hielt immer noch die Waffe in der Hand.
    Kate rannte blindlings in den Nebel hinein. Sie hörte einen Schuss, und die Kugel schlug hinter ihr in den Boden ein. Es ging plötzlich bergan. Durch den sich kurzzeitig lichtenden Nebel sah sie einen steilen, kaum mit Buschwerk bewachsenen Berghang vor sich. Der Rückweg war durch Susan blockiert. Ihre einzige Fluchtchance lag linker Hand. Sie musste zur alten Pali Road, dem ursprünglichen Pass über das Kliff. Susans Schritte kamen näher. Kate kletterte über eine alte Betonmauer, schlitterte, sich an Ästen und Weiden festhaltend, einen lehmigen Hang hinunter und landete verkratzt und atemlos auf einem Stück Asphalt: die alte Pali Road.
    „Es gibt keinen Ausweg”, ertönte Susans irre Stimme von oben. „Die alte Straße führt nicht weit, ein falscher Schritt, und du stürzt ab.” Das Rascheln der Büsche bewies, dass Susan sich näherte.
    Kate sprang auf und rannte weiter. Die alte Straße war verfallen und voller Schlaglöcher. Durch den Nebel sah sie immer nur ein paar Schritte voraus und konnte nur hoffen, dass sie nicht in vollem Lauf über den Abgrund in die Tiefe stürzte. Sie stolperte über einen Stein, schlug lang hin, rappelte sich wieder hoch und hastete ungeachtet der schmerzenden Knie weiter.
    Eine Windböe fegte für Augenblicke den Nebel fort. Kate erkannte zu ihrer Linken den abgebrochenen Straßenrand über dem steilen Abgrund. Zur Rechten ging es ebenso steil den Berg hinauf. Dieser Hang war jedoch dicht mit Buschwerk bewachsen, und auf halber Höhe entdeckte sie den Eingang einer Höhle. Wenn sie rechtzeitig dorthin gelangte, konnte sie sich im Schutz der Dunkelheit verstecken, bis Hilfe kam. Verzweifelt begann Kate den Aufstieg. Der Regen hatte den Untergrund schlüpfrig gemacht, und es bestand die Gefahr, abzustürzen oder einen Felsbrocken zu lösen, der Susan aufmerksam machen würde.
    Sie zog sich an Ästen hoch und hatte ein gutes Stück hinter sich gebracht, als sie unten auf der Straße Susans Schritte vernahm. Sie wurden langsamer und verharrten. Kate regte sich nicht. Nebel trieb jetzt wieder in dichten Schwaden den Hang hinauf und verbarg sie. Erst als die Schritte sich langsam entfernten, kletterte Kate weiter. Völlig erschöpft erreichte sie den Höhleneingang und kauerte sich zitternd und heftig nach Atem ringend zusammen. Sie schloss die Augen und dachte an David. Würde er betroffen sein über ihren Tod oder nur mit einem Schulterzucken darüber hinweggehen? Sie hatte sich noch nie so verlassen und einsam gefühlt wie jetzt.
    Doch das Gefühl, niemandem wichtig zu sein, verlieh ihr auch eine letzte verzweifelte Kraft. Wenn sie sich retten wollte, musste sie selbst etwas unternehmen. Wieder näherten sich Schritte, und sie blickte vorsichtig über den Rand der Höhle nach unten. Der Nebel hatte sich gelichtet, und im Dämmerlicht war der Höhleneingang von der Straße aus noch zu sehen.
    „Du bist da oben, stimmt’s?” schrie Susan hinauf. „Ich hätte dich fast übersehen. Aber Höhlen haben einen Nachteil, Kate. Es sind Sackgassen.” Steine lösten sich und polterten den Hang hinunter, als Susan den Hang in Angriff nahm.
    Kate erkannte entsetzt, dass sie ihre Zuflucht verlassen und bis zum Bergrücken weiterklettern musste, auch wenn sie dabei in Susans Schusslinie geriet. Sie nahm einen faustgroßen Stein und spähte vorsichtig nach unten. Susan war auf halbem Weg. Ihre Blicke begegneten sich, und jede erkannte die Verzweiflung der anderen. Eine kämpfte um ihr Leben, die andere um ihr Kind, und für beide gab es keinen Kompromiss.
    Kate warf den Stein. Er sprang vom Hang ab und prallte gegen Susans Schulter. Aufschreiend fiel sie wieder einige Meter zurück. Kate kam eilig aus der Höhle und kletterte weiter. Sie zog sich an Ästen empor, und ihre zitternden Arme und Beine arbeiteten exakt wie durch ein Wunder, geleitet vom schieren Überlebensinstinkt. Ihre Gliedmaßen waren blutig gekratzt, doch sie spürte keinen Schmerz. Bevor sie einen berankten Felsüberhang erreichte, schlug neben ihr eine Kugel ein. Erde und Steinsplitter spritzten ihr ins Gesicht. Glücklicherweise konnte Susan nicht genau zielen, da sie sich gleichzeitig festhalten musste.
    Kate packte die Ranken und versuchte sich über den blanken Fels hochzuziehen. Doch sie war
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