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Agrippina - Kaiserin von Rom

Agrippina - Kaiserin von Rom

Titel: Agrippina - Kaiserin von Rom
Autoren: Rolf D. Sabel
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seine liebste Puppe wegnahm. Valerius versuchte, sie in die Arme zu nehmen, erntete aber lediglich ein zorniges Kopfschütteln. Mit einem leisen Schrei riss sich Cynthia los, versetzte dem überraschten Tribun eine schallende Ohrfeige und verschwand in einem der zahlreichen Zimmer, die an das Atrium angrenzten.
    »Sie ist ein verwöhntes, trotziges Kind, du musst Geduld mit ihr haben!« Von den Streitenden unbemerkt, war Cynthias Vater in die Halle gekommen, Faustus Cornelius Sulla Felix, Senator und Consul des Vorjahres, ein stattlicher Mann. Obwohl er die 60 schon überschritten hatte, verriet sein volles Haupthaar kein Grau, die schlanke, hohe Gestalt überragte den Tribun noch um einen halben Kopf, und die fein geschnitten Züge seines Gesichts strahlten vor väterlichem Stolz. Seine blütendweiße Toga mit dem Senatorenpurpur verriet, dass er gerade von einem offiziellen Empfang zurückkam.
    »Ich fürchte, ich habe ihr viel zu viel durchgehen lassen.« Der Senator seufzte lächelnd. »Was ist passiert?«
    Valerius rieb sich die geschundene Wange. In kurzen Worten schilderte er den Grund der Auseinandersetzung, unterschlug aber auch in diesem Gespräch die Einzelheiten. Das Gesicht des Senators wurde ernst.
    »Ein Sonderauftrag? Behalte ruhig die Einzelheiten für dich. Je weniger Köpfe es wissen, umso weniger Münder können es ausplaudern. Wenn der Kaiser einen Sonderbeauftragten ernennt, muss es sich um eine wichtige Mission handeln. Wie wäre es mit einer kleinen Erfrischung?«
    Valerius lehnte trotz seines knurrenden Magens ab, er habe seine wichtigsten Sachen zu packen und wolle sich dann noch bei Seneca einfinden.
    »Seneca? Ein kluger Kopf. Vielleicht der Beste im Reich.« Aus den Worten des Senators sprach Bewunderung.
    »Ich will dich nicht aufhalten. Komm morgen vor deiner Abreise her. Cynthia wird sich bis dahin beruhigt haben. Möge Mercurius dich auf deinen fernen Wegen geleiten!« Die Männer umfassten sich zum Abschied am Arm.

III.
Seneca, der Philosoph vom Esquilin
    Senecas Haus befand sich auf dem Esquilinus , nicht mehr als zwanzig Minuten von der Villa Corneliana entfernt. Valerius beschloss daher, nicht den Umweg über die Kaserne zu machen und seine Sachen erst später zu packen. Gemächlich schlenderte er durch die sonnendurchfluteten Gassen, passierte die Thermen des Tiberius und ließ die Subura, Roms geheimnisumwittertes Armenviertel, links liegen. Alles hier schien ihm vertraut, denn in diesem Viertel war er aufgewachsen. Er folgte der breiten Hauptstraße, dem Argiletum , die auf beiden Seiten mit zahlreichen Antiquaren und Bücherständen bestückt war, und bog dann in den nach rechts abzweigenden Clivus Suburbanus ein. In einer Garküche ließ er sich eine kräftige Portion Erbsensuppe servieren und trank mit Genuss ein großes Glas Falerner, freilich zur Hälfte mit Wasser vermischt. Vorbei an der Porticus Liviae , einer weiträumigen Säulenhalle, in deren rechteckigem Innenhof das Heiligtum der Concordia stand, passierte Valerius eine Brunnenanlage, in der quietschende Kinder zögernd ihre Füße in das kühle Wasser tauchten. Die Straße begann jetzt steil anzusteigen, und der Tribun überholte etliche Spaziergänger, die schnaufend stehen geblieben waren und sich den Schweiß von der Stirn wischten. Valerius hatte nun die Porta Esquilina durchschritten, das alte Stadttor aus Servianischer Zeit, und damit den Esquilinus erreicht. Ein Blick zur Sonne zeigte ihm, dass es etwa die zehnte Stunde sein müsse. Ohne Eile schlenderte er die wenigen Schritte zum Haus des Philosophen.
    Senecas Haus war schon in Sichtweite, als er plötzlich schnelle Schritte hinter sich hörte. Abrupt drehte er sich um. Zwei hünenhafte, muskelbepackte Kerle, offenbar ehemalige Gladiatoren, standen wie aus dem Nichts hinter ihm. Ihre grimmigen Mienen und die tückischen Blicke ihrer vernarbten Gesichter verhießen nichts Gutes. Der Kleinere von ihnen hatte eine Sica in der Hand, die typische Meuchelwaffe der Straßenräuber, der andere einKurzschwert. Ohne ein Wort zu sagen stürzten sich beide auf den verdutzten Tribun. Valerius hatte sofort sein Schwert gezogen, um sich zu verteidigen. An Kraft waren die Angreifer ihrem Opfer ohne Zweifel überlegen, nicht aber an Technik. Der Nahkampf mit Schwert und Dolch gehört zu der sorgfältigen Ausbildung bei den Prätorianern, und so hatte Valerius einem seiner Angreifer bald eine schmerzhafte Wunde am Arm beigebracht.
    »Das sollst du büßen, du Hund!«,
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