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Airborn 02 - Wolkenpiraten

Titel: Airborn 02 - Wolkenpiraten
Autoren: Kenneth Oppel
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Schiffs hämmerte das Blut in meinen Kopf.
    Endlich erreichte ich die Kante der Luke, die jetzt um fünfundvierzig Grad geneigt war. Das Schiff bockte und versuchte, mich abzuwerfen. Ich vergewisserte mich, dass der Sauerstoffbehälter gut saß. Dann warf ich mich nach vorne und ließ mich in den Himmel fallen.

22. Kapitel
Ikarus
    Ich fiel.
    Das Heck der Hyperion nahm ich als riesige Masse neben mir wahr, aber ich war schneller und hatte sie bald hinter mir gelassen. Instinktiv breitete ich die Arme weit aus und meine Flügel entfalteten sich. Ich fühlte, wie sich eine kräftige Kreuzverstärkung in meinem Rücken öffnete und einrastete. Sofort wurde mein Fall verlangsamt, so drastisch, dass das Wrack der Hyperion direkt auf mich zugestürzt kam.
    Mir blieben nur Sekunden. Ich neigte meine Flügel, winkelte die Beine an, um das Schwanzruder zu drehen, und legte mich scharf in die Kurve. Die abgetrennte Schiffshälfte raste vorbei, immer noch zu nahe, denn seine gewaltigen Turbulenzen brachten mich zum Kentern. Irgendwie schaffte ich es, mich wieder aufzurichten und aus dem Luftstrudel in der Spur des stürzenden Schiffes freizukommen.
    Ich weiß nicht, woher ich diese Dinge wusste – nur dass sie meine zweite Natur waren und ich mich fühlte, als ob ich diese Flügel schon immer getragen hätte. Hier oben zu schweben verwandelte all mein Grauen in ein mächtiges Glücksgefühl, das ich schon mein ganzes Leben lang aus meinen Träumen kannte.
    Ich glitt nach wie vor steil nach unten durch die Luft. Nicht ohne Schwierigkeiten winkelte ich meine Flügel an, was meine Sinkgeschwindigkeit immer mehr abnehmen ließ, bis ich schließlich auf gleicher Höhe blieb. Dann experimentierte ich herum. Meine Arme hatten nicht die Kraft für einen Aufstieg, daher fing ich mit einer Reihe ungenauer, ruckartiger Kreise an. Der Wind war sehr stark, er hätte mich erstickt, hätte ich nicht die Sauerstoffmaske über Mund und Nase getragen. Meine Augen hatte ich zu Schlitzen zusammengekniffen. Hoch über mir glaubte ich die dunklen Umrisse von Raths Luftschiff zu erkennen, und ich hoffte inständig, dass sie mich nicht sehen konnten – und auch nicht Kate und die anderen.
    Verzweifelt suchte ich den Himmel ab und versuchte, den Ornithopter zu entdecken. Weit unten sah ich die beiden Hälften der Hyperion weiter auf das Meer zusinken, aus ihrem vorderen Teil schlugen Flammen und Rauch quoll heraus. Das Heckteil stand jetzt noch steiler auf den Ruderflossen. Nur ein paar unversehrte Gaszellen bewahrten es davor, wie ein Wolkenkratzer in die Tiefe zu stürzen.
    Ob Kate wohl glaubte, ich wäre immer noch an Bord? Bestimmt war sie nicht so leichtsinnig, eine Landung auf dem Wrack zu versuchen, denn das war bei der Neigung und der Geschwindigkeit der Hyperion unmöglich. Ich hoffte, sie wäre vernünftig genug, sich von ihr fern zu halten – aber nicht so vernünftig, mich gänzlich aufzugeben. Kate war meine einzige Chance.
    Immer weiter zog ich, von Wind gebeutelt, meine Kreise. Unten erstreckte sich das Antarktika-Meer nach allen Seiten bis zum Horizont. Vergeblich suchte ich nach den dunklen Falten der Ornithopterflügel. Die starke Kälte bedrängte mich mit der Kraft eines Gletschers. Lange konnte ich nicht hier oben bleiben. Meine Adern würden zu Eis gefrieren, mein Herz würde aufhören zu schlagen und mein Kopf würde leer sein von allen Gedanken, Erinnerungen und Schätzen.
    Der vordere Teil der Hyperion schlug zuerst auf dem Wasser auf und zerknitterte lautlos auf den Wellen. In weniger als einer Minute folgte das Heck und brach in sich zusammen. Vierzig Jahre lang war die Hyperion durch alle Himmel der Erde gesegelt, nun wurde sie innerhalb von Sekunden zu Treibgut. Die Erfindungen, die Präparate, die Körper der verlorenen Mannschaft: alles verloren. Ich staunte darüber, wie ein so großes Schiff plötzlich so erbärmlich klein werden konnte. Es war nur von Hydrium und Theodore Grunels Träumen in der Luft gehalten worden.
    Mein Verstand trieb dahin, meine Gedanken erstarrten allmählich in der Kälte. Weit entfernt sah ich ein paar Flügel. Ich schrie, obwohl ich wusste, dass sie mich niemals hören könnten. Meine einzige Hoffnung bestand darin, dass Kate und die anderen ebenfalls nach mir Ausschau hielten und irgendwie den kleinen Punkt, den ich in dem gewaltigen Himmel darstellte, entdeckten. Dann konnte ich die Flügel nicht mehr sehen und schaute mich verzweifelt nach allen Seiten um, wusste nicht mehr, wohin ich
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