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Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Titel: Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte
Autoren: Barbara Dribbusch
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Augen der Gäste Kaiserschmarren bäckt. Das liefert zwar kurzfristig ein Gesprächsthema unter Fremden: »Lecker. Ist das Zwetschgenmus aus Österreich importiert?« Doch Stimmung kommt so noch nicht auf.
    Zur »Konzeptfete« zählt auch nicht die originelle Auswahl des Veranstaltungsortes. Das Chartern von holzgetäfelten Ausflugsschiffen, in denen man in Berlin über die Kanäle schippert, während ein angeheuerter Guide das vorbeiziehende Regierungsviertel kommentiert, ist zwar beliebt. Es bedeutet aber für die Gäste mehrstündige Nähe auf dem Schiff ertragen zu müssen, ohne sich vorzeitig verdrücken zu können.
    Eine Konzeptfete ist eine Aktivparty, die ähnlich dem Aktivurlaub dem Gast einiges abverlangt. Es ist gewissermaßen die Rückkehr des organisierten Kindergeburtstages im Alter, nur ohne »blinde Kuh« und Topfschlagen. Die echte Konzeptfete ist immer ein Risiko. Und das ist das Spannende daran.
    Im großen Kaminzimmer bei Lodenbaums bauen jetzt drei Leute, Musiker aus Werners Jugendband, ihre Instrumente auf. Gitarre, Bass und Schlagzeug. Auf einem Tisch liegen ein paar Dutzend kopierte DIN -A 4 -Blätter. »Griechischer Wein«, liest Christoph mit ehrlicher Überraschung in der Stimme auf einem Blatt. »Das ist doch ein Udo-Jürgens-Schlager.« Auf den Blättern kleben – wie auch auf unseren Klamotten – bunte Punkte, rote, blaue, grüne. Mir schwant etwas. Ich habe schon einiges hinter mir an Konzeptfeten.
    Körperlich anstrengend war zum Beispiel Theresas 50 .Jahrestag. Wir radelten nacheinander in drei Gruppen in einer Art Schnitzeljagd durch den verregneten märkischen Kiefernwald, mussten mehrere Zwischenstationen finden und dort zum Beweis selbst gebastelte Plaketten aus versteckten Plastikboxen abholen. Alles old-fashioned, also ohne GPS oder irgendwelche Geotechnik. Meine laminierte Regenjacke bestand an diesem Tag den Produkttest. Am Ende bekamen wir alle Urkunden und Spanferkel am Spieß. Der Tag weckte bei mir lebhafte Erinnerungen an die Schatzsuchen meiner Kindheit.
    Nervlich herausfordernd war Jürgens letzter Geburtstag. Anlässlich des Ehrentages von Suses Mann stiegen zwölf mehr oder weniger höhentaugliche Menschen in windige Ballongondeln. Man fährt dabei wie in einem Schiff über die Baumwipfel. Der Ballonführer erzählte aus seinem aufregenden Ballonfahrerleben und verschwieg dabei auch nicht die kleine Schlägerei, die er mit einem Gast hatte, als dieser in 100 Metern Höhe in Panik geriet. Ich machte während der Ballontour Atemübungen und zählte gegen mein Unbehagen von 400 in Siebener-Schritten rückwärts.
    Auf ganz andere Weise riskant war das »Märchenfigurenraten«, zu dem meine früheren Studienfreunde Silke und Pit an Pits 55 .Geburtstag geladen hatten. Den Teilnehmern wurde ein Schild mit dem Bild und dem Namen einer Märchenfigur auf den Rücken gepappt, alle konnten es lesen, nur der oder die Trägerin nicht. Damit auch niemand schummelte, hatte Silke die Spiegel in der Wohnung zugehängt. So liefen die Gäste mit Schildern wie »Rotkäppchen«, »böser Wolf« und »Schneewittchen« auf dem Rücken durch die Gegend, Sektgläser in der Hand. Sie mussten ihre Figur erraten, indem sie den anderen Partygängern einkreisende Fragen zu ihrer Figur stellten, die diese aber nur mit Ja oder Nein beantworten durften. Doch einige Gäste zeigten wenig Engagement und ließen sich ihre Figuren von anderen flüsternd verraten. Stimmung kam so nicht auf.
    Beim Märchenfigurenraten zeigte sich ein Problem der Konzeptfete: Sie darf nicht zu anspruchsvoll sein. Sie sollte »niedrigschwellig« sein wie ein Sozialprojekt für benachteiligte Jugendliche und muss auch Passivität seitens des Gastes erlauben. Zu viel Aufwand, zu viel Zwang– das macht keinen Spaß.
    Lodenbaums Party versprich unkomplizierter zu werden. Werner eröffnet jetzt das Büfett. Es gibt sogleich eine Schlange, denn zu einem gelungenen Fest gehört das Anstehen zum Essen wie in einem Hungerwinter. Auf dem Weg zum Büfett komme ich an dem großen Gabentisch vorbei.
    Ein Tarnanzug für Wildschweine
    Auf dem Gabentisch liegen die Geschenke für den Jubilar. Lodenbaum ist seit zwei Jahren Hobbyjäger, und ich erblicke einen nagelneuen, gefalteten Jagdanzug. Die Blätter sind so lebensnah auf den Stoff gedruckt, dass es aussieht, als handele es sich um echtes Blattwerk. Modell » 3 D-Supertree« steht drauf. Ein irres Outfit. »Halten die Wildschweine den Träger damit wirklich für ein Gebüsch?«, frage
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