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Aibon - Land der Druiden

Aibon - Land der Druiden

Titel: Aibon - Land der Druiden
Autoren: Jason Dark
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anzuhören, und die kleineren Elfen verdrehten entzückt die Augen.
    Ihnen galt die Melodie nicht, sondern meiner Begleitperson, die sich im Wald verborgen gehalten hatte und nun hervorkam. Ich sah sie noch nicht, aber ich hörte sie, denn Ryan hatte sein Spiel unterbrochen, so dass der silberhelle Glockenklang meine Ohren erreichte. In dieser Welt war ich auf alles gefasst. Als Kind träumt man ja sehr oft von anderen Ländern, die in Wirklichkeit nicht oder nur in der Phantasie des Träumenden existieren. Doch für mich war die Welt der Märchen und Legenden real geworden, und ich fühlte mich in ihr inzwischen wohl. Ich hatte auch die Richtung festgestellt, aus der das Glockenläuten klang. Da es lauter wurde, musste die Gestalt sich bereits in unmittelbarer Nähe der Lichtung befinden.
    Ich sah sie. Es war einfach umwerfend. Zuerst erkannte ich den hellen, fast weißen Schatten, der nur allmählich Umrisse annahm, so dass sich ein weißes Pferd hervorschälte, wie ich noch nie eins gesehen hatte. Und auf ihm saß die Gestalt. Der rote Ryan hatte nicht gelogen. Diese Elfe überragte die normalen, wie ich sie gesehen hatte, tatsächlich um einiges. Wenn ich schätzen sollte, würde ich sagen, dass sie ebenso groß war wie ein normaler Mensch, wenn er auf dem Pferderücken sitzt. Da sie auf mich zuritt, konnte ich in ihr Gesicht schauen. Es war schmal, weiß, fast bleich, dennoch hatte dieses Wesen nichts Leichenhaftes an sich. Und sie war erst recht keine Gestalt aus Fleisch und Blut. Sie war eben ein Engel…
    Und das spürte auch mein Kreuz. Bisher hatte es sich nicht ›gemeldet‹, nun aber merkte ich die leichte Wärme, die es abstrahlte. Ich konzentrierte mich auf diese Ausstrahlung und stellte fest, dass sie nicht zunahm.
    Demnach drohte mir keine Gefahr. Zwar sah ich einen ›gefallenen‹ Engel vor mir, aber der musste seine Taten längst bereut haben. Ich fühlte so etwas wie Ehrfurcht. Wenn all das stimmte, was ich erfahren hatte, sah ich vor mir eine Gestalt, die schon den Beginn der Welt erlebt hatte. Der Klumpen in meinem Magen wurde immer dicker, und ich atmete stöhnend aus.
    »Du kannst ihm vertrauen«, erklärte der rote Ryan mir. Er hatte meine Reaktion falsch verstanden.
    »Natürlich.«
    Ich konnte meinen Blick einfach nicht von der Gestalt wenden. Sie war nicht durchscheinend, trotzdem hatte ich das Gefühl, keinen festen Körper vor mir zu sehen. Das musste ein Mittelding sein. Um den Hals hatte die Elfe ein Band geschlungen, an dem die kleinen Glöckchen hingen, die bei jedem Schritt des Pferdes in Schwung gerieten und klingelten. Das also war die Begleitmusik der Elfe, die mich zu meinem Ziel bringen sollte.
    Der rote Ryan trat an mich heran. »Du musst dich hinter ihm auf den Pferderücken setzen«, erklärte er mir.
    »Und was geschieht dann?«
    »Wird man dich zu deinem Ziel bringen.«
    »Wie?«
    Er hob die Schultern und Arme. »Vertraue mir, dann wirst du es merken, John.«
    Was blieb mir anderes übrig, als auf den Rücken dieses Schimmels zu steigen? Zuvor warf ich dem roten Ryan einen letzten Blick zu und sah sein aufforderndes Nicken. Er wollte, dass ich aufstieg und endlich davon ritt.
    Der Reiter hockte unbeweglich auf dem Pferderücken. Er starrte nach vom. Auch die Glocken bewegten sich nicht. Kein Klingeln ertönte, es war plötzlich still geworden. Selbst der sacht wehende Wind hatte sich zurückgezogen und war eingeschlafen.
    Ich stieg auf. Beim erstenmal schaffte ich es schon und legte meine Arme automatisch um den Körper. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, hindurchzufassen, das trat nicht ein. Ich spürte einen Widerstand wie bei einem normalen Menschen, obwohl dieses Wesen sich doch so deutlich von den Menschen unterschied.
    Kaum saß ich oben, als sich der Schimmel in Bewegung setzte. Seine vier Beine schleuderte er nach vorn, ich kam mir plötzlich wie eine legendäre Gestalt vor, die das geflügelte Pferd Pegasus gefunden hatte und damit in die Wolken ritt.
    Auch uns öffnete sich der Himmel. Es war herrlich. Auf einmal gewannen wir an Höhe, ich vernahm das Flüstern des Windes und auch den Klang der Glocken, der mich umwehte. Seit langer Zeit wieder fühlte ich mich frei und ungebunden. Es war mir gelungen, in die Märchenwelt des Landes Aibon einzudringen, und sie allein hielt mich voll umfangen. Sie gab mir sogar das herrliche Gefühl der Freiheit, des tiefen Durchatmens, und ich konnte verstehen, dass dieses Reich auf Miriam di Carlo einen so immensen Eindruck
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