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Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)

Titel: Afghanistan, Srebrenica & zurück (German Edition)
Autoren: Norbert F. Schaaf
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behauptete, der seine Werkstatt gleich neben dem Stari Grad betrieb. Als man ihn gefangen nehmen wollte, warf er den Soldaten eine selbstgefertigte Granate vor die Füße, die fast ein Dutzend Männer tötete. Einer schaffte es noch, bevor er starb, Verstärkung herbeizupfeifen. Von der halben Hundertschaft, die aus dem Patrouillenwagen sprang, erschoss der Klempner ein weiteres Dutzend mit einer Maschinenpistole, die er seit der Weltkriegszeit pfleglich versteckt gehalten hat. Schließlich traf ihn eine Kugel in die Schläfe. Djmal sagt, er sei ganz zweifellos ein Partisan gewesen. Der Franziskanerpater verkündete, es hätte sich um einen Terrorist gehandelt, aber jedermann weiß doch, dass der Installateur Tripalo ein Held ist, und sein Tod wurde von einer Reihe Soldaten bezahlt. Die Rechnung fiel also ungünstig aus für das Militär. Sagt Djmal.“
    Das Zimmermädchen, mit kompakter Figur, aber kein bisschen dicklich, glättete mit geschickten Handgriffen das zerfaltete Bettlaken.
    „Und was meinst du selbst?“ fragte Anica, es mit Blicken verfolgend.
„Ich bin ein Mädchen“, entgegnete die Kleine ohne aufzuschauen. Ihr brünetter Pferdeschwanz schwang hin und her.
    „Kako se zoves? Wie heißt du?“
    „Zovem se Radenkovjc.“
    „Ich meine deinen Vornamen.“
    „Ime mi je Savka. Aber auch den habe ich von meinem Vater. Später werde ich den Namen meines Mannes tragen.“ Das Mädchen klopfte unnötigerweise das wohlgeordnete Kissen noch einmal auf.
    „Da wo ich herkomme, Savka“, sagte Anica lächelnd, „kann die Frau ihren Mädchennamen behalten und der Mann den Namen seiner Frau annehmen.“
    „Warum sollte der Mann den Namen seines Schwiegervaters tragen wollen“, fragte Savka Radenkovic, „wenn er einen eigenen guten Vater-Namen besitzt?“ Ein elegant-anmutiger Handkantenschlag des Mädchens kerbte das Kopfkissen akkurat in der Mitte.
Da hast du´s, dachte Anica; vor längerer Zeit hatte sie sich in Berlin als Kriminalkommissarin manches Mal über sich selbst geärgert, wenn sie sich auf eine ihrer vermeintlich geistreichen Pointen die entsprechende Replik eingehandelt hatte. „Jedenfalls wirst du immer nur dein eigenes Leben leben, Savka.“
    „Ein Mädchen führt stets das Leben seiner Eltern, eine Frau das ihres Mannes. Hast du keinen?“
    Anica schüttelte den Kopf. „Savka, kannst du nicht etwas erzählen, was du selbst – du persönlich – erlebt hast?“
    „Sigurno“, erwiderte die Kleine. „Gewiss.“ Sie hatte sich aufgerichtet, die Hüfte mit beiden Händen darauf keck eingeknickt und einen Fuß leicht nach vorne gestellt. „Vor wenigen Tagen erst ist etwas passiert: Ich betete einen Rosenkranz, während das Schießen anhielt. Wie ich es immer tue, wenn in der Nähe Explosionen zu hören sind, Artilleriegeschosse auf demonstrierende Muslimanen treffen oder wenn die Streifen nachts aus Nervosität wild hinter einem Schatten in den Gassen herknallen. Du hast die Schießerei gefilmt. Bist mit der Kamera hinausgelaufen und erst zurückgekehrt, als alles wieder ruhig gewesen ist.“
    Anica lächelte. Sie erinnerte sich an den Vorfall; man hatte sie ungestört arbeiten lassen. Normalerweise war das Journalistenleben in Sarajevo alles andere als ungefährlich. Frontlinien durchzogen zudem nicht nur Stadt und Land, sondern auch die Köpfe der Menschen mit ihren vier Religionen und vielerlei politischen Meinungen und Weltanschauungen. Niemand wusste, für welche Seite der andere arbeitete. Stets argwöhnte man das schlimmste. Und schloss von sich auf andere, dachte die Journalistin.
    „Sie sind eine außergewöhnliche Auslän...Dame“, sagte Savka, ihr pausbäckiges Gesicht lief rötlich an.
    „Meinst du?“ Anica sah dem Mädchen offen in die dunklen Augen, schmunzelte unmerklich.
    „Sie sind unheimlich schön, und ich weiß, dass Sie unsere Sprache sehr gut beherrschen. Ich habe Sie telefonieren hören.“
    „Hvala i tebi!“ sagte Anica fröhlich, geschmeichelt. „Danke gleichfalls. Und du sprichst ebenso gut die meine. Und sehr hübsch bist du auch.“
    „Machst du auch Fotos von den Zimmermädchen oder von den Jungens?“ wollte Savka mit kokettem Augenaufschlag wissen.
    „Eigentlich nicht“, gab Anica erstaunt zurück. „Warum fragst du?“
    „Doch!“ druckste die Kleine herum. „Djmal sagt, in den internationalen Hotels machen die Fotografen gerne solche Bilder von... Mädchen. Ohne Kleider. Nur in Unterwäsche.“ Sie hielt sich eine Hand vor den Mund, fügte
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