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Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Titel: Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte
Autoren: Barbara Dribbusch
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jüngste Tochter Schilder mit Klebebändern, auf die wir unsere Namen schreiben sollten. Ob Vor- und Zuname oder nur den Vornamen, bleibt uns überlassen. Außerdem bekommt jeder der Gäste einen farbigen Punkt aus buntem Klebepapier, wahlweise in den Farben Rot, Grün, Blau oder Gelb, den wir auf unsere Kleidung heften sollten. »Ich hab’s geahnt«, raunt mir Christoph zu. »Das wird eine Konzeptfete.«
    Konzeptfeten! Das ist der Trend der späten Jahre. Die Konzeptfete verspricht, Kommunikationsprobleme zu lösen in einer Lebensphase, in der wir hormonell tiefergelegt sind und nicht mehr damit zu rechnen ist, dass die meisten Gäste tanzwütige Singles sind. Auf eine spontan einsetzende Kennenlernlust mit Fremden können wir ab 50 weniger hoffen. Das zeigt sich zu größeren Anlässen oder runden Geburtstagen, wenn manche der Gäste weite Reisen auf sich genommen haben, um dann den Jubilar mit dutzenden anderer Eingeladener teilen zu müssen.
    Oft haben die Freunde und Bekannten nicht viel miteinander zu tun, außer dass sie zufällig alle das Geburtstagskind kennen und aus diesem Grund an diesem Abend in diesem Haus zusammenkommen. Oder die Gäste hatten zwar schon miteinander zu tun, können aber nicht gut miteinander.
    Die Fragmentierung des Freundeskreises
    Auch meine Geburtstagspartys wurden immer komplizierter, erschwert noch durch die Tatsache, dass meine Bekannten völlig unterschiedliche Lebenswege hinter sich haben und sich wahrscheinlich nie begegnet wären, hätte ich meine Jahrestage nur in Form von Fahrradtouren mit Christoph und den Kindern gefeiert. Aber man will sich am Geburtstag selbst beweisen, dass man von lieben Menschen umgeben ist. Und die sollen dann möglichst alle auf einmal kommen.
    Obwohl es mit meinem Jugendfreund Robby immer ein Problem ist. Meinen 40 .Geburtstag hätte er fast ruiniert. Er hatte schon einiges getrunken und drehte sich dann noch einen dicken Joint. Zugekifft quatschte er die Gäste voll mit seiner Theorie vom gescheiterten Kapitalismus. Schließlich griff er zur Gitarre und spielte einen Blues. Die Gäste verließen nacheinander den Raum und dann die Fete.
    Der Blues passte zu ihm, denn Robby ist einer, den viele wohl als Loser bezeichnen würden. Lange Phasen der Arbeitslosigkeit. Zweimal Trennung von einer Langzeitpartnerin. Sogar einen Aufenthalt in einer Suchtklinik hat Robby hinter sich.
    Robby kennt sich aus mit Beschäftigungsmaßnahmen im Jobcenter, gibt heute Gitarrenunterricht und ist nach wie vor ein guter Musiker. Doch er fängt immer noch jeden Witz mit der Pointe an und hat einen Hang zum Monolog. Klar könnte ich Robby einfach nicht mehr einladen, ihn ausrangieren wie eine aus der Mode gekommene Winterjacke. Will ich aber nicht.
    Ich werde ihm nie vergessen, wie er mich vor drei Jahrzehnten bei sich aufgenommen hat, nach der Trennung von Rick, und mich absichtslos einige Wochen auf seinemgrünen Sperrmüllsofa schlafen ließ. Von da an gingen wir manchmal gemeinsam in Konzerte. Robby kennt das Datum meines Geburtstages genau. Ich könnte es nichtverkraften, wenn er mir nur noch telefonisch gratulieren und im Hintergrund dann Partylärm bei mir hören würde.
    Also Robby muss sein. Er ist nur ein Beispiel dafür, wie sich in drei Jahrzehnten mein Bekanntenkreis aufgespalten hat. Es gibt die Nichtkiffer und Nichttrinker und die Immer-noch-Kiffer und Alkoholfreudigen. Leute mit nagelneuen, teuren Eigentumswohnungen und solche, die ohne Geschirrspülmaschine in Altbauküchen sitzen und eine Luxussanierung des Vermieters fürchten. Jene, die im öffentlichen Dienst verbeamtet sind und auf das Misstrauen derer treffen, die sich als Unternehmer hochgearbeitet haben und alle Beamten für Ärmelschoner halten. Ganz zu schweigen von den Abgründen, die klaffen zwischen jenen, die ständig am Networken sind und jeden zum Lachen bringen können, und solchen, die in der Ecke stehen, sich am Weinglas festhalten und nur ängstlich herumgucken.
    »Schau mal, Edith und Reiner sind auch gekommen«, holt mich Christoph aus meinen Erinnerungen. »Ist ihre Scheidung eigentlich durch?« Das hochaufgeschossene Psychologenpaar, das uns vor einiger Zeit noch vom gemeinsamen Tanzkurs vorschwärmte, ist zu Lodenbaums 60 .Geburtstag erschienen. Aber getrennt, wie mir scheint. Sehr getrennt. »Meinst du, die Rothaarige neben Reiner ist seine neue Flamme?«, flüstere ich Christoph zu. Vielleicht sieht Edith die Trennung inzwischen ja entspannt. Vielleicht aber auch nicht.
    Es
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