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Aelita

Aelita

Titel: Aelita
Autoren: Alexej Tolstoi
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erhob sich Mascha, säuberte den Anzug ihres Mannes und legte ihm frische Wäsche zurecht. Gussew erwachte. Er trank Tee, scherzte, strich Mascha liebkosend über die Wange. Er ließ ihr Geld da – ein großes Bündel Scheine. Dann warf er sich den Rucksack auf die Schulter, blieb in der Tür stehen und küßte Mascha.
Und so hatte sie auch nicht erfahren, wohin die Reise ging.

Der Abflug
    Auf dem öden Platz vor der Werkstatt des Ingenieurs Losj begannen sich Leute zu versammeln. Sie kamen vom Kai, von der Petrowskij-Insel her gelaufen, bildeten Gruppen, blickten auf die niedrig stehende Sonne, die breite Strahlen durch die Wolken sandte. Gespräche wurden angeknüpft: »Weshalb haben sich die Leute hier versammelt, ist jemand totgeschlagen worden?«
    »Sie fliegen gleich auf den Mars.«
    »Daß wir so was erleben müssen, das hat uns noch gefehlt!«
»Was erzählen Sie da? Wer fliegt?«
»Man hat zwei Diebe aus dem Gefängnis geholt, verlötet sie in eine Stahlkugel – und ab auf den Mars, als Versuch.«
    »Hören Sie doch auf zu lügen, in der Tat«
    »Ach, dieses Gesindel, die Menschen tun ihnen nicht leid!«
»Das heißt – wem, wer ist das ›ihnen‹?«
»Sie brauchen nicht jedes Wort zu bekritteln, Bürger.«
    »Natürlich, das ist eine Verhöhnung.«
»Du lieber Gott, wie dumm ist doch das Volk!« »Warum ist das Volk dumm? Wie kommen Sie zu dieser
    Behauptung?«
    »Für diese Worte sollte man Sie selber irgendwohin expedieren.«
»Hört doch auf, Genossen, In der Tat, hier vollzieht sich ein geschichtliches Ereignis, und Sie reden weiß der Teufel was für ein Zeug zusammen.«
    »Zu welchem Zweck schickt man sie denn auf den
    Mars?«
»Entschuldigen Sie, soeben hat hier einer gesprochen: sie
haben allein fünfundzwanzig Pud Propagandaliteratur
geladen.«
»Das ist eine Expedition.«
»Was soll sie holen?«
»Gold.«
»Ganz richtig – der Goldfonds muß aufgefüllt werden!« »Gedenken sie viel mitzubringen?«
»Unbegrenzte Mengen.«
»Bürger, sollen wir noch lange warten?«
»Sobald die Sonne untergegangen ist, steigen sie auf….« Bis zum Eintritt der Dämmerung riß der Gesprächsstoff
nicht ab; die Menge, die ungewöhnliche Ereignisse erwartete, unterhielt sich über die verschiedensten Dinge. Man
stritt, zankte sich, ging aber nicht fort.
Ein trüber Sonnenuntergang ergoß sein purpurnes Licht
über den halben Himmel. Und da erschien, die Menge
langsam auseinanderschiebend, das große Automobil des
Gouvernement-Exekutivkomitees. Im Schuppen wurde es hinter den Fenstern hell. Die Menschenmenge verstumm
te.
Der von allen Seiten freigelegte eiförmige Apparat stand,
funkelnd mit seinen Reihen von Vernietungen, auf einem
leicht geneigten Zementsockel mitten im Schuppen. Durch
die runde Öffnung einer der Eingangsluken war sein hell
erleuchtetes Inneres aus gelbem, rhombusartig gestepptem Leder zu sehen.
Losj und Gussew waren bereits fertig angezogen; sie
trugen Filzstiefel, kurze Schafpelze und Pilotenhelme aus
Leder. Die Mitglieder des Exekutivkomitees, Akademiker,
Ingenieure, Journalisten umringten den Apparat. Die Abschiedsreden waren schon gehalten und die Photoaufnahmen gemacht. Losj dankte den Anwesenden für die
Aufmerksamkeit. Sein Gesicht war bleich, die Augen wie
aus Glas. Er umarmte Chochlow und Kusmin. Blickte auf
die Uhr.
»Es ist Zeit!«
Die Menschen, die ihm das Geleit gaben, wurden still.
Gussew runzelte die Stirn und kletterte durch die Luke.
Im Apparat setzte er sich auf ein Lederkissen, rückte den
Helm und zog sich den Pelz zurecht.
»Vergiß nicht, meine Frau zu besuchen!« rief er Chochlow zu, und sein Gesicht verzog sich ganz und gar in Falten.
Losj zögerte noch und schaute zu Boden. Plötzlich hob er
den Kopf und sagte mit einer dumpfen, erregten Stimme:
»Ich glaube, daß es mir gelingen wird, glücklich auf dem Mars zu landen. Ich bin überzeugt wenige Jahre werden vergehen, und viele Hunderte Luftschiffe werden den Sternenraum durchfurchen. Ewig, ewig werden wir vom Geist des Suchens getrieben. Doch nicht ich hätte als erster fliegen sollen. Nicht mir steht es an, als erster in das himmlische Geheimnis einzudringen. Was werde ich dort finden? Ein Vergessen meiner selbst… Das ist es, was mich am meisten beim Abschied von euch bedrückt… Nein, Genossen, ich bin kein genialer Erbauer, kein küh
ner Held, kein Träumer, ich bin ein Feigling, ich fliehe….« Losj stockte plötzlich, ein merkwürdiger Blick glitt über
die Menschen, die ihn umstanden – alle hörten ihm
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