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Afrika Saga 02 - Feuerwind

Afrika Saga 02 - Feuerwind

Titel: Afrika Saga 02 - Feuerwind
Autoren: Stefanie Gercke
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er einen zollbreiten Lederriemen hervor, führte ihn hinter der Rückenlehne durch und machte sich daran, ihn unter ihrer Brust festzuschnallen.
    »Der sitzt zu fest, ich kann nicht atmen«, protestierte sie und hakte ihre Finger dahinter, versuchte vergeblich, ihn zu lockern.
    Der Mann, der eben ihre Sitznachbarin auf die gleiche Weise festband, drehte sich um. »Nicht doch, Gnädigste, sonst verliere ich Sie wohlmöglich unterwegs, und das woll'n wir doch nicht, was?« Er grinste höchst belustigt, als wisse er etwas, das sie nicht wusste.
    Catherine schwieg. Es war ihre erste Fahrt in einer Postkutsche, und dass sie festgebunden werden musste, konnte nichts Gutes bedeuten. Sie lehnte sich aus der Fensteröffnung und winkte Per zum Abschied zu. Er hob die Hand, wortkarg wie immer, wendete den Zweispänner auf der breiten West Street, streifte dabei um ein Haar das Postgespann. Das vorderste Pferd wieherte, tänzelte und keilte aus. Die Kutsche schwankte heftig.
    »Jessasmariaundjosef!«, schrie die schwangere Frau, bäumte sich in ihrem Riemen auf und gab ein würgendes Geräusch von sich.
    Der jüngere der beiden Männer langte herüber und tätschelte ihr den Arm, brummte dabei ein paar Worte, die Catherine eindeutig als einen deutschen Dialekt identifizierte. Sie war froh, dass sie der Frau nicht gegenübersaß. Sollte die sich übergeben müssen, würde das im Schoß eines der Männer landen.
    Der Postillion schnallte seinen Hut unterm Kinn fest, knöpfte seine Uniformjacke bis zum Hals zu, klappte den Kragen hoch und stieg auf den Bock. »Holla, holla!«, brüllte er, ließ seine Peitsche über die Rücken der Pferde tanzen. Die machten einen Satz und jagten in einem Höllentempo die West Street hinunter. Hühner stoben gackernd beiseite, die Händler, die eben ihre Stände für den Markt aufbauten, beeilten sich, dem heranrasenden Fahrzeug Platz zu machen.
    Am Rand von Durban, wo Hütten die festen Gebäude ablösten, Rudel von ausgemergelten, herrenlosen Hunden neben Schweinen und Ratten in Abfällen wühlten, kam es fast zu einem schlimmen Unfall. In halsbrecherischem Bravado lenkte der Kutscher sein Gefährt um die Kurve und sah sich unvermittelt einem Rindvieh gegenüber, das dösend in der Straße stand und ihnen blöde entgegen glotzte. Widerwillig musste Catherine anerkennen, dass der Mann ein Virtuose war, was das Handhaben von Pferden betraf.
    Geistesgegenwärtig gelang es ihm, durch ein geschicktes Manöver rechts an dem Tier vorbeizusteuern, die Kutsche holperte zwar mit Wucht über eine Bodenwelle, dass ihr die Zähne zusammenschlugen, schrammte aber an der Kuh vorbei. Der Kutscher schrie »He!« und »Hoho!«, und die sechs Grauen galoppierten den Hügel hinan auf die Berea.
    Catherine presste ihren Rücken fest an die harte Rückenlehne, hielt sich mit einer Hand am Fensterrahmen fest, mit der anderen am Sitz.
    Trotz des Brustriemens wurde sie herumgeworfen wie ein Sack Kartoffeln. Sie fragte sich, wie sich die beiden bedauernswerten Zulus auf ihrem prekären Sitz halten konnten. Der Postillion brüllte, einer der Männer fluchte, die junge Frau neben ihr wimmerte und presste mit aufgerissenen Augen die Hand auf ihren geschwollenen Bauch. Ganz offensichtlich war es ihr erstes Kind.
    Sie tat Catherine Leid, denn sie erinnerte sich noch daran, wie ängstlich sie selbst bei ihrer ersten Schwangerschaft gewesen war.
    Sie schloss die Augen und dachte an ihre Kinder. Vorjahren hatte Mr Wickers, der Fotograf aus Durban, eine Serie von Fotos von Inqaba und seinen Bewohnern gemacht. Eins liebte sie besonders. Es zeigte die ganze Familie und hing in ihrem Schlafzimmer im Lobster Pott. In der Mitte standen Johann und sie, er hatte seinen Arm um sie gelegt, der andere umfasste seine Töchter, und ihr Arm lag um Stefans Schulter. Die Kinder waren noch klein, Viktoria vielleicht vierzehn, Stefan zwölf und Maria zehn Jahre alt. Doch es existierten zwei Fotografien dieser Szene. Die erste Aufnahme wurde nach Meinung von Mr Wickers von der kleinen Lulamani verdorben, die unverhofft durchs Bild gehuscht war. Der Fotograf hatte reflexartig den Auslöser gedrückt, Lulamani hatte sich erschrocken umgedreht, und so war sie auf dem Familienfoto verewigt worden. Etwas verwischt, ein Bein graziös vors andere gekreuzt, aus seelenvollen, schwarzen Augen über ihre Schulter schauend. Eine weiße Perlenschnur lag um ihre kindlichen Hüften. Sonst trug sie nichts.
    Catherines Gedanken begannen zu verschwimmen. Zwölf
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